Nachweise dafür, dass lebende oder abgestorbene Pflanzen von
Pilzen oder kleinen Tieren angegriffen und angefressen werden, gibt es
aus so fernen Zeiten wie dem Unter-Devon. Wenn solche Nachweise nicht in
Hornstein
konserviert sind, oder, in späteren Zeiten, in Kieselholz, sind sie
schwer oder fast unmöglich zu finden.
Das erklärt, warum die hier vorgestellten Beispiele auf Pflanzen aus
dem Rhynie
Chert
und auf Kieselholz einiger weniger Fundstellen beschränkt sind und die
große Mehrheit der als Kompressionen vorliegenden Pflanzenfossilien
unerwähnt bleibt.
Abb.1: Asteroxylon
in Rhynie Chert, Gewebe weitgehend zerstört durch Einwirkung von Pilzen
(oben links), Teil des Querschnittes: einzelne dunkel gefüllte Zellen,
auffällig zwischen den nicht mehr sichtbaren leeren Zellen.
Pflanzen aus dem Hornstein von Rhynie, beeinflusst durch Pilze und
unbekannte Tiere: Rhynie
Chert News 4, 21
pilz-induzierte Wachstumsanomalie Rhynie
Chert News 7
Sporenfresser Rhynie
Chert News 28
zellengroße Klumpen Rhynie
Chert News 37Fraßgänge Rhynie
Chert News 85
zellengroße Klumpen
Zellengroße Klumpen ähnlich denen in Abb.1,2 findet man oft in
Holz, gewöhnlich an oder nahe bei Stellen geschädigten Gewebes. Diese
auffällige Erscheinung gibt es durchgehend vom Unter-Devon bis jetzt.
Die Klumpen sieht man sowohl in den Zellen als auch verstreut dort, wo
die Zellstruktur zerfallen ist.
Klumpen in Holzzellen heutiger Bäume werden von mehreren Pilzen erzeugt
[1], z.B.
Acanthophysium
sparsum.
Abb.2: Phloem-Zelle
einer Psaronius-Luftwurzel
mit dunkler Füllung, umgeben von leeren Zellen. Ausschnitt von [4],
Abb.8, dort irrtümlich als Aerenchym
bezeichnet. (Beachtenswert ist auch die typische Form der eingeknickten
leeren Zelle darunter, wie sie oft in
schwach gedrücktem Holz zu sehen ist.) Die dunklen Füllungen werden in
[4] als Koprolithen gedeutet.
(Siehe
auch Kommentar.)
Abb.3 (rechts): Perm-Holz, angeblicher Fraßgang mit Koprolithen in [4],
Ausschnitt aus [4], Fig.17.
Was man hier wirklich sieht, ist deformiertes Holz, teilweise mit
dunkel gefüllten Zellen, aber weder Koprolithen noch Fraßgang.
Man beachte die kantigen Formen einiger Klumpen, den dunkel gefüllten
Markstrahl mit Knick, und den kleinen Klumpen in einer breiten Zelle
daneben. (Die Fehldeutung war von Gert Müller (Dresden) unmittelbar nach Erscheinen von [4] in 2010 bemerkt und dem Autor M.B. mitgeteilt worden.)
Es erscheint unbegreiflich, warum die Paläobotaniker nicht daran
dachten, die Klumpen als Gebilde von Pilzen oder Mikroben zu deuten,
und statt dessen eine Deutung als Hornmilben-Koprolithen propagierten,
obwohl aus Karbon, Perm und Trias keinerlei Hornmilben vorlagen.
Anscheinend verbreitete sich die Hornmilben-Idee in den 1990er Jahren
durch Übernehmen ohne Hinterfragen, nach dem Hörensagen-Prinzip, mit dem Ergebnis, dass es nun
etliche zweifelhafte Veröffentlichungen über angebliche Hornmilben-Koprolithen
in wissenschaftlichen Zeitschriften und Büchern gibt. Die
weltweit verstreuten Erforscher der Milben-Koprolithen in paläozoischem
Holz verweisen zur Begründung ihres Tuns auf jene, die das Gleiche tun,
anstatt anhand fossiler Belege zu argumentieren.
Ungeachtet der Warnungen zur Vorsicht vor der Koprolithen-Hypothese [2] erschienen
zwei weitere Veröffentlichungen zum Thema noch 2010 [3,4].
Die letztere [4] verzichtet auf die Hornmilben und bringt
dafür "unbekannte Tiere" ins Gespräch, was noch weitab von der Wahrheit
ist, dass hier weder Milben noch andere Tiere beteiligt waren.
Beiträge und Kommentare zu angeblichen Koprolithen: Fossil
Wood News 3
Kieselholz, Perm, Deutschland Fossil
Wood News
4Psaronius,
Kieselholz, Perm, Deutschland (siehe
auch Kommentar) Fossil
Wood News 5
Kieselholz,
Perm, Nord-China Fossil
Wood News 6Psaronius, Ankyropteris, Perm,
Chemnitz
Anmerkung 2013, 2014:
Wie sich nun zeigt, hat
die Kontroverse "Holzfäule oder Koprolithen" den Beweis geliefert,
dass nicht-professionelle Paläobotanik im Internet auf die professionelle
Paläobotanik einwirken kann, ungeachtet
der Warnung der Professionellen, man dürfe nicht ernst nehmen, was nicht begutachtet und gedruckt wurde.
Die Tatsache, dass viel Falsches in die wissenschaftliche Literatur
gelangt ist, wird gern ignoriert.
