Angebliche Koprolithen "unbekannter Tiere" statt angeblicher Hornmilben-Koprolithen
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Nachdem es in den letzten Jahren um die angeblichen Hornmilben-Koprolithen in paläozoischen Pflanzenfossilien stiller geworden war, ziehen diese nun unerwartet wieder die Aufmerksamkeit auf sich. Es begann 2010 mit einer Publikation von Z. Feng et al. [1], als Fehldeutung erkannt und beschrieben in [2]. (Siehe auch "Fehldeutungen".)
In einer Arbeit von M. Barthel, M. Krings, R. Rößler [3] fällt auf, dass die dunklen Körnchen nicht mehr wie in mehreren früheren Veröffentlichungen verschiedener Autoren (siehe eine Zusammenstellung in [4]) den beliebten Hornmilben zugeschrieben werden, sondern "unbekannten Tieren". Man erfährt auch, dass Pilze den Tieren näher stehen als den Pflanzen. Deutet das schon vorsichtig einen Sinneswandel an, die Körnchen als Bildungen von Pilzen anzuerkennen ? Das wäre eine zu optimistische Auslegung der Schrift. Es bedarf sicherlich noch einiger Anstrengung, die absurde Vorstellung aus der Welt zu schaffen, der Kot kleiner Pflanzenfresser könne die Form und Größe der Zellen haben, die gefressen wurden, komplett mit Ecken und Kanten. Das gelingt ohne Überzeugungsarbeit bei "normalen" Menschen, aber nicht bei den Vertretern der Milbenkot-Hypothese unter den Paläobotanikern. Deshalb müssen hier die alten Argumente auf die neuen Bilder in [3] angewandt werden.
Fehldeutung kantiger Klumpen als Koprolithen
Abb1: Ausschnitt von Fig.16 in [3], dort gedeutet als "Koprolithen im Leitgewebe (Treppentracheiden) einer Psaronius-Wurzel", hier als doppelt falsch erkannt: keine Koprolithen
(*), nicht im Leitgewebe.
Erfahrungsgemäß gleichen solche Körnchen in Form, Größe und Variabilität den Zellen des "gefressenen" Pfanzengewebes, hier Phloem.

Im Gegensatz zur Behauptung in [3] sieht man hier kein einziges Körnchen in den Tracheiden. Alle liegen außerhalb. Sie sind kantig wie die Zellen des zerfallenen Gewebes, dessen Rest in der Ecke links unten sichtbar ist. Sie können, wie in zahlreichen ähnlichen Fällen, zwanglos als Füllung von Zellen gedeutet werden, deren Wände verschwunden sind. In diesem Zusammenhang ist das folgende Bild aufschlussreich. Zellen mit dunkler Füllung im Kieselholz, Fehldeutung als Koprolithen

Abb.2 (rechts): Ausschnitt aus Fig.17 in [3], dort gedeutet als "Dadoxylon sp Querschnitt durch das Sekundärxylem mit Koprolithen in einem Fraßkanal", hier anders gedeutet. (*)

Wo ist hier ein "Fraßkanal" ? Man sieht keinen, aber dafür anderes Merkwürdiges: einzelne dunkle Klumpen im Innern von Zellen, dunkle Klumpen in Ketten angeordnet, und schmale dunkle Markstrahlen. Auffällig ist ein Z-förmig gestauchter Markstrahl mit dunkler Füllung. Diese Beobachtungen passen zu der Annahme, hier sei etwas von Zelle zu Zelle gewandert oder auch zu entfernteren Zellen, um dunkle Substanz zu erzeugen. Ein solches Phänomen ist vom Pilz Glomites rhyniensis bekannt: [6] Fig.3.47. Dieser dringt in die Zelle ein, bildet dort ein reich verzweigtes Geflecht sehr dünner Hyphen, das die Zelle mehr oder weniger ausfüllt und wie ein dunkler Klumpen aussieht, dringt dann mit einer Hyphe durch die Wand in die Nachbarzelle ein, um sich dort zu verzweigen, und so weiter. (Siehe Bild unten.)  Pilzgeflecht als dunkle Füllung in Pflanzenzellen, nach H. Kerp

Abb.3: Bild aus [5] Fig.19 und [6] Fig.3.96: Dunkle Klumpen bestehend aus einem verzweigten Geflecht sehr dünner Hyphen von Glomites in Zellen von Aglaophyton im Hornstein von Rhynie (Rhynie Chert), Schottland, Unter-Devon.
Bemerkenswert ist das Durchdringen der Zellwand.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass die angeblichen Koprolithen weder von Hornmilben noch von "unbekannten Tieren" erzeugt wurden, sondern gar keine Koprolithen sind, wie in vielen anderen Fällen mit dunklen Körnchen in verkieselten Pflanzen.

* Die Fehldeutung in [3] wurde zuerst von Gert Müller (Dresden) bemerkt.
Weitere kritische Anmerkungen zu [3] gibt es bei
 "Wood rot" and "Remnants".

 
H.-J. Weiss         Dez. 2010

[1]  Zhuo Feng, Jun Wang, Lu-Yun Liu :
      First report of oribatid mite (arthropod) borings and coprolites in Permian woods from the Helan Mountains of northern China.
      Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology 288(2010), 54-61.
[2]  H.-J. Weiss: Zweifelhafte Hornmilben-Koprolithen noch einmal: Kommentar zu Z. Feng et al. (2010)
[3]  M. Barthel, M. Krings, R. Rößler: Die schwarzen Psaronien von Manebach, ihre Epiphyten, Parasiten und Pilze,
     Semana 25(2010), 41-60.
[4]  H.-J. Weiss: Hornmilben-Koprolithen-Sichtungen  -  ein kurzer Wahn ?
[5]  H. Kerp: De Onder-Devonische Rhynie Chert ... , Grondboor & Hamer 58(2004), 33-50.
[6]  T.N. Taylor, E.L. Taylor, M. Krings : Paleobotany, Elsevier 2009.

Anmerkung (2011):
Die Autoren [3] zeigten keinerlei Interesse, die Probleme durch Austausch von Argumenten zu klären.
Ein kritischer Kommentar wurde aus formalen Gründen (Urheberrechte an Bildausschnitten) nicht zur Veröffentlichung in der Zeitschrift Semana angenommen.

Anmerkung (Sept. 2016): Jahrelange Bemühungen, die Vertreter der
Koprolithen-Deutung von Klümpchen im Kieselholz zu verunsichern, waren nicht vergeblich. Schließlich übernahmen sie die Deutung als Pilzgebilde, wie oben vorgeschlagen. Eine erneute Untersuchung [7] lieferte mehrere verschiedene Pilze im selbigen Psaronius-Fundstück wie in [3]. Sogar Hyphen, die die Zellwand durchdringen, wie in Abb.3 an einer anderen Pflanze veranschaulicht, wurden bei diesem Psaronius gefunden. Leider ist dieser lobenswerte Sinneswandel zweier der Autoren [3,7] mit dem Unwillen verbunden, alte Fehler zuzugeben. Die auffälligen zellengroßen Klumpen, in [3] irrtümlich zu Koprolithen erklärt, werden in [7] gar nicht erwähnt. Deshalb muss dieser Irrtum, wie auch andere in der Paläobotanik, ausdrücklich angesprochen werden. 
   
[7]  M. Krings, T.N. Taylor, C.J. Harper, M. Barthel: Endophytic fungi in a Psaronius root mantle from the Rotliegend of Thuringia, Germany.
       87th Annual Conference Paläontologische Gesellschaft, Dresden, Sept. 11-15, 2016.
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