Funny faces (deutsch)
Bei der großen Vielfalt fossiler Formen ist es nicht
verwunderlich, dass einige als spaßig empfunden werden. Diese sind
besonders geeignet, paläontologische Information in kleinen Portionen
kurzweilig zu vermitteln und damit eine Abwechslung gegenüber der
bloßen Aufnahme von Fakten zu bieten.
Links außen: Minky
, Reading 2012
Links: Nothia,
Rhynie 400 000 000 v. Chr.
Schräger Schnitt durch diese weniger häufige Pflanze im Hornstein
von Rhynie, vor dem Verkieseln hohl durch teilweisen Zerfall des
Gewebes, mit doppeltem Leitbündel infolge Gabelung, ein Strang in der
Höhle sichtbar.
Foto: H.
Sahm, Dresden.
Rechts außen: Leicht schräger Querschnitt der häufigsten Pflanze
im Hornstein von Rhynie (Unter-Devon), Aglaophyton,
auch
bekannt
als Rhynia major.
Dieses Exemplar hatte einen Teil des Gewebes zu Lebzeiten verloren, was
man aus der Reaktion der Pflanze schließen kann, die
sich unten als dunkle Linie zeigt. Das
zweite "Auge" ist ein kugelförmigs Gebilde, hervorgebracht
von der
Ansammlung von Pilzfäden, die wahrscheinlich in der toten Pflanze
gewachsen waren.
(Das typische Aussehen des
symbiotischen Pilzes Glomites,
der in lebendem Aglaophyton wächst,
ist anders. Siehe
Rhynie
Chert News 32.)
Man beachte auch die mit Quarzkristallen ausgekleideten Höhlen.
Rechts: Sorgenvoll in der
Finanzkrise.
Kieselhölzer
vom
Nadelholz-Typ,
gemustert infolge selektiver Verkieselung, siehe Fossil Wood
News 2.
Links außen: "Täusch-Tempskya",
Einzelheit eines sehr schön gemusterten Kieselholzes
des Nadelholz-Typs,
fehlgedeutet als kreidezeitlicher Farn Tempskya
auf mehreren niederländischen Websites,
siehe Google: Tempskya determinatie Hans Kerp .
Tempskya
ist ein kleiner Baumfarn, dessen Stamm aus
mehreren sehr dünnen Stämmchen und zahlreichen
Luftwurzeln besteht, alles verwachsen zu einem
Verbundstamm. Dementsprechend sieht man im Querschnitt
zahlreiche millimetergroße rundliche Schnitte mit konzentrischer
Struktur. Die Querschnitte in diesen Bildern können konzentrisch
erscheinen, zeigen aber bei genauerem Hinsehen
eine Textur. Die mehr oder weniger undeutlich
sichtbaren Zellreihen in den zwei Bildern geben die radiale
Richtung des Koniferenholzes an.
Fehldeutung gemusterter
Kieselhölzer infolge ungenauer
Betrachtung ist eine bekannte Fehlerquelle.
Rechts: Kieselholz vom
Nadelholz-Typ (Oregon), Zuwachszonen deutlich
unterschiedlich im Aussehen und im mechanischen Verhalten vor dem
Verkieseln.
Die rhombischen Querschnitte lassen sich mit einer Folge von Schritten
erklären:
Schrumpfen des weichen Holzes, Bildung schmaler Schrumpfrisse,
Einwanderung und Ablagerung von Kieselsäure entlang der Risse so dass
die Wände der Risse mit festem SiO2
belegt
werden, senkrechte Stauchung mit Ausknicken der Wandschichten* im
weichen Holz, weitere Stauchung mit Auseinanderschieben der geknickten
Wände* in die rhombische
Form, Ablagerung von mehr Kieselsäure in den Hohlräumen und im Holz.
Weitere Erläuterungen sind beschrieben in:
Fossilien 20(2003), 330.
Das polierte Kieselholz wurde von R. Henzel,
Celle, geliefert.
* Änderung
2013: Bei genauerer Betrachtung zeigte sich kein Hinweis auf
das
vermutete Knicken der silikatischen Wandbeläge. Anscheinend sind die
Ecken durch Knicken der steifen Markstrahlen im weichen Holz
entstanden.
