Kommentar zu: The Late Palaeozoic tree fern Psaronius ... by R. Rössler [1]
English version

Das Thema dieser Veröffentlichung, die enge Verbindung der permischen Baumfarne mit dem Ökosystem, ist zweifellos interessant, und so ist auch die Veröffentlichung. Der Kommentar betrifft nicht diesen Aspekt der Sache, sondern ein Gewirr kleiner Widersprüche infolge Oberflächlichkeit und ernstere Anzeichen von fraglichem Urteilsvermögen, unauffällig auf den ersten Blick, aber deutlich erkennbar bei näherer Betrachtung, jedoch nicht bemerkt von den Gutachtern und zahlreichen Palaeobotanikern, deren "critical and stimulating discussions" gewürdigt werden.
Der Anblick der Ankyropteris -Querschnitte in Tafel VII lässt schon vermuten, dass die Größenangaben nicht miteinander verträglich sind. Mit etwas Aufwand kann man Angaben finden, die möglicherweise der Wirklichkeit nahe kommen. Man kann die Tatsache nutzen, dass die gleichen Bilder von R. Rössler mehrfach verwendet wurden, mit anderer Vergrößerung und Orientierung, anderem Bildausschnitt, und auch als Spiegelbild. Auch zu den modifizierten Bildern gibt es widersprüchliche Angaben, was die Vergleiche verzögert aber nicht verhindert.zellengroße kantige Klumpen fehlgedeutet als Koprolithen

Abb.1: Eckige Klumpen im Gewebe des Kletterfarns Ankyropteris brongniartii, Ausschnitt aus [1], Tafel VII4, Unter-Perm, Chemnitz.

Falls die Angabe 6x für die Vergrößerung in 
[2], Bild 334, glaubwürdig ist, kann man aus Bild 336 schließen, welches das Spiegelbild eines Ausschnitts aus Bild 334 ist und außerdem das Gleiche wie Tafel VII5 in [1] gedreht um 135°, dass 35x und nicht 14x die richtige Vergrößerung für Tafel VII5 ist, nachdem man den Maßstab von Bild 336 um einen Factor 2 korrigiert hat, der aus Vergleich mit Bild 334 folgt. Kleinere Abweichungen bis 30% zeigen sich bei Vergleich der Bilder in den Tafeln III, IV, VI in [1] mit denen in [2] and [3].

Bild 336 in [2] ist angeblich ein Detail der Hauptachse von Ankyropteris in Bild 334. Es gibt aber kein solches Detail an der Hauptachse. Das Detail findet man am Wedelstiel. Den gleichen Irrtum gibt es in [1], Text zu Tafel VII5. (Hier ist nicht sofort klar, was "Ankyropteris marginal axis" bedeutet, aber aus Bild 334 in [2] kann man schließen, dass eine Hauptachse des Kletterfarns gemeint ist, die nicht ganz im Psaronius -Stamm eingeschlossen ist.)
zellengroße kantige Klumpen fehlgedeutet als Koprolithen
Abb.2: Zellengroße eckige Klumpen in Ankyropteris, links in Reihen angeordnet, Ausschnitt aus [1], Tafel VII2.


Tafel VII3-5 zeigt Details einer dünnen Scheibe aus einer Arbeit von Sterzel [4], der vorsichtig war und keine Deutung der winzigen dunklen Klumpen in diesen Bildern gab. Sie werden in [1] ebenso wie solche Klumpen in Callistophyton (Tafel VI) als Koprolithen von Gliederfüßern gedeutet: "Zwei deutliche Größenordnungen der Koprolithen weisen auf die Koexistenz unterschiedlicher Gliederfüßer oder unterschiedlicher Entwicklungsstadien hin ..." (Originaltext hier).
Die Deutung dieser und anderer zellengroßer Klumpen< wurde in [2,3] als Hornmilben-Koprolithen präzisiert.
zellengroße kantige Klumpen fehlgedeutet als Koprolithen

Abb.3 (rechts): Eckige Klumpen unterschiedlicher Größe in Ankyropteris, detail from [2], Bild 335 rechts unten, (das ist das Spiegelbild von Tafel VII4 in [1]). Man beachte die Zelle rechts oben mit einem Klumpen entsprechender Form darin.

