Angebliche Koprolithen -
Reste von zerfallenem Gewebe
Kleine
dunkle Klumpen mit unterschiedlicher Form und Größe sind oft in
verkieselt erhaltenen Pflanzenfossilien zu finden, wo sie auf
polierten Schnittflächen oder Dünnschliffen deutlich sichtbar sind.
Jene in paläozoischen Pflanzen werden gewöhnlich als Koprolithen von
Hornmilben, Milben, Gliederfüßern, oder unbekannten Tieren gedeutet.
(Literatur und Kommentare: "Fehldeutungen",
Hornmilben-Koprolithen.)
Es erscheint merkwürdig und fast
unglaublich, dass viele dieser Deutungen als Irrtum erkannt werden
können, auch ohne Zugang zu den Originalen, allein durch sorgfältiges
Betrachten der veröffentlichten Bilder. (Das ist nützlich, wenn der
Zugang zu den Originalen verwehrt wird, wie im vorliegenden Falle.)
Klumpen mit Formen, die man nicht von Koprolithen erwartet, wie in
Abb.1,2, lassen Zweifel aufkommen.
Abb.1 und 2: Eckige Klumpen in Ankyropteris,
Ausschnitte aus
[1], Plate VII, 2 und 5, gedeutet als Koprolithen nicht näher
bestimmter Tiere [1] oder Hornmilben [2,3], hier anders gedeutet.
Bildbreite Abb.1: 0.5 - 0.57 - 0.63mm. (Siehe Text.) Abb.2:
0.66mm nach Korrektur der Angaben in [1,3].
Es gibt unterschiedliche Gewebe und Zellengrößen in Ankyropteris. Die
Klumpen in Abb.1 passen zu den Innenräumen der Zellen des Gewebes.
Klumpen in zwei Reihen links im Bild sehen nicht aus wie zufällig
fallen gelassen. Sie sehen aus als wären sie noch dort, wo sie in den
Zellen des Gewebes entstanden, von denen einige links unten erkennbar
sind. Daraus folgt der Gedanke, die Klumpen seien Abformungen des
Inneren der Zellen, übrig geblieben nach der Auflösung des Gewebes.
Dieser Gedanke wird durch einige weitere solcher Beobachtungen
unterstützt. Auch die auffällig eckigen Klumpen in Abb.2 sind sehr
wahrscheinlich solche Abformungen, obwohl kein Gewebe nahebei ist.
Unsicherheiten der Größenangaben in Abb.1,2 kommen von
widersprüchlichen Daten in [1,2,3]. Wenn 6:1 richtig ist für den Ankyropteris-Querschnitt
in [3], Fig.334, dann gilt 24:1 für Fig.336, nicht 12:1, und für [1],
Plate VII,5, gilt 35:1, nicht 14:1. Auch die Unterschriften dieser zwei
Bilder sind falsch: Es sind nicht Ausschnitte aus der Hauptachse,
sondern aus dem Spiegelbild des Wedelstiels in Fig.334.
Abb.3: Eckige Klumpen unterschiedlicher Größe in Ankyropteris,
Ausschnitt aus [3], Fig.335, (Spiegelbild von Plate VII,4 in
[1]). Man beachte die Zelle rechts oben mit passend geformtem Klumpen
im Innern.
Bildbreite 0.67mm.
Das Leitbündel einer Psaronius-Luftwurzel
in Fig.4 kann als ein weiteres Beispiel dafür dienen, dass die dunklen
Klumpen Abformungen der Zellen zerfallener Gewebe sind, obwohl sie in
[4] als Koprolithen gedeutet werden, die weggefressenes Aerenchym
ersetzen. Erstens muss hier gesagt werden, dass an das "sternförmige"
Xylem nicht Aerenchym grenzt, sondern Phloem. Zweitens fällt auf, dass
die Größe der Klumpen ebenso stark variiert wie die Zellengröße des
verbliebenen Phloems. Man sieht sogar ein Stück gut erhaltenen Phloems,
oberhalb der Nische mit den Klumpen, wo eine Zelle mit dunkler Substanz
ausgefüllt ist, umgeben von leeren Zellen. Die kompakten dunklen
Bereiche im Phloem sind meist von geraden Zellwänden begrenzt, folglich
sind es keine Koprolithen, sondern dunkel gefülltes Gewebe, das noch
nicht zerfallen ist. Man beachte auch den einzelnen kleinen Klumpen mit
5-eckigem Umriss.