Links: Querschnitt eines
mehrfachen Sprosses einer frühen Landpflanze aus der Familie der Zosterophylle,
entweder Trichopherophyton
oder Ventarura.
In der wissenschaftlichen Literatur wurden ähnliche Querschnitte dieser
Pflanzen wiederholt als neue Rhizome gedeutet, die zufällig in
zerfallende eingedrungen und innen entlang gewachsen waren. Es gibt
jedoch Belege
dafür, dass es ein besonderes Wachstum ist, eine wahre Erfindung,
anscheinend eines Vorfahren dieser unter-devonischen Pflanzen,
mittels derer die jungen Sprosse die alten als Stütze und schützende
Hülle nutzen
können. So etwas ist mehrmals unabhängig voneinander erfunden worden,
mit Blättern statt Sprossen, z.B. von den Zwiebeln.
Rechts: Watteartige Büschel der fadenförmigen Blaualge Croftalania
venusta auf einem teilweise zersetzen
überfluteten Spross von Horneophyton mit
geteiltem Leitbündel.
Die
3µm dicken Fäden waren auf Unterlagen im überfluteten Biotop gewachsen,
hier auf toten Landpflanzen, aufwärts zum Licht. Bedenkt man, dass die
Fäden unabhängig voneinander wachsen, verlangt die gestylte "Frisur"
nach einer Erklärung. Es gibt fossile Belege für die Annahme, der
Kleinkrebs Castracollis
habe die Fadenbündel glatt abgefressen und damit die Kontur erzeugt
[1].
Links: Was aussieht wie ein schwabbeliges Monster mit
feurigen Augen ist der Querschnitt eines Sprosses von Nothia aphylla
(siehe oben), infolge teilweiser Zersetzung geschrumpft
und deformiert,
mit gegabeltem Leitbündel. Unter Hunderten Querschnitten von Nothia
sehen einige wie Gesichter aus, dabei sind gelbe Augen viel
seltener als dunkle. Nothia hatte
auch im lebenden Zustand eine buckelige Oberfläche, aber die
auffälligen Runzeln fossiler Exemplare entstanden
durch weitgehendes Schrumpfen des
abgestorbenen Gewebes im Innern.
Diese 8 Bilder geschrumpfter Nothia- Querschnitte
sind alle im gleichen kleinen Stück Rhynie
Chert.
Was man heutzutage "Emoticons" nennt, gab es
offenbar schon vor 400 Mill. Jahren.
"Fossile Gesichter" können spaßig
aussehen, aber eines (hier rechts) war unheimlich, weil die "Eule"
plötzlich begann, langsam ein Auge zu öffnen. Aus einem Hohlraum kam
eine Luftblase hervor
gekrochen, während eine Hälfte des durchgesägten Hornsteins mittels
Mikroskop untersucht wurde, mit einem Tropfen Zedernöl auf dem
polierten Querschnitt von Ventarura,
um Kratzer zu verbergen.
Dieses Bild wurde zur Konferenz EPPC 2014 gezeigt [1] und gleichzeitig
in einer Ausstellung im Rathaus von
Padua, mit der Bildunterschrift (im Original engl.):
"Vorsicht! Ventarura
beobachtet dich ! Das soll die Paläobotaniker dazu anregen, so
sorgfältig zu arbeiten, als würden sie beobachtet."
Aus den Fehlern
und Fehldeutungen in der Paläobotanik-Literatur ist zu
schließen, dass solche Anregung nötig ist.
Nothia
kann eine erstaunliche Vielfalt von Gesichtern bieten: spaßig, furchterregend , oder rätselhaft.
Ein zufälliger Schnitt zeigt ein
Sporangium als Fressnapf voller Diamanten,
besucht von einem Fabelwesen.
[1] H.-J.
Weiss: Rhynie chert -
Implications of new finds,
European Palaeobotany and
Palynology Conference 2014, Padua.
H.-J.
Weiss
2012, 2013, 2014, 2018, 2021