Seltsame Höhlen im Gewebe früher Landpflanzen
English version

Auffällige Muster radial ausgerichteter Höhlen auf Pflanzenquerschnitten im Hornstein von Rhynie, wie in Abb.1-5, waren als Schrumpfrisse zerfallenden Gewebes gedeutet worden, bevor der Verdacht aufkam, in der lebenden Pflanze könnten Pilze irgendwie das Wachstum beeinflusst haben.
void pattern
void patternvoid pattern10void patternvoid pattern









Abb.1-5:  Höhlen in Aglaophyton, Querschnitte mit geschädigtem oder intaktem Gewebe. Alles gleiche Vergrößerung. Abb.5: 6mm.

Stark geschrumpftes und kollabiertes Gewebe ist zwischen den Höhlen
in Abb.1,2,3,5 zu sehen, was aber nicht bedeutet, dass die Höhlen nur eine Folge des Zerfalls sind. Ein frühes Stadium der Hohlraumbildung (Abb.4) lässt auf die Beteiligung komplexerer Prozesse schließen. Das Gewebe neben den Höhlen sieht nicht geschädigt aus, nur deformiert. Gut erhaltenes Gewebe an den Ecken (Kanten in 3D) ist in Rhynie Chert News 4 deutlich zu sehen.
Zusätzliche Argumente kommen von zunächst rätselhaften "Zwillingsmustern", wo beide Hälften eines gegabelten Sprosses das gleiche Muster haben.
(Siehe Rhynie Chert News 21, 54.) Das Muster muss von der Basis der Gabel übernommen worden sein, denn es konnte kaum in beiden Hälften una bhängig voneinander entstehen. Eine Tendenz zur Hohlraumbildung folgte anscheinend der Gabelung und gelangte in die Zweige, bevor die Höhlen sich ausbildeten.
different holes in Aglaophyton
Es ist merkwürdig und unverständlich, dass die Anordnung sehr variabel sein kann: chaotisch wie in Abb.5 oder geordnet wie in Abb.4.
Die Idee einer ursächlichen Beteiligung von Pilzen an den Fehlbildungen ist hier nicht unmittelbar zu belegen, aber Indizien wie in Abb.6 sprechen anscheinend dafür.

Abb.6: Querschnitt von Aglaophyton mit zwei Höhlen unterschiedlicher Ursache: von einem unbekannten Tier gefressenes Loch und eine Fehlbildung im Gewebe. Bildgröße 4mm.


Der symmetrishe Hohlraum in Abb.6 ist vergleichbar mit den drei Höhlen in Abb.4: Ein Unterschied besteht darin, dass das umgebende Gewebe fehlgeleitetes Wachstum aufweist, was in Abb.4 nicht zu beobachten ist.
Fehlgeleitetes Wachstum bei Pflanzen infolge Pilzbefall ist eine bekannte Erscheinung. Deshalb ist die Annahme naheliegend, auch die vorliegenden Strukturen seien unter der Einwirkung von Pilzen zustande gekommen, die sich in der lebenden Pflanze angesiedelt hatten. Ungeachtet der Unterschiede in Abb.6 und Abb.4 ist zu vermuten, dass beide Fehlbildungen durch Pilze verursacht wurden.

Pilze aus der Klasse der Chytriden, die im devonischen Lebensraum von Rhynie vorhanden waren, können Pflanzenzellen sehr stark aufblähen [2]. Daraus folgt die Vermutung, dass alle seltsamen Höhlen in Abb.1-6 auf Hypertrophie durch Pilze zurückzuführen sind. Auf welche Weise ein Pilz diesen komplexen Prozess steuern konnte, bleibt rätselhaft.
 

H.-J. Weiss    2017

[1]  www.abdn.ac.uk/rhynie
[2] T.N.Taylor, M. Krings, E.L. Taylor: Fossil Fungi, Elsevier 2015, p.64.


117

Übersicht
Rhynie Chert News
deutsch
Pilze
Rhynie Chert