Die eigenen Bemühungen von 2007 an, die Deutung zellengroßer Klumpen
als Koprolithen zu widerlegen [2], haben
unterschiedliche Reaktionen ausgelöst, von wortloser Zustimmung zur
alternativen Deutung bis zu verzweifelter Verteidigung der wiederholt
veröffentlichten Deutung [3,4]. Die Mühe war nicht vergebens: Seit 2011
haben jene, die die vorliegende Website zur Kenntnis genommen haben,
nichts mehr zu den einst beliebten
Milben-Koprolithen geschrieben. Eine auffällige Unsicherheit ist in [6]
aus der Formulierung zu erkennen, die Klumpen deuteten möglicherweise
auf Hornmilben hin, werden aber neuen Detritusfressern zugeordnet. Manche früheren Milbenkot-Fans hatten
das Glück, doch noch Koprolithen zu finden,
aber mit millionenmal größerem Volumen, die sie nun größeren
Arthropoden zuordnen [5]. Es scheint kein Zufall zu sein, dass Falsches in Veröffentlichungen oft kombiniert mit mangelhafter Gründlichkeit anzutreffen ist. Anscheinend gibt es da einen kausalen Zusammenhang, wofür [7,8] zahlreiche Beispiele bieten. Neben falschen Größenangaben bietet R. Rößler dort Koprolithen, Fraßgänge, fossile Holzkohle: alles falsch infolge Oberflächlichkeit (siehe Fossil
Wood News 16,9). Da Falsches anscheinend niemals schriftlich widerrufen wird, aber doch
unschädlich gemacht werden muss, wurden die Abschnitte "Fehldeutungen"
und "Irrtümer" auf dieser Website eingerichtet. Anmerkung 2015:
Als ein Rückschlag in den Bemühungen, die irrige Vorstellung von
Hornmilben-Koprolithen als zellengroße Klumpen in Kieselholz
auszurotten, erchienen 2014 und 2015 zu diesem Thema zwei neue Veröffentlichungen [9,10]. Bei genauer Betrachtung der Bilder wird
klar, dass diese ebenso falsch sind wie andere zuvor, was in Fossil Wood News 23,24erläutert wird. Anmerkung 2016: Erst
jetzt wurde erkannt, dass ein Fundstück aus der eigenen Sammlung, das
schon mehrmals Bilder als Argumentationshilfe gegen die Koprolithen
geliefert hatte, auch die Abfolge der Entstehung angeblicher
Koprolithen innerhalb der Zellen veranschaulicht, beginnend mit einem
blassen Klumpen, der dunkler und größer wird und die Zellwand zerstören
kann: Fossil Wood News 26. Mit solcherlei Erkenntnis kann man nach ständigen eigenen Bemühungen seit 2007 den Vertretern der
weltweit verbreitete Deutung zellengroßer Klumpen
als Koprolithen zurufen: "Das Ende ist nahe !" Vielleicht hat man, wie empfohlen, im Naturkunde-Museum Chemnitz begonnen, sich zu wundern, warum niemals eine fossile Milbe
passend zu dem angeblichen Milbenkot gesehen wurde. Das
könnte erklären, warum in der neuesten Veröffentlichung zum Rotliegend
von Chemnitz die bisher so beliebten Hornmilben, diese "fossilen Feinschmecker" ([7] S.169), nicht mehr erwähnt
werden [11].
[1] F.
Schwarze: Fungal strategies of wood decay in trees.
Springer, Berlin
2004.
[2] H.-J. Weiss,
Rätselhaftes aus Hornstein und Kieselholz. 6. Chert Workshop 2007,
Naturkunde-Museum Chemnitz.
[3] Zhuo Feng,
Jun Wang, Lu-Yun Liu :
First report of
oribatid mite (arthropod) borings and coprolites in Permian woods from
the Helan Mountains of northern China.
Palaeogeography,
Palaeoclimatology, Palaeoecology 288(2010), 54-61.
[4]
M. Barthel, M. Krings, R. Rößler: Die schwarzen Psaronien von
Manebach, ihre Epiphyten, Parasiten und Pilze.
Semana 25(2010), 41-60.
[5] R. Rößler, Z. Feng, R. Noll:
The largest calamite ... . Rev. Palaeobot. Palyn. 185(2012),
64-78. [6] Zhuo Feng,
Jun Wang, Lu-Yun Liu, R. Rößler: A novel coniferous tree trunk with septate pith ... Int. J. Plant Sci. 173(2012), 835–848.
[7] R. Rößler:
Der versteinerte Wald von Chemnitz. Museum f. Naturkunde Chemnitz 2001. [8] B.
Slater, S. McLoughlin, J. Hilton:
Animal–plant interactions in a Middle Permian permineralised peat ...,
Prince Charles Mountains, Antarctica.
Palaeogeogr. Pal. Pal. 363-364 (2012),
109-126. [9] R. Rößler, R. Kretzschmar, Z. Feng,
R. Noll: Fraßgalerien von Mikroarthropoden in Konifernhölzern des frühen
Perms von Crock, Thüringen. Veröff. Mus. Naturkunde Chemnitz 37(2014),
55-66. [10] Zhuo
Feng,
J.W. Schneider, C.C.
Labandeira, R. Kretzschmar, R.
Rößler: A specialized feeding habit of Early
Permian oribatid mites.
Palaeogeography,
Palaeoclimatology, Palaeoecology 417(2015), 121-124. [11] L. Luthardt, R. Rößler, J.W. Schneider: Palaeoclimatic and size-specific conditions in the early Permian fossil forest of Chemnitz ... Palaeogeography,
Palaeoclimatology, Palaeoecology 441(2016), 627-652.