Die Publikationen [1-3] sind offensichtlich beeinflusst von der Idee paläozoischer Hornmilben-Koprolithen, die sich unter Paläobotanikern in den 1990er Jahren ausgebreitet hatte, offenbar durch Übernahme ohne kritische Prüfung, obwohl in Karbon, Perm und Trias keine einzige Hornmilbe erspäht worden war [5]. Was sonst noch deutlich dagegen sprach, wurde übersehen oder ignoriert: Klumpen mit polygonaler Kontur als Hinweis auf kantige Formen (Abb.1-3) passend zu den Größen und Formen benachbarter Zellen (Abb.2,3), manchmal in Reihen passend zu den Zellreihen des umgebenden Gewebes (Abb.2), auch als einzelne Klumpen im Innern von Zellen (Abb.3).
In der Ankyropteris -Achse gibt es unterschiedliche Gewebe mit unterschiedlichen Zellgrößen. Die Klumpen in Abb.2 passen zu den Innenräumen der Zellen des Gewebes. Zwei Reihen Klumpen links im Bild sehen aus als wären sie dort nicht zufällig fallen gelassen worden. Sie sehen aus als seien sie noch an der Stelle, wo sie in den Zellen gebildet wurden, von denen wenige übrig gebliebene links unten sichtbar sind. Damit drängt sich der Gedanke auf, die Klumpen seien Abgüsse leerer Zellen, übrig geblieben, nachdem die Zellwände des Gewebes, das dort war wo die Klumpen jetzt sind, zerfallen war. Dieser Gedanke wird durch mehrere Beobachtungen an eigenen Fundstücken und an Bildern in anderen Veröffentlichungen unterstützt. Klumpen sehr versciedener Form und Größe fehlgedeutet als Koprolithen

Abb.4: Klumpen unterschiedlicher Form und Größe in Ankyropteris, Ausschnitt aus Bild 430 in [2], das gleiche Bild, nur umgedreht, wie Tafel VII1 in [1].

Bei sorgfältigem Betrachten der Bilder in [1,2,3] findet man reichlich Belege gegen die Deutung als "zwei deutliche Größenordnungen" der "Koprolithen". Es gibt jede beliebige Größe von winzig bis groß (Fig.4), wie bei den Zellen in der Umgebung. Auch die Anordnung dieser Klumpen lässt vermuten, dass sie nicht von einem Tier zufällig in einen Hohlraum fallen gelassen wurden.
Die Beobachtng, dass die Variation von Größe und Form der Klumpen mit der Variation von Größe und Form der Zellen benachbarter Gewebe übereinstimmt, liefert ein weiteres Argument gegen die Deutung als Koprolithen.

Abschließend ist festzustellen, dass sowohl die widersprüchlichen Größenangaben in [1,2,3] als auch die falsche Vorstellung von zellengroßen Koprolithen, die ungeachtet wiederholter Warnungen [7,8] beibehalten wird [6], auf Oberflächlichkeit zurückzuführen sind. Holzfäule durch Einwirkung von Pilzen oder Mikroben kommt als mögliche Ursache der Klumpenbildung in Betracht.
Belegstücke: Museum für Naturkunde Chemnitz.
Anmerkung 2017: Nach mehreren weiteren Publikationen mit der Absicht, die Koprolithen glaubhaft erscheinen zu lassen, die letzte von 2015 [9], und nach vielen Gegenargumenten auf dieser Website, hat  Rössler die Idee anscheinend nun aufgegeben..

H.-J. Weiss
2011    2017

[1]  R. Rössler : The late palaeozoic tree fern Psaronius  -  an ecosystem unto itself.
      Rev. Palaeobot. Palyn. 108(2000), 55-74.
[2]  R. Rößler : Der versteinerte Wald von Chemnitz, 2001.
[3]  R. Rössler : Zwischen kostbarem Erbe und eigenem Erleben.
     in: U. Dernbach, W.D. Tidwell : Secrets of Petrified Plants. D'ORO Publ., 2002, 104-119.
[4]  J.T. Sterzel: Die organischen Reste des Kulms und des Rotliegenden der Gegend von Chemnitz.
     Abh. Königl. Sächs. Ges. Wiss., Math.-phys. Kl. 35(1918), 205-315.
[5]  C.C. Labandeira, T.L. Phillips, R.A. Norton : Oribatid mites and the decomposition of plant tissues in paleozoic coal swamp forests.
     Palaios 12(1997), 319-53.
[6]  M. Barthel, M. Krings, R. Rößler: Die schwarzen Psaronien von Manebach, ihre Epiphyten, Parasiten und Pilze.
        Semana* 25(2010), 41-60.   *( kürzlich umbenannt, früher: Veröff. Naturhist. Mus. Schleusingen)
[7]  H.-J. Weiss: Rätselhaftes aus Hornstein und Kieselholz. 6. Chert Workshop 2007, Naturkunde-Museum Chemnitz.
[8]  H.-J. Weiss: Märchenhaftes und Ernsthaftes im Hornstein. 8. Chert Workshop 2009, Naturkunde-Museum Chemnitz.
[9] Z. Feng, J.W. Schneider, C.C. Labandeira, R. Kretzschmar, R. Rössler: A specialized feeding habit of Early Permian oribatid mites.
      Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology 417(2015), 121-124.
quartz crystal with wood inside
Fossil Wood News  12

Übersicht
Fossil Wood News
deutsch
Kieselholz