Selektive Zerfallsresistenz weichen Gewebes früher Landpflanzen (1)
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Das Folgende betrifft, genauer gesagt, die auffällige Zerfallsresistenz kleiner Anteile des Gewebes, oft aber nicht immer anzutreffen in Aglaophyton and Ventarura [1], der häufigsten und der seltensten Landpflanze im unter-devonischen Rhynie chert. Einleitend sei erwähnt, dass das Xylem des zentralen Leitbündels mit seinen schmalen Zellen ein vergleichsweise "hartes" Gewebe ist, das gut erhalten bleibt, wenn der Rest deformiert oder zersetzt ist. Das Gewebe zwischen Epidermis und Phloem des Leitbündels nimmt den
größten Teil der Querschnittsfläche ein und wird Cortex (= Rinde) genannt.
Aglaophyton cross-section 4mm
Abb.1: Aglaophyton-Querschnitt, 4mm, mit dunklem Xylem, umgeben von hellerem Phloem, Epidermis, dazwischen Cortex als größter Anteil.

Ag ring Abb.2 (links): Aglaophyton als "hohler Halm", mit Xylem und Pilz-Vesikeln, außen herum Belag aus Kieselgel und Mikroben, Ring aus gut erhaltenen Zellen.

Das Cortex-Gewebe dient mehr als einem Zweck: Photosynthese, Füllung des Rohres zwecks mechanischer Stabilität, Zentrieren des Leitbündels. All das kann auch mit weniger Cortex erreicht werden, wie es bei Exemplaren zu sehen ist, die offenbar zu Lebzeiten dort große 
Hohlräume hatten. Wahrscheinlich kann die Pflanze mit noch weniger Cortex auskommen und mit (teilweise) hohlen Halmen leben. Hohle Halme von Aglaophyton, auf Querschnitten als Ring mit unerwartet gut erhaltenen Zellen zu sehen, sind nicht selten (Abb.2-4). Der Wandbelag aus gut erhaltenem Cortex-Gewebe ist erstaunlich, denn der Rest war schon vor dem Verkieseln verschwunden. Die vorgeschlagene Erklärung als schnelle Verkieselung einiger weniger Zellschichten [2,3] durch eindringende "Verkieselungsfronten" ist aus verschiedenen Gründen bezweifelt worden, wie von A. Channing [4]) . Sie wird auch von Abb.3 widerlegt, wo Schnitte von Aglaophyton mit unterschiedlichem Aussehen nahe nebeneinander liegen und deshalb den gleichen Verkieselungsbedingungen ausgesetzt waren.

two Aglaophyton sections of different aspectAbb.3: Aglaophyton mit sehr unterschiedlichem Aussehen.

Offenbar waren hier andere Prozesse im Gange als eindringende Verkieselungsfronten. Diese Prozesse können wahrscheinlich auf etwas Einfaches reduziert werden: Es begann nicht mit Verkieselung, sondern mit Fäulnisresistenz der äußeren Zellschichten. Es wäre interessant zu wissen, ob die Pflanze für eine Weile als hohler Halm leben konnte, während der größte Teil des Gewebes mehr oder weniger zerfallen war. Nach Hinweisen dazu wurde noch nicht gezielt gesucht.

Aglaophyton, hole repairedAbb.4 (rechts): Aglaophyton, Cortex verrotted, ausgenommen eine Schicht längs des Randes, hier mit der sehr selten anzutreffenden Überbrückung eines Loches in der unverrottbaren Schicht. Breite der Kappe 2mm.


Es zeigt sich, dass die gut erhaltene Wand nicht mittels des einfachen Prinzips zustande kam, periphere Zellschichten mit Fäulnisresistenz auszustatten. Nach Abb.4 muss ein komplizierterer Prozess beteiligt gewesen sein, der die Pflanze befähigte, einen Schaden
in der unverrottbaren Wand mit einer unverrottbaren Kappe unschädlich zu machen. Hohle Halme von Aglaophyton (wie in Figs.2-4) haben oft aber nicht immer eine schwarzen Belag auf den Zellwänden, wodurch sie zwischen den übrigen bleichen Pflanzenresten auffallen. Es gibt also zusätzlich zu dem Wandbelag bestehend aus fäulnisresistentem Gewebe noch einen Wandbelag im Kleinen, nämlich an den fäulnisresistenten Zellwänden. 
Das Phänomen der deutlich begrenzten gut erhaltenen Gewebestruktur inmitten allgemeiner Zersetzung wurde durch die Entdeckung von Ventarura noch rätselhafter: Deren Querschnitte sind oft aber nicht immer auffällig wegen eines konzentrischen Ringes ähnlich wie in Abb.2-4, aber innerhalb des Cortex liegend, meist mit deutlichem Abstand zur Epidermis (Abb.5).
Ventarura cross-sectionAbb.5: Ventarura, Querschnitt 7mm, mit einem Ring aus gut erhaltenen Cortex-Zellen, übriges Cortex-Gewebe und Epidermis völlig zersetzt.

