Schadensbegrenzung in einer frühen Landpflanze
English version
damage
Es gibt einige Ursachen für Schäden im Gewebe früher Landpflanzen. Das Gewebe zwischen Epidermis und Leitbündel, Cortex genannt, konnte schon in der lebenden Pflanze teilweise zerfallen sein, ähnlich wie bei hohlen Bäumen. Unbekannte Pflanzenfresser nagten Löcher in Sprosse und Sporangien, um den Inhalt zu fressen.

Löcher in lebendem Pflanzengewebe können nicht nur durch teilweisen Zerfall oder Fraß entstehen, sondern auch durch Verdrängen des Gewebes. Als seltener Zufall sind solche unterschiedlich entstandenen Hohlräume im gleichen Querschnitt zu sehen: Rhynie Chert News 117, Abb.6.
Manche frühen Landpflanzen hatten schon Mittel erfunden, um Pflanzenfresser abzuwehren: Borsten an der Oberfläche, Röhren mit abschreckender Flüssigkeit (?) entlang der Epidermis, oder einen Schutzwall (?) im Cortex-Gewebe.
Die Reaktion der Pflanze auf Fraß kann mehr oder weniger intensiv sein. Bei der frühen Landpflanze in Abb.1 war die Reaktion deutlich, denn längs der Wand des gefressenen Loches
waren große Zellen entstanden.

Abb.1: Querschnitt von Aglaophyton mit einem großen gefressenen Loch, umgeben von unnatürlich großen Zellen; wenige schwach sichtbare Querschnitte ummantelter Pilzhyphen, die später in der wassergefüllten Höhle gewachsen waren; waagerechte Grenzflächen wässriger Suspensionen; achat-artige Wandbeläge und Quarzkristalle, gewachsen im verbliebenen Hohlraum. Bildbreite 6mm.


Abb.2 (unten): Querschnitte von Aglaophyton als hohle Halme: oberer Halm mit Loch in der Wand und anschließendem Tunnel mit fäulnisresistenter Wand, übriger Raum mit achat-artigen Auskleidungen; unterer Halm flach gedrückt, anscheinend mit ähnlichem Gebilde wie oben, aber kleiner, zufällig den oberen Halm berührend. Bildbreite 7mm.



damage response
Im zunächst unübersichtlichen Gebilde in Abb.2 ist eine auffällige Reaktion der lebenden Pflanze auf den Angriff eines Pflanzenfressers erkennbar. Die nahe Umgebung des (im Bild von unten) in den Spross gefressenen Tunnels wurde offenbar mit Fäulnisresistenz ausgestattet, um den Schaden zu begrenzen, der sich andernfalls durch das Gewebe schnell ausgebreitet hätte. Das ist ähnlich wie in Abb.1, wo die neu gewachsenen großen Zellen anscheinend verhindert haben, dass Fäulnis vom Rande des gefressenen Loches ausgehend sich ausbreiten konnte.
Als das Cortex-Gewebe in Abb.2 später zerfiel, blieb die resistente Umgebung des Tunnels als unförmiger breiter Schlauch mit dicker Wand übrig und verkieselte.
Neu gewachsene Zellen zwecks Reparatur eines gefressenen Loches sind (bei wenig höherer Vergrößerung) in Abb.3 zu sehen.
new cells
Abb3 (rechts): Zellwachstum zwecks Füllen eines Loches.
        Bildbreite 2mm.

Es ist noch unverstanden, warum
Aglaophyton manchmal, aber nicht immer, eine fäulnisresistente Schicht, 2-3 Zellen dick, unter der oft unauffälligen oder zersetzten Epidermis erkennen lässt (Abb.2). Das meist dunkle oder schwarze Aussehen der Wände der resistenten Zellen ist anscheinend ein Mikrobenbelag, der gelegentlich abblättern kann.


damage repairedAbb.4 (rechts unten): Loch in der fäulnisresistenten Außenschicht, repariert mit einer 2mm breiten fäulnisresistenten Kuppel.


Von einem besonderen Fall von Schadensbegrenzung wurde in Rhynie Chert News 60, Abb.4, berichtet, hier als Abb.4 übernommen: Die Kuppel muss in der lebenden Pflanze gebildet worden sein, als das jetzt verschwundene Cortex-Gewebe noch vorhanden war, denn sie besteht aus fäulnisresistent gemachten Cortex-Zellen. Das ermöglicht Schlussfolgerungen bezüglich des Phänomens der "hohlen Halme". Diese wurden in [1] als bloßer Diffusionseffekt gedeutet, wo Kieselsäure nur bis in geringe Tiefe eindiffundiert und nur dort das Gewebe konserviert. Diese Deutung wurde widerlegt.
Eine andere Deutung folgt aus Abb.2,4: In der lebenden Pflanze wurde ein dünne Cortex-Schicht unter der Epídermis auf unbekannte Weise verändert, wahrscheinlich als Schutz für das Gewebe darunter. Diese Randschicht war fäulnisresistent und deshalb später, als das meiste Gewebe verschwunden war, gut sichtbar.
Aus unbekanntem Grunde bekam die Randschicht in Abb.4 ein Loch, was für die Pflanze anscheinend so gefährlich war, dass sie das Loch mittels einer Kuppel aus modifiziertem Cortex-Gewebe überbrückte. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Pflanze fähig war, auf drohende Gefahren und Schäden flexibel zu reagieren, hier durch Modifizierung von Cortex-Gewebe zu speziellen Schichten (Abb.2,4) oder durch verstärktes Zellwachstum (Abb.1,3).
Der Begriff "hollow straw" ("hohler Halm"), der in der Literatur für Aglaophyton mit fäulnisresistentem Rohr benutzt wird, suggeriert den Gedanken bewahrter mechanischer Festigkeit trotz des Zerfalls des übrigen Cortex-Gewebes. Ein kleines Loch im Halm vermindert dessen Festigkeit kaum, weshalb die sorgfältige Bedeckung des Loches in Abb.4 nicht wegen der Festigkeit erfolgt sein konnte. Deshalb bleibt nur die Deutung, dass die resistenten Rohre, oft unter der Epidermis von Aglaophyton und immer im Inneren von Ventarura, weniger der Festigkeit als dem Schutz vor Schädlingen (Mikroben, Tiere ?) dienten. Es kann hier nur vermutet werden, dass die resistenten Rohre in Aglaophyton und
Ventarura die Schädigung des übrigen Gewebes verzögerten oder verhinderten. Es bleibt ungeklärt, ob der Zerfall des Gewebes in Abb.2-4 in der lebenden oder in der abgestorbenen Pflanze erfolgte.
Fundstücke: Abb.1: Rh6/9.2 (2002), Abb.2: Rh15/82.4 (2014 obtained from Barron), Abb.3: Rh2/68.1 (2002 obtained from J. Shanks), Abb.4: Rh12/162.2 (2007).

H.-J. Weiss    2017 

[1]  C.L. Powell, N.H. Trewin, D. Edwards: Palaeoecology and plant succession in a borehole through the Rhynie cherts, ...
      Geological Society, London, Special Publications 180 (2000), 439-457.

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