Auffällige Hohlräume im Gewebe früher Landpflanzen
aus dem Unter-Devon, wie jene in Abb.1, waren als Schrumpfrisse in der
abgestorbenen Pflanze gedeutet worden [1], was bei genauerer
Betrachtung zweifelhaft erscheint. Es gibt Gründe zu der Annahme,
die Hohlräume seien in der lebenden Pflanze als Ergebnis einer
Wachstumsanomalie entstanden, wie in Rhynie
Chert News 4,
21
erläutert. Diese unübliche Deutung wird hier mit weiteren fossilen
Belegen gestützt.
Abb.1: Aglaophyton,
schräger Schnitt oberhalb einer Gabelung des
Leitbündels aber unterhalb der Gabelung des Sprosses, mit Hohlräumen
infolge Wachstumsanomalie, radial ausgerichtet bezüglich jeden Zweiges
des geteilten Leitbündels. Bildbreite
8mm.
Belege für die komplexe Beziehung zwischen
frühen Landpflanzen und Pilzen sind in dem unter-devonischen
Lebensraum, der gut verkieselt als Rhynie Chert
bekannt ist, häufig anzutreffen. Zellen
mit dunkler Füllung, auf Querschnitten gewöhnlich als konzentrischer
Ring sichtbar, sind von einer Erscheinung verursacht, die als
"Arbuscular Mycorrhiza" bekannt ist und als Symbiose gedeutet wird [2].
Sie sind hier als dunkle Punkte zu sehen, in lockerer Reihe mit Abstand
zum Rand (der hier nahe der Gabelung nicht kreisförmig ist). Das
beweist
die Anwesenheit eines Pilzes in der lebenden Pflanze.
Weitere Beweise für die Anwesenheit
von Pilzen in lebenden Exemplaren früher
Landpflanzen gibt es in Abb.2,3.
Abb.2: Rhynia,
1.5mm breit, mit Pilz in dunklen Zellen.
Offensichtlich ist der Pilzbefall in Abb.2 nicht auf eine ringförmige
Anordnung beschränkt, wie sie oft in Aglaophyton und
weniger oft in Rhynia
zu sehen ist. Obwohl der ganze Querschnitt befallen ist, scheint das
Gewebe gut erhalten zu sein, so dass anzunehmen ist, auch dieser Pilz
sei in der lebenden Pflanze gewachsen und habe dabei keinen sichtbaren
Schaden verursacht. (Siehe auch Rhynie
Chert News 32.)
Ein anderer Typ des Pilzbefalls ist undeutlich in Abb.3 sichtbar, wo
Hyphen längs eines Sprosses von Aglaophyton gewachsen
waren. (Hier lag das Leitbündel oberhalb der Schnittebene und ist
folglich weggeschnitten worden.) Aus unbekanntem Grund war das meiste
Gewebe hier verschwunden, so dass die Hyphen hier besser sichtbar sind
als bei vorhandenem Gewebe. In der abgestorbenen Pflanze im
zerfallenden Gewebe wären sie wahrscheinlich in beliebige Richtung
gewachsen, folglich scheint die parallele Anordnung anzudeuten, dass
auch sie in der lebenden Pflanze wuchsen.
Abb.3 (rechts): Aglaophyton, 4.5mm
breit, anscheinend hohl, mit schwach sichtbaren längs angeordneten
Hyphen.
Die Verbreitung der Pilze als Symbionten
oder Parasiten in
den frühen Landpflanzen [2] führt zu der Vermutung, sie seien die
Ursache für die großen und kleinen Hohlräume im Gewebe, die sich nicht
auf Schrumpfen oder Fraßschaden zurückführen lassen. Dafür
sprechen die seltenen Fälle, wo die Hohlräume in benachbarten
Querschnitten nahezu spiegelsymmetrisch zueinander angeordnet sind.
Abb.1 zeigt ein solches "Zwillingsmuster", bevor es sich in zwei
Querschnitte trennt. Die beiden Muster konnten kaum unabhängig
voneinander entstanden sein. Sie müssen bei der
Gabelung des Sprosses symmetrisch in
die Zinken der Gabel übertragen worden sein. (Gleiches
gilt für Rhynie
Chert News 55,
Abb.1.)
Folglich sind die Hohlräume durch fehlgesteuertes
Wachstum entstanden, sehr
wahrscheinlich unter dem Einfluss von
Substanzen, die von einem
Pilz abgegeben wurden. Die Deutung der Hohlräume als Folge von
Zerfallsprozessen in der abgestorbenen Pflanze [1] ist deshalb falsch.
Nachdem das "Zwillingsmuster" auf eine Deutung der Hohlräume geführt
hat, die der gängigen Vorstellung widerspricht, wird nun hier ein
besonders auffälliges blumenartiges Muster nur wegen seiner Schönheit
gezeigt (Abb.4). Es ist anscheinend ein extremes Beispiel für
fehlgesteuertes Wachstum, aber es ist auch denkbar, dass mehr als ein
Prozess beteiligt war. Nach dem Aussehen des Gewebes längs des Randes
zu urteilen, könnte die Pflanze gelebt haben, während das Innere auf
einige Stränge reduziert war, die das Leitbündel in der Mitte hielten.
Abb.4: Aglaophyton,
5mm breit, durch Hohlräume auffällig strukturiert.
H.-J.
Weiss
2014
[1] www.abdn.ac.uk/rhynie
[2] T.N. Taylor,
E.L. Taylor :
The Rhynie chert ecosystem: A model for understanding fungal
interactions,
in:
Microbial Endophytes, eds. Ch.W.
Bacon, J.F. White Jr.; Marcel Dekker Inc.
2000.