Zosterophylle mit eigenartigem Verzweigungstyp ?
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Zwei seltenere Pflanzen im Rhynie Chert, Trichopherophyton und Ventarura, sind den Zosterophyllen zugeordnet worden, einer Pflanzengruppe, die anscheinend nur im Devon nachgewiesen ist. Die Zosterophylle sind entwicklungsgeschichtlich interessant, weil sie als Vorfahren der Lycophyten gelten, zu denen die Bärlappe gehören.
Trichopherophyton ist nicht wirklich selten, wurde aber anscheinend oft übersehen, weil die oberen Teile der Pflanze mit den charakteristischen abstehenden Borsten viel seltener gefunden werden als die kahlen unteren Teile, die wahrscheinlich unterirdisch oder untergetaucht waren und deshalb öfter verkieseln konnten. Das seltsame Phänomen eines Sprosses von Trichopherophyton im Innern eines anderen (Abb.1) wurde wiederholt als zufälliges Eindringen gedeutet [1,3]. Eine ganz andere Deutung wird hier vorgestellt. 
Trichopherophyton-Querschnitte: neue Sprosse in älteren
Abb.1: Trichopherophyton- Querschnitte: neue Sprosse in älteren an der unbearbeiteten Oberfläche eines Fundstücks. Bildbreite 8mm.

Eng benachbarte Trichopherophyton-Querschnitte können in großer Zahl auch auf Flächen kleiner Fundstücke sichtbar sein, woraus folgt, dass es Schnitte aufrechter Sprosse sind, denn kriechende Achsen wären sehr wahrscheinlich mit zufälliger Orientierung in einer Ebene verteilt. Ineinander geschachtelte aufrechte Achsen sind unerwartet oft zu sehen. Außerdem ist die angeblich unterwanderte Achse nicht immer im Zustand des Verfalls, und es gibt sogar seltene Fälle mit guter Erhaltung, die einen lückenlosen Zusammenhang der Zellstruktur an der Grenzfläche erkennen lassen (Abb.2,3).

Diese Beobachtungen deuten auf etwas Interessanteres hin als zufälliges Eindringen: Nach Gabelung des Leitbündels wachsen beide Stränge zunächst innerhalb des einen Sprosses weiter, wobei ihr Abstand zunimmt, ohne dass der Spross sich teilt. Einer der beiden Stränge umgibt sich gelegentlich mit einer deutlichen Grenze, die im gemeinsamen Querschnitt einen kreisförmigen „Claim“ abgrenzt.

Trichopherophyton-Querschnitt, Zeichnung
Trichopherophyton-Querschnitt: neuer Spross in älterem


Abb.2 (rechts): Trichopherophyton-Querschnitte des geschachtelten Typs, ohne Anzeichen von gedrücktem Gewebe. Bildbreite 2mm.

Abb.3: wie Abb.2, Beleg für lückenlosen Zusammenhang des Gewebes an der inneren Grenze, was die in [1,2,3] gegebene Deutung als zufälliges Eindringen widerlegt.

Nach Abb.2 und 3 erfolgt die Aufteilung des Querschnitts ohne Zusammendrücken von Zellen, das bei einem Eindringen zu erwarten wäre. Anscheinend bleibt der innere Spross zunächst in der Entwicklung zurück, erkennbar an dem dünneren Leitbündel (Abb.1,2), übernimmt aber später die Führung, während der äußere Teil schmaler wird und möglicherweise später abstirbt (Abb.4). Dieser Vorgang kann sich wiederholen, so dass die Sprosse sich mit Hüllen umgeben.

Trichopherophyton-Querschnitte: neue Sprosse in alten, spätes StadiumAbb.4: Trichopherophyton-Querschnitte, späterer Zustand mit kräftigem innerem Spross (unten links), während der äußere auf eine Hülle reduziert ist, die aufreißen und als sichelförmiger Rest sich ablösen kann, wie bei dem anderen Spross geschehen (rechts). Bildbreite 6.5mm.

Hüllen aus alten Pflanzenteilen wirken in mehrfacher Weise als Schutz, wie es von Blütenpflanzen, z.B. Zwiebeln, allgemein bekannt ist. Es ergibt sich die Frage, ob die spezielle bei Trichopherophyton beobachtete Bildungsweise schützender Hüllen auf Zosterophylle beschränkt ist oder auch bei anderen Pflanzen realisiert wird.
Da es also gute Gründe für ein derart geschachteltes Wachstum gibt, überrascht es nicht, dass es auch bei Ventarura, dem zweiten Zosterophyll im Rhynie-Hornstein, zu finden ist. Wenige Beispiele aus dem Windyfield-Hornstein, einer Variante des Rhynie-Hornsteins, sind in [2] erwähnt, und eines ist dort abgebildet und als Rhizom gedeutet, das längs eines alten Bruchstücks gewachsen war, obwohl das Ganze senkrecht stand. Eigene Funde lassen vermuten, dass Ventarura im unteren Bereich in der gleichen ungewöhnlichen Weise verzweigen kann wie Trichopherophyton, so dass man für ineinander geschachtelte Achsen keine Erklärung mittels unwahrscheinlicher Zufälle braucht.
Es sei erwähnt, dass die hier gegebene Deutung auf Querschnitten beruht, die an der Oberfläche des Fundstücks oder auf willkürlich gewählten Schnittflächen sichtbar sind. Serienschnitte könnten besser fundierte Schlussfolgerungen ermöglichen.

H.-J. Weiss      2006, revised version 2008

[1] A.G.Lyon, D.Edwards: The first zosterophyll from the Lower Devonian Rhynie Chert,
      Trans. Roy. Soc. Edinburgh, Earth Sciences, 82(1991), 323-332.
[2]  C.L. Powell, D. Edwards, N.H. Trewin: A new vascular plant from the Lower Devonian Windyfield chert, Rhynie, NE Scotland.
      Trans. Roy. Soc. Edinburgh, Earth Sci. 90(2000 for 1999), 331-349.
[3]  D. Edwards : Embryophytic sporophytes in the Rhynie and Windyfield cherts.
      Trans. Roy. Soc. Edinburgh, Earth Sci. 94(2004 for 2003), 397-410.
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