Frühe Landpflanzen, Mikroben und Pilze sind im
Hornstein von Rhynie zahlreich
überliefert. Viel weniger häufig, aber nicht wirklich selten, sind
kleine Tiere und deren Häutungreste anzutreffen. Sehr selten sind
Fundstücke wie das hier vorliegende mit mehr als einer Art kleiner
Tiere. Am einfachsten erkennbar sind die Querschnitte der Trigonotarbiden
und deren Häutungsreste, oft mit behaarten Beinen nahebei (Abb.1). Eine
kleine Neigung der Exuvie in Abb.1 bezüglich der Schnittebene kann hier
die Illusion einer dickenWand vermitteln,
aber
die Wand ist sehr dünn. Zwei Querschnitte
der Beine sind links deutlich sichtbar. Beine sind wichtige Körperteile
dieser
spinnen-artigen Einzelgänger
auf dem Trockenen.
Ganz anders ist der Anblick des scheinbar beinlosen Süßwasserkrebses Ebullitiocaris
(Abb.2): Dieses eiförmige, anscheinend vorwiegend seßhafte
algenfresssende Geschöpf ist meist zu mehreren zu sehen, manchmal
zahlreich und dicht gedrängt an überfluteten Landpflanzen sitzend.
Abb.1 (links außen): Trigonotarbid
(Palaeocharinus),
Häutungsrest mit zwei
Beinen, dünnwandig, leicht geneigte Querschnitte, mit bläulichem
Chalzedon innen längs der Wand abgelagert.
Abb.2
Ebullitiocaris,
eiförmige Hülle mit kleiner Öffnung, hier als einziges deutliches
Strukturmerkmal.
Bildhöhen 1mm.
Dieses Fundtück ist anscheinend das einzige mit Palaeocharinus
und Ebullitiocaris.
Zusätzlich zu diesen Tieren, die leicht als solche erkennbar sind,
bietet dieses Fundstück drei Phänomene, die schon mehrmals beschrieben,
doch nicht verstanden wurden.
Wahrscheinlich sind sie hier erstmalig kombiniert in einem
Pflanzenquerschnitt zu sehen: Abb.3.
Abb.3 (rechts,
Bildbreite 8mm): Aglaophyton
dreifach geschädigt:
(1) rätselhaftes "blütenförmiges" Lochmuster
im Gewebe,
(2) Gewebe geschädigt außer einer Randschicht: "hohler Halm",
(3) große Beule infolge fehlgeleiteten Wachstums.
zu (1): Anhand anderer Exemplare ist zu schließen, dass das Höhlensystem
im Gewebe längs des Sprosses verläuft und dabei sich mit dem
Spross gabelt. Eine Ursache für die Hohlraumbildung ist nicht erkennbar. (Siehe
Rhynie
Chert
News4.) In der aufrechten
lebenden Pflanze waren die Höhlen sehr wahrscheinlich leer.
zu (2): Nach der Bildung der Höhlen zerfiel das Gewebe dazwischen,
mit Ausnahme eines Streifens unerwartet gut erhaltener Zellen längs des
Randes, der wahrscheinlich das Leben des Halmes weiterhin ermöglichte.
zu (3): In einem frühen Stadium hatte fehlgeleitetes Wachstum eine große Beule mit kleinem schwarzem Grind
erzeugt und damit die Bildung des Lochmusters
und des Randstreifens gestört.
Die hier beschriebenen Phänomene konnten in der lebenden aufrechten
Pflanze entstanden sein, als die
Trigonotarbiden umherliefen, bevor die Vegetation überflutet wurde.
Dann gediehen Mikroben und Algen als Futter für die Kleinkrebse, die
nun zwischen den Pflanzenresten lebten. Alle Höhlen füllten sich mit
Wasser, auch jene, die jetzt leer sind. In den wassergefüllten
Höhlen in Abb.3 setzte sich der Chalzedon aus unbekanntem Grund sehr
unterschiedlich ab. In den nicht mit Chalzedon gefüllten Höhlen, unten im Bild,
nutzten die Hyphen eines aquatischen Pilzes die Gelegenheit, zu
wachsen und später sich mit winzigen Quarzkristallen zu ummanteln. Dann endete der diffusive Nachschub von SiO2 ,
und die Höhlen blieben bis jetzt leer, abgesehen von den ummantelten
Hyphen.
Die
Kutikula an der Oberfläche der Pflanze macht sich dadurch bemerkbar,
dass sie den von links unten kommenden Riss so ablenkt, dass er der
Oberfläche folgt, bis er in einen zerrütteten Bereich
gelangt.
Außerdem erwähnenwert ist hier eine Diskusson aus Rhynie
Chert News 105:
Die Wandstärke des hohlen Halmes in Abb.3 ist nicht, wie in [1]
angenommen, die Eindringtiefe
der Verkieselung, sondern folgt aus der Fähigkeit der lebenden Pflanze,
einen Teil des Gewebes vor dem Zerfall zu bewahren. Ein überraschender
Beleg dafür wird von einem sehr seltenen Phänomen geliefert, zu
sehen in Rhynie
Chert News 60,
dort Abb.4: Eine schadhafte Stelle am Rande war in einem frühen Stadium
mit einer Kappe überbrückt worden, deren Zellen ebenso wie die Zellen
längs des Randes in der lebenden Pflanze auf unbekannte Weise resistent
gemacht wurden. Folglich sind die im Fossil deutlich sichtbaren Wandstärken der Kappe und des Halmes durch aktives Wirken der lebenden Pflanze bedingt.
Wie schon 2010 bemerkt
und 2014 erneut angesprochen [2], wird Ebullitiocaris
in "Paleobotany" [3]
irrtümlich als Rotifer bezeichnet. (Siehe Fehler
und Irrtümer. Diese Fehldeutung gelangte zu:
fossilhunters.xyz ebullitiocaris:
... Peel Technique, Figure 157.)
Sample: Rh2/176.2, obtained from Shanks
in 2012.
H.-J.
Weiss
2021
[1] www.abdn.ac.uk/rhynie
[2]
H.-J.
Weiss: Rhynie
chert – Implications of new finds. EPPC 2014,
Padua.
[3]
T.N. Taylor,
E.L. Taylor, M. Krings: Paleobotany. Elsevier 2009, p 30.