Nothia zum Fürchten
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Nothia sectionFür den, der die Fossilien im Hornstein von Rhynie kennt, muss diese Überschrift unpassend erscheinen. Immer wenn ein freundliches oder seltsames "Gesicht" auf einer Oberfläche oder Schnittfläche erscheint, ist es meist ein Querschnitt der kleinen Pflanze Nothia (Fig.1).
Man hätte nicht vermutet, dass diese frühe Landpflanze schon ein kompliziertes System zur Abschreckung unwillkommener Besucher entwickeln konnte.

Abb.1: Nothia, Teil eines Querschnitts eines gegabelten Sprosses nahe am Verzweigungspunkt, mit Querschnitten großer Röhren. Bildbreite 4.3mm.

Diese kleine unter-devonische Pflanze ist durch ein einzigartiges Merkmal ausgezeichnet: große Röhren unter der Oberfläche, mit Volumina so groß wie Hunderte normaler Zellen zusammen, zuerst in [1] beschrieben und als Wasserbehälter gedeutet, später anhand eigener Funde versuchsweise neu interpretiert [2]. Die Röhren sind hier deutlicher als gewöhnlich sichtbar. Sie sind vermutlich mit einer Flüssigkeit gefüllt, die bei Anzapfen heraus quillt und kleine Pflanzenfresser abschreckt, die an den Pflanzensaft oder an die Sporen gelangen wollen.
Der Schnitt in Abb.1 geht durch eine Stelle, wo der gegabelte Spross noch nicht ganz geteilt war. Das zentrale Leitbündel war zweifach gegabelt, davon sind zwei Querschnitte hier im Bild.
Die großen Röhren liegen hier gehäuft an der Oberfläche in Längsrichtung des Sprosses. Möglicherweise verlaufen sie in die Stiele und Wände der Sporenkapseln, wo deren Querschnitte das Bild eines Monsters mit 4 Augen vermitteln können (Abb.2)

Um Abb.2 zu verstehen, stelle man sich die Sporenkapsel räumlich vor, mit einem "Maul" so breit wie die Kapsel. Das ist so zur Schnittfläche gelegen, dass das Schnittbild zunächst verwirrend erscheint: Die obere "Lippe" samt Röhren ist als Querschnitt zu sehen. Die untere "Lippe" ist so gewölbt und positioniert, dass die Röhren nahezu als Längsschnitte in der Bildfläche liegen. Das "Maul" öffnet sich bei Reife und entlässt die Sporen.
Die besonderen Strukturmerkmale lassen Nothia als eine weit entwickelte frühe Landpflanze erscheinen.

Nothia capsule "mouth"Abb.2 (rechts): Selten deutliche Sicht auf das "Maul" eines Sporangiums von Nothia, mit großen Röhren als Quer- und Längsschnitte. Bildbreite 2mm.

Die Deutung der Röhren als Behälter für abschreckende Flüssigkeit wird durch drei Beobachtungen nahegelegt:
 - Die unteren Teile der Pflanze haben keine Röhren [1].
 - Die Röhren entstanden anscheinend durch Auflösen vieler Zellwände
    an und nahe der Oberfläche [2].
 - Das Auflösen von Zellwänden zum Erzeugen von Röhren für abschreckende Flüssigkeit
    ist von heutigen Blütenpflanzen bekannt
.
Nothia sectionDie Röhren sind gewöhnlich so angeordnet, das nur ein schmaler Streifen längs der Epidermis zu sehen ist, wie in Rhynie Chert News 57. Dort weisen Abb.6,7 auf eine große Röhre unter der Oberfäche hin. Das passt zum Querschnitt der Röhre oben rechts in Abb.2. Andere Querschnitte sind hier und anderswo weniger deutlich zu sehen. Manche Röhren mit elliptischem Querschnitt in Abb.1 scheinen unter der Epidermis zu liegen.

Es bleibt zu hoffen, dass andere Fundstücke mit deutlicheren Einzelheiten für oder gegen die Idee der Giftröhren sprechen. Leider sind die meisten Schnittbilder hier nicht hilfreich, wie das furchterregende in Abb.3.

Abb.3: Querschnitt von Nothia, vor dem Verkieseln hohl, teilweise mit grobkristallinem Quarz gefüllt. Bildbreite 3.5mm.


H.-J. Weiss       2017


[1]  H. Kerp, H. Hass, V. Mosbrugger: New data on Nothia aphylla,
       in: P.G. Gensel, D. Edwards (eds.): Plants Invade the Land, N.Y. 2001
[2]  Rhynie Chert News 33.
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