Das Phloem zwischen den Zacken des Xylems der Psaronius-Wurzeln
ist selten fossil erhalten. Man kann also die Klumpenbildung als einen
Konservierungsprozess für Strukturinformation leicht vergänglicher
Gewebe betrachten, nämlich für die Maße der Zelleninnenräume, die sonst
verloren gingen.
Abb.4: Psaronius-Wurzelquerschnitt,
Leitbündel mit großen Tracheiden und "Aerenchym durch Koprolithen
ersetzt" [4], hier gedeutet als Abformungen der Zellen aufgelöster
Bereiche des Phloems.
Ausschnitt aus [4], Fig.8. Bildbreite ca. 0.75mm.
Eine der sehr seltenen Abbildungen des Phloems im Leitbündel
einer Psaronius-Wurzel
ist in Abb.5 zu sehen. Ein ungewöhnlich gut
erhaltenes Leitbündel einer Psaronius-Wurzel
mit deutlich sichtbarem Phloem ist in [7],
Fig.12, abgebildet, auch in [8].
Abb.5 (rechts): Teil des Querschnitts einer Psaronius-Wurzel,
Leitbündel mit großen Tracheiden und dünnwandigen Phloem-Zellen.
Ausschnitt aus [5], Plate 40, Fig.13.
Nachdem es nun reichlich Belege dafür gibt, dass
wahrscheinlich die meisten der dunklen Klumpen in paläozoischen
Pflanzenfossilien, einschließlich Kieselhölzer vom Nadelholz-Typ, und
besonders die eckigen Klumpen in [1-4], keine
Koprolithen sind, sondern Abformungen der Innenräume der Zellen,
gebildet im Gewebe und freigesetzt bei dessen Zerfall, bleibt noch die
Herkunft der dunklen Substanz zu erklären. Ein Zusammenhang mit Pilzen
wurde in vorherigen Abhandlungen vorgeschlagen. (Siehe "Fehldeutungen",
Hornmilben-Koprolithen.) Der Zerfall des Gewebes nach dem Befall der
Zellen und der Bildung des dunklen Rückstandes ergibt sich vermutlich
aus der
Fähigkeit der Pilze, die Zellwände aufzulösen. (Pilze sind die einzigen
Organismen, die Lignin vollständig abbauen können [6].)
Argumente gegen die Deutung kantiger Klumpen als Koprolithen in [1,2,3]
wurden R. Rößler
seit 2007 zur Kenntnis gegeben. Die Fehldeutungen in
[4] wurden 2010 zuerst von Gert
Müller bemerkt. Als einzige Reaktion erhielt er von einem der Experten [4]
den Rat: "Wenn zwei Professsoren sagen, es seien Koprolithen, können
Sie es glauben."
Ein kritischer Kommentar
zu [4] wurde aus formalen Gründen (Urheberrechte an Bildausschnitten) nicht zur
Veröffentlichung in der
Zeitschrift Semana angenommen.
H.-J. Weiss
2011
[1] R. Rößler:
The late palaeozoic tree fern
Psaronius - an ecosystem unto itself.
Rev. Palaeobot. Palyn. 108(2000), 55-74.
[2] R. Rößler:
Between precious inheritance and immediate
experience.
in: U. Dernbach, W.D. Tidwell:
Secrets
of Petrified Plants, D'ORO Publ., 2002, 104-119.
[3] R. Rößler:
Der versteinerte Wald von Chemnitz, 2001, p. 141,169.
[4] M.
Barthel, M. Krings, R. Rößler: Die
schwarzen Psaronien
von Manebach, ihre Epiphyten, Parasiten
und Pilze.
Semana* 25(2010), 41-60.
*(
kürzlich umbenannt, früherer Name: Veröff. Naturhist. Mus.
Schleusingen)
[5] C.G. Stenzel**:
Über die Staarsteine.
**( nicht zu verwechseln mit Sterzel)
Breslau, Bonn 1854, p.753-893, Plate 40.
[6] T.N.
Taylor, E.L. Taylor, M. Krings : Paleobotany,
Elsevier 2009.
[7] H. Steur,
H. de Kruyk: Psaronius, een boomvaren uit het Laat-Carboon
en het Vroeg-Perm.
Grondboor & Hamer nr.
3/4 2004, 75-82.
[8] H.
Steur:
The tree fern Psaronius, "Star
show". http://www.xs4all.nl/~steurh/
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