Antarktischer Mist
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Die Deutung winziger dunkler Klumpen in verkieselten Pflanzen als fossile Kotballen (Koprolithen) wurde in den 1990er Jahren unter Paläontologen zunehmend populär. Eine beachtliche Zahl von Publikationen ordnet die Klumpen den Hornmilben zu. Diese Deutung wird sich in vielen oder den meisten Fällen als Irrtum erweisen. Um das zu erkennen, ist kein Spezialwissen erforderlich, nur der sprichwörtliche gesunde Menschenverstand und der aufmerksame Blick auf veröffentlichte Bilder. Das wird hier mit Bildern aus einer oft zitierten Arbeit über fossile Pflanzen der Antarktis gezeigt [1].
Die unterschiedlichen Größen und Formen der dunklen Klumpen im beschädigten Pflanzengewebe in Abb.1 passen auffällig gut zu den Größen und Formen der Zellen.
Klumpen verschiedener Größe und Form, passend zu den Zellen des fossilen Gewebes
Abb.1:   Querschnitt durch den Wedelstiel eines Farns (Trias, nach [1]):
teilweise zerstörtes Gewebe, zweifelhafte "Koprolithen" mit gleichen Größen und Formen wie die Zellen. 
Unten: vergrößerter Ausschnitt.

fossiles Pflanzengewebe mit Zellen verschiedener Größe und FormDiese offensichtliche Gleichheit der Größen und Formen, die eine ganz andere Deutung nahe legt, wurde von den Autoren [1] nicht bemerkt, (auch nicht von den Autoren anderer Arbeiten zu angeblichem Milbenkot). Statt dessen finden sie es bemerkenswert, dass das Loch im Gewebe in Abb.1 fast leer ist und in Abb.2 mit Klumpen gefüllt, was zu keinerlei Erkenntnis führt.
Klumpen rund und eckig, keine Koprolithen

Abb.2 (rechts):   Fossiles Holz (Trias, nach [1]) mit dunklen Klumpen, deren Form von elliptisch bis deutlich kantig variiert, was unverträglich ist mit der Deutung als Koprolithen in [1].
 
Anscheinend wurde das Gewebe in Abb.2 zusammengedrückt, nachdem die Klumpen sich gebildet hatten, so dass diese hier nicht mit den Zellen verglichen werden können. Man könnte sich darüber wundern, dass die Formen von deutlich kantig bis deutlich gerundet variieren. Es zeigt sich aber, dass auch diese Vielfalt der Formen mit der aus Abb.1 erschlossenen Annahme verträglich ist, die Klumpen seien wie die Innenräume der Zellen geformt: Der vergrößerte Ausschnitt aus Abb.1 zeigt eine Reihe auffällig eckiger Zellen (links unten im Bild) neben Zellen mit deutlich gerundetem Innenraum (darüber).So gelangt man schnell zu der Erkenntnis, dass die Klumpen keine Koprolithen sein können, weil sie eine enge Beziehung zu den Zellen haben. Sehr wahrscheinlich war ein Pilz mit winzigen Fäden in die Zellen eingedrungen und hatte dort ein dichtes Knäuel gebildet, bekannt als "arbuscular mycorrhiza", worauf die Zellwände sich auflösten und die Klumpen übrig blieben. Siehe auch Rhynie Chert News 28.

So betrachtet wirken die Spekulationen in manchen Milbenkot-Veröffentlichungen unfreiwillig komisch. In [1] wird vermutet, einige Hohlräume im geschädigten Gewebe seien so groß, weil sie von mehreren Milben gleichzeitig bewohnt wurden. In [2] werden unterschiedliche Größen der Klumpen im gleichen Fundstück nicht den dort sichtbaren Geweben mit unterschiedlicher Zellengröße zugeordnet, sondern zwei Arten von Hornmilben. Weitere Argumente gegen die Deutung zellengroßer Klumpen als Koprolithen wurden den damit befassten Paläobotanikern seit 2007 zur Kenntnis gegeben. Seit 2010 erschienen wieder Veröffentlichungen mit fehlgedeuteten Klumpen: [3-7].
Leichtsinn in der wissenschaftlichen Literatur gleicht einer Aufforderung an sorgfältige Freizeitforscher, überraschende Enthüllungen zu liefern.

H.-J. WEISS      2009,  ergänzt 2011, 2013, 2015

[1]  D.W. KELLOG, E.L. TAYLOR: Evidence of oribatid mite detrivory in Antarctica during the Late Paleozoic and Mesozoic,
      J. of Paleontology 78(2004), 1146-53.
[2]  R. RÖßLER: The late palaeozoic tree fern Psaronius  -  an ecosystem unto itself,
      Rev. Palaeobot. Palyn. 108(2000), 55-74.   Siehe Kommentar.
[3] Zhuo Feng, Jun Wang, Lu-Yun Liu :
      First report of oribatid mite (arthropod) borings and coprolites in Permian woods from the Helan Mountains of northern China.
      Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology 288(2010), 54-61.    Siehe Kommentar.
[4]  M. Barthel, M. Krings, R. Rößler: Die schwarzen Psaronien von Manebach, ihre Epiphyten, Parasiten und Pilze.
      Semana* 25(2010), 41-60.      * recently re-named, former name: Veröff. Naturhist. Mus. Schleusingen.  Siehe Kommentar.
[5]   N.A. Jud, G.W. Rothwell, R.A. Stockey: Paleoecological and phylogenetic implications of Saxicaulis meckertii ... :  
    A bennettitalean stem from the Upper Cretaceous ...
    Int J. Plant Sci. 171(2010), 915-25.   See comment.
[6]  C. Strullu-Derrien, S. McLoughlin, M. Philippe, A. Mørk, D.G. Strullu:
    Arthropod interactions with bennettitalean roots in a Triassic permineralized peat from Hopen, Svalbard.
    Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology 348–349(2012), 45-58.   See comment.
[7]  Zhuo Feng, J.W. Schneider, C.C. Labandeira, R. Kretzschmar, R. Rößler:  A specialized feeding habit of Early Permian oribatid mites.
       Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology 417(2015), 121-124. Siehe Kommentar.
quartz crystal with wood inside
Fossil Wood News  11

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