Zellengroße Klumpen in Bennettiteen: Keine Hornmilben-Koprolithen
English version 
Es ist merkwürdig, wie zählebig manche zweifelhafte Idee ist, nachdem sie einmal in die wissenschaftliche Literatur eingedrungen war. Ein berüchtigtes Beispiel aus der Paläobotanik betrifft kleine dunkle Klumpen in fossilem Pflanzengewebe, die einer Erklärung bedurften. Die Klumpen sah man meist in geschädigten Teilen des  Gewebes, was die Idee nahelegte, es sei Kot von kleinem Getier, das das Gewebe zerfrisst. Diese glaubhaft erscheinende Idee war mit mehr als einem Problem belastet: Fossiles Getier war weit und breit nicht zu sehen. Man hielt es für angemessen, diese Lücke in der Argumentation mit Vermutungen zu füllen. Da es pflanzenfressende Milben gibt, kam die Idee der Milbenkoprolithen auf. Die Vermutungen wurden noch verfeinert: Die Milben, die niemand gesehen hat, wurden  den Hornmilben zugeordnet, und "Hornmilben-Koprolithen" wurde ein beliebter Begriff in der Paläobotanik-Literatur seit den 1990er Jahren. Jene Paläobotaniker, die diesen Begriff gern übernahmen, hatten anscheinend folgendes nicht bemerkt: Wo es kantige dunkle Klumpen in geschädigtem Gewebe gibt, kann man sicher sein, dass deren Größen und Formen, einschließlich deren Variation, die gleichen sind wie für die Zellen in nahe gelegenem intaktem Gewebe, was ein weiteres Problem darstellt.
cell-size clots in Triassic bennettitalean rootcell-size clots in Triassic bennettitalean root

Abb.1,2: Zellengroße Klumpen in geschädigtem Gewebe von Bennettiteen-Wurzeln (Trias): Ausschnitte aus Figs.6G,D in [1], dort als Hornmilben-Koprolithen gedeutet. Die Größen der Klumpen passen zu den sehr verschiedenen Größen der Zellen. In Abb.2 ist eine Reihe zusammenhängender kleiner Zellen mit dunkler Substanz gefüllt, daneben größere lose Klumpen. Bildbreiten 0.3mm (falls die Angaben in [1] richtig sind).

Es ist unverständlich, dass die mit der Sache beschäftigten Paläobotaniker
solche Übereinstimmung nicht als ein starkes Argument gegen die Deutung als Koprolithen erkannten. Vielleicht erkannten es später jene, die diese Deutung dann nicht weiter propagierten. Es hat jedoch niemand die Koprolithen-Hypothese ausdrücklich widerrufen. Deshalb ist es erforderlich, jede derartige Veröffentlichung zu kommentieren, was in der Reihenfolge getan wurde, wie diese zur Kenntnis gelangten.
 (Siehe Google: oribatid mite coprolites, oder "Wood rot or coprolites" (deutsche Versionen) auf dieser Website.)
angular clots in cretaceous bennettitalean stem
Abb.3: Zellengroße Klumpen in teilweise zerfallenem Gewebe eines Bennettiteen-Stammes, Ausschnitt von Fig.4E in [2], dort als Hornmilben-Koprolithen gedeutet.
angular clots in cretaceous stem
Abb.4 (rechts): Ausschnitt von Abb.3, polygonale Umrisse kantiger Klumpen, in [2] als "kugelig bis eiförmig" bezeichnet.

Die Argumente gegen die falsche Deutung der Klumpen sind hier die gleichen wie schon mehrfach vorgebracht. Im Falle guter Erhaltung findet sich zu jedem der losen Klumpen eine Zelle passender Form und Größe, was ein starkes Argument dafür ist, dass die Klumpen eine Art Abguss der Zelle waren und übrig blieben, als die Zellwand sich auflöste.
Die Klumpenbildung in den Zellen und der Zerfall der Wände haben sehr wahrscheinlich die gleiche Ursache. Pilze können in Pflanzenzellen ein dichtes Gewirr sehr dünner Hyphen bilden, und sie können Zellwände auflösen [3].
Die Klumpen in Abb.3,4 werden in [2] als "kugelig bis eiförmig" mit "glatter bis leicht höckeriger" Oberfläche beschrieben, aber offensichtlich sind die angeblichen höckerigen Kugeln eher kantige Polyeder, oft als polygonaler Umriss sichtbar, auch mit rechten und spitzen Winkeln, wie von Abformungen des Innenraumes der Zellen zu erwarten. Das betrift auch Abb.5.

Die als Koprolithen fehlgedeuteten polyedrischen Klumpen sind manchmal die einzigen fossilen Belege für die originalen Größen und Formen der Zellen verschwundener oder komprimierter Gewebe. Die leeren Zellen haben ihre Form in Abb.1,2 bewahrt, aber in Abb.3,5 wurden sie teilweise deformiert oder platt gedrückt.
Geschädigtes Pflanzengewebe mit dem gleichen Aussehen wie diese Bilder wird gewöhnlich "Fraßgalerie" genannt, obwohl keine besonderen Merkmale des Schadens erkennbar sind, die eine solche Deutung rechtfertigen. Manche angebliche Fraßgalerie ist so eng, dass kein Pflanzenfresser dort gekrochen sein konnte. Es gibt angebliche Koprolithen in unbeschädigten Zellen, wohin kein Tier sie gesetzt haben konnte.
 
angular clots in triassic root Abb.5: Kantige Klumpen in einer teilweise geschädigten Bennettiteen-Wurzel, Ausschnitt von Fig.6O in [1], dort als Hornmilben-Koprolithen gedeutet.

Abschließend ist festzustellen, dass die vorliegenden Bilder die Hypothese von Hornmilben-
Aktivität in triassischen und kreidezeitlichen Bennettiteen nicht stützen. Es bleibt zu klären, ob andere Berichte von Koprolithen in fossilen Bennettiteen eine kritische Revision bestehen oder als Holzfäule umzudeuten sind, wie es in zahlreichen Fällen angeblicher Sichtungen von Hornmilben-Koprolithen in Pflanzengewebe getan wurde.

H.-J. Weiss     2013


[1]  C. Strullu-Derrien, S. McLoughlin, M. Philippe, A. Mørk, D.G. Strullu:
    Arthropod interactions with bennettitalean roots in a Triassic permineralized peat from Hopen, Svalbard.
    Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology 348–349(2012), 45-58.
[2]   N.A. Jud, G.W. Rothwell, R.A. Stockey: Paleoecological and phylogenetic implications of Saxicaulis meckertii ... :  
    A bennettitalean stem from the Upper Cretaceous ...
    Int J. Plant Sci. 171(2010), 915-25.
[3]  T.N. Taylor et al.: Paleobotany. Elsevier 2009.
quartz crystal with wood inside
Fossil Wood News 18
Übersicht
Chert News
Kieselholz
Holzfäule oder Koprolithen
Verkieselung