Anders als die auffälligen Platten mit großen Fossilabdrücken, die man
oft in Museen sieht, geben die fossilführenden Hornsteine gewöhlich
keine großen Ausstellungsstücke, aber doch eindrucksvolle Belegstücke
mit polierten Flächen, mit lebensechter räumlicher Erhaltung in
teildurchsichtigem Chalzedon, oft schön gefärbt. Die Erhaltung
kleinster Einzelheiten, auch im Mikrometer-Bereich, trägt zu ihrem
wissenschaftlichen Wert bei.
Foto: Beispiel für die Erhaltung winziger Einzelheiten in
durchsichtigem Chalzedon. Sporenkapseln des BaumfarnsScolecopteris
mit deutlich sichtbaren Zellen an der Oberfläche, sehr ungewöhnliche
Variante mit je zwei Haaren nahe dem spitzen Ende der Kapsel
(abgeschnitten an der unteren Kapsel, sichtbar als weiße Flecken),
unbekannte Art ?
Unter-Perm, Döhlener Becken, Sachsen.
Fossilführende Hornsteine wurden wenig beachtet, weil sie meist als
Gerölle in Kiesgruben und Flussschotter gefunden werden, aber selten im
Anstehenden, weshalb sie ungeeignet für die Stratigraphie sind.
Eine Ausnahme bilden die aus anstehenden Schichten geschürften
berühmten
Hornsteine von Rhynie (Unter-Devon), die nun in Museen und
Universitäten
lagern und nur teilweise ausgewertet sind [1]. Kleinere Mengen wurden
als umgelagerte Stücke im Gelände gefunden, mit
Größen von wenigen Gramm bis 65kg.
Große
Hornsteingerölle sind selten, weil die Schichten zerbrechen, wenn sie
aus dem Ufer gespült und vom Fluss mitgenommen werden. Die Bruchstücke
sind dabei kaum breiter als die Schicht dick ist. Sie können auch
deutlich schmaler sein, wenn die spröde Schicht zusammen mit dem
Schichtstapel deformiert wurde, wo sie eingebettet war.
Das größte
Hornsteingeröll aus dem Döhlener Becken ist ein Rotliegend-Hornstein
von 31kg mit zahlreichen Farnwedel-Fragmenten, gefunden in einer
Baugrube in der Ablagerung eines eiszeitlichen Wasserlaufes am
Käferberg, Hänichen.
Das in letzter Zeit stark gestiegene Interesse an
fossilführenden Hornsteinen in Sachsen kam durch zufälliges
Zusammentreffen günstiger Umstände zustande: (1) erster neuer
Fund eines "Madensteins" seit 1893 nach gezielter Suche durch
Gert Müller 1985,
(2) Beitrag von M.
Barthel 1987 zu den alten Madenstein-Funden [2],
dadurch angeregte Suche nach fossilführenden
Hornsteinen außerhalb der klassischen Fundstelle, (3)
Erdarbeiten und Baugruben in pleistozänen Schichten mit
Hornstein-Geröllen (ab 1991).
Das Interesse wird vorwiegend durch die Aktivität von Sammlern aufrecht
erhalten, die von der Begegnung mit alten Lebensformen fasziniert sind.
Besonders zu erwähnen ist Ralph Kretzschmar, der
mit seiner Website www.kieseltorf.de
vielen Sammlern ermöglicht hat, auf unkomplizierte Weise ihre Funde und
Entdeckungen vorzustellen.
Es
ist sehr bedauerlich, dass dieser engagierte Mitarbeiter des
Naturkunde-Museums Chemnitz, der sich vom Hobby-Paläontologen zum
Grabungsleiter qualifiziert hatte, 2017 plötzlich
seine Mitarbeit beendete, seine Website löschte und
sich von der Paläontologie abwandte. (Mögliche Ursachen sind aus Fossil Wood News 16 ersichtlich.)
Es sei eindringlich darauf hingewiesen, dass das Sammeln
fossilführender Hornsteine im Gelände ganz anders ablaufen muss als das
Suchen und Bergen von Abdruck-Fossilien in Sedimentgestein mit dem
Hammer als nützlichem Werkzeug. Fossilführende Hornstein-Gerölle
sollten niemals angeschlagen werden. Sie sollten ebenso wie
Achatgerölle und Kieselholz mit speziellen Trennscheiben geschnitten
werden, nachdem durch Ansehen der Oberfläche eine günstige Schnittebene
gewählt wurde. Erfreulicherweise ist das Trennen mit dünnen
"Sägeblättern" gegenwärtig ein verbreitetes Handwerk.
Erfahrungsgemäß fühlt jeder, der stundenlang einen Hammer durch das
Gelände getragen hat, ein Verlangen zum Draufhauen, wodurch ein
einzigartiges Fossil unwiederbringlich zerkrümelt werden kann. Außerdem
zeigt eine Bruchfläche die Einzelheiten meist
weniger deutlich als die natürlich
geglättete Oberfläche. Am sichersten vermeidet man die Zerstörung eines
wertvollen Fundes, indem man den Hammer zu Hause lässt und eine
Spitzhacke oder einen langen Meißel mitnimmt, um damit im Boden oder in
Kiesbänken zu stochern.
Als Beweis dafür, dass die Gefahr irreparablen
Schadens real ist, sei hier ein Bekenntnis des ehrwürdigen A.G.
Lyon
zitiert:
"Erste Untersuchung, durch Abschlagen kleiner Splitter mit einem
Hammer, ... .
Leider zersplitterete der Block während der ersten Untersuchung, aber
zwei zusammengehörige Stücke hinlänglicher Größe wurden geborgen ..."
[3]. Infolge dessen beginnt der Titel der Publikation mit "Über die
zerbrochenen Reste ...". Tatsächlich wurde seitdem, also in einem
halben Jahrhundert, kein
Stück gefunden, das mit dem zersplitterten vergleichbar wäre, so dass
die wahre Größe und Form des Fossils unbekannt geblieben
sind.
Zufällig beweist ein Fossil, das dem zersplitterten nahe verwandt ist,
dass man winzige Dinge auch ohne Trennen und
Polieren durch sorgfältiges Ansehen der
Oberfläche des Gerölls finden kann :
Siehe Foto (rechts) und
Rhynie
Chert News29 , 51
, 156 .
H.-J. Weiss 2010
2015,
2018, 2020
[1] N.H. Trewin:
History of research on the geology and palaeontology of
the Rhynie area, Aberdeenshire, Scotland.
Trans. Roy. Soc. Edinburgh 94 (2004
for 2003), 285-97.
[2] M.
Barthel
: Der Madenstein aus dem Rotliegenden des Windberges.
in: H. Prescher u.a.: Zeugnisse der
Erdgeschichte Sachsens, Leipzig 1987, S.121.
[3] A.G. Lyon:
On the fragmentary remains of an organism
referable to the nematophytes, ..., Nematoplexus
rhyniensis gen. et sp. nov.
Trans. Roy. Soc. Edinburgh
LXV (1961-62), 79-87, 2 plates.