Ähnlich wie bei Aglaophyton sind auch hier gute Erhaltung und dunkles Aussehen nicht miteinander gekoppelt. Wenn der gut erhaltene Ring 
nicht dunkel ist, kann er leicht übersehen werden so dass das Fossil nicht als Ventarura erkannt wird. Zellwände mit und ohne schwarzen Belag können gemeinsam im gleichen Ring und auch in der gleichen Zelle vorhanden sein (Abb.6).
Ventarura ring detail
Abb.6 (rechts): Ventarura. Man beachte die Zellen mit oder ohne dunklen Wandbelag, auch solche mit und ohne dunklen Belag auf Teilen der Zellwand, und Wände, die keine geschlossene Zelle bilden.

Die Deutung der Zellen mit dickwandigem Aussehen als Sklerenchym in [1] kann hier widerlegt werden. Das wird auch durch Abb.7 bestätigt, wo man sieht, dass der schwarze Belag abplatzen kann und deshalb sehr wahrscheinlich kein Bestandteil der Zellwand ist. Wo der Ring durch einen solchen Folgeprozess sein dunkles Aussehen verloren hat, sind bei geeigneter Beleuchtung die dünnen Zellwände wieder deutlich sichtbar, weniger deutlich in Abb.7, wo stellenweise noch schwarze Krümel an den Wänden sitzen. 
Außerdem zeigt Abb.7, dass
Ventarura leicht als Aglaophyton fehlgedeutet werden kann, wenn der Ring weit außen liegt, nachdem der äußere Teil des Cortex zersetzt und verschwunden ist. Im Zusammenhang damit ist der umgekehrte Fall zu erwähnen: Aglaophyton wurde schon einmal als Ventarura fehlgedeutet.
Ventarura ring bleached
Abb.7: Ventarura, schräger Schnitt, gut erhaltener Ring aus Zellen mit dunklem Wandbelag, teilweise zu Krümeln reduziert..


Zusammenfasssung
(1) Zerfallsresistente Bereiche des Cortex, ringförmig auf Querschnitten, gibt es oft am Rande von Aglaophyton und regelmäßig in Ventarura.

(2) Das zerfallsresistente Gewebe kann in der abgestorbenen Pflanze einen Prozess fördern oder induzieren, der die Zellwände dunkel und dick aussehen lässt.
(3) Das Gewebe mit dunklen Zellwänden in Ventarura wurde als Sklerenchym fehlgedeutet.
(4) Das ähnliche Aussehen des
zerfallsresistenten Gewebes der zwei sehr unterschiedlichen Pflanzen lässt ähnliche Bildungsweise vermuten, was für eine Deutung hilfreich sein kann. 
(5)
Zerfallsresistenz und dunkler Belag betreffen nicht nur ganze Zellen, sondern oft nur Teile der Zellwand.
(6) Es bleibt die Frage, welche Prozesse auf so ein rätselhaftes Ergebnis führen.

H.-J. Weiss       2014        leicht geändert 2015

[1]  C.L. Powell, D. Edwards, N.H. Trewin: A new vascular plant from the Lower Devonian Windyfield chert, Rhynie, NE Scotland.
      Trans. Roy. Soc. Edinburgh, Earth Sci. 90(2000 for 1999), 331-349.
[2]  C.L. Powell, N.H. Trewin, D. Edwards: Palaeoecology and plant succession in a borehole through the Rhynie cherts, ...
      Geological Society, London, Special Publications 180 (2000), 439-457.
[3]  www.abdn.ac.uk/rhynie, Chapter Taphonomy.
[4]  A. Channing:  Processes and Environments of Vascular Plant Silicification: Thesis, Chapter 6, Cardiff University, 2001.
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