Dieses Fossil auf der Schnittfläche eines kleinen Fundstücks (1998) war rätselhaft geblieben, bis 2000 die erste Publikation zu Ventarura [1] erschien. Zufällig enthält dieser erste eigene Fund von Ventarura eine eingerollte Spitze, die einzige jemals gesehene: Rhynie
Chert
News 3. Ventarura
ist die zuletzt entdeckte Höhere Pflanze im Hornstein von Rhynie. Man hatte angenommen, sie sei auf eine besondere und örtlich
begrenzte Variante des Rhynie Chert beschränkt, Windyfield Chert
genannt. (Daher der Name der Pflanze, wörtlich "windiges Feld".)Diese Annahme war falsch. Alle eigenen Funde von Ventarura wurden an anderen Stellen gefunden.
Ventarura gehört wie das zuvor entdeckte Trichopherophyton
zu
den Zosterophyllen, einer im Unter-Devon weit verbreiteten
Pflanzengruppe.
Das charakteristische Merkmal,
ein Rohr mit deutlich sichtbarer Zellstruktur inmitten zersetzten
Gewebes befindet sich nur in den
seltener erhalten gebliebenen oberen Teilen der Pflanze. Dieses
fäulnisresistente Rohr,
im Querschnitt nahezu kreisrund im Gegensatz zur runzeligen Außenseite des Sprosses, ist besonders dann auffällig, wenn
ein dunkler Belag
aus Mikroben dicke Zellwände vortäuscht. Die gängige
Deutung als Sklerenchym [1,2] ist abzulehnen: Rhynie Chert
News 60,
82,
174.
Ohne Querschnitte mit Ring wird Ventarura
gewöhnlich nicht erkannt. Auch Querschnitte mit Ring sind nicht leicht
als Ventarura erkennbar, wenn der Umriss nicht runzelig ist, sondern glatt und
kreisförmig, und wenn die Zellwände nicht dunkel belegt sind: Rhynie
Chert News58.
Ein oder mehrere jüngere Sprosse innerhalb eines älteren sind sehr
wahrscheinlich ein Zosterophyll. (Siehe Rhynie
Chert News16.)
Hohle Halme von Aglaophyton
mit einigen Reihen gut erhaltener Zellen unter der Oberfläche können
mit Ventarura
verwechselt
werden (was schon geschehen war): Rhynie
Chert News 66.
Folgende Regeln helfen dabei,
Verwechslungen zu vermeiden:
Es ist meist Ventarura,
wenn der Ring aus deutlichen Zellen ...
... auch bei runzeligem Außenrand (nahezu) kreisrund ist,
... Abstand zum Außenrand hat, Es ist fast niemals Ventarura,
wenn man
die Epidermis sieht:
Rhynie
Chert News 61,
91.
Es ist nicht bekannt, ob Ventarura
mit dem nicht verrottenden Rohr einmalig
ist oder ob ein solches auch in anderen fossilen oder lebenden Pflanzen
vorhanden ist.
Der nicht selten zu beobachtende Erhaltungszustand von Aglaophyton
als hohler Halm, dessen Entstehung falsch gedeutet wurde, kommt
möglicherweise durch die gleiche Folge von Prozessen zustande und kann
deshalb zu einer Erklärung der auffälligen Ringe in den Querschnitten
beider Pflanzen führen:
Rhynie
Chert News 83
.
Mehr als ein Dutzend bisher gefundene kleine Hornsteine
mit Ventarura
deuten an, dass diese Pflanze im Rhynie Chert weiter verbreitet ist,
aber
übersehen wurde. Folglich sind weitere Funde zu erwarten, mit deren
Hilfe die verbliebenen Fragen zu den
Eigenheiten dieses Fossils beantwortet werden könnten.
Ein Querschnitt mit ungewöhnlichem Aussehen wird in Rhynie Chert
News 96
kommentiert.
Bedenkt man, dass Ventarura und Trichopherophyton die
weniger häufigen Landpflanzen im Hornstein von Rhynie sind, erscheint
das Vorhandensein beider im gleichen Fundstück als ein seltener Zufall:
Rhynie
Chert News 95
.
Ein ansehnlicher Querschnitt von Ventarura mit
deutlichem Xylem zeigte sich unerwartet an der
rohen Oberfläche eines Fundstücks: Rhynie
Chert News 171
.
Fundstück: Rh3/5 (0.2kg) Teil5, 1998 gefunden.
H.-J.
Weiss
2012, 2014, 2016, 2021
[1] C.L. Powell,
D. Edwards, N.H. Trewin:
A new vascular
plant from the Lower Devonian Windyfield chert, Rhynie,
Trans. Roy. Soc.
Edingurgh, Earth Sci. 90 (2000 for 1999), 331-349.
[2] H. Kerp, H.
Hass: Ökologie
und Reproduktion der frühen Landpflanzen. Ber.
d. Reinh.-Tüxen-Ges. 21, 111-127. Hannover 2009.