Selektive Zerfallsresistenz weichen
Gewebes früher Landpflanzen (2)
Die auffällige
Erscheinung,
dass kleine Anteile des Cortex*-Gewebes
fossiler Exemplare von Aglaophyton
and Ventarura
im Hornstein von Rhynie deutlich sichtbar geblieben sind, während der
ganze Rest verschwand, wird in Teil (1)
einer rätselhaften
Zerfallsresistenz zugeschrieben. Diese Deutung widerspricht einer
früher vorgeschlagenen [1,2], der zufolge Kieselsäure bis zu
einer
begrenzten Tiefe durch die Epidermis von
Aglaophyton eindrang, wobei eine Schicht peripheren
Gewebes
konserviert wurde, während das tiefer liegende Gewebe dem
Zerfallsprozess ausgesetzt blieb. Die Auswertung von Funden wie in
Abb.1 gibt weitere Argumente gegen die Deutung der Schichtdicke als
Eindringtiefe schneller Verkieselung, womit von A. Channing
geäußerte Zweifel [3] bestätigt werden.
Abb.1: Aglaophyton
in Rhynie Chert, erhalten als hohler Halm: Ring aus gut erhaltenen
Cortex-Zellen zwischen der schlechter erhaltenen Epidermis and
verschwundenem Cortex-Gewebe und Phloem.
Ein diesbezügliches Argument folgt aus dem Befund, dass die
äußerste Zellschicht, die Epidermis, oft schlechter erhalten ist als
die unerwartet gut sichtbaren wenigen Zellschichten darunter. In Abb.1
ist von der Epidermis ein weitgehend strukturloser blasser Ring
geblieben, außer an einer Stelle rechts im Bild mit undeutlich
sichtbaren Zellwänden. Offenbar ist die sehr unterschiedliche Erhaltung
eine kompliziertere Erscheinung als zunächt gedacht:
Aglaophyton
ist zumeist überall gleichmäßig verkieselt (wie in Teil (1), Abb.1),
weniger oft als hohler Halm mit undeutlich erhaltener oder fehlender
Epidermis. Das wird hier mit wenigen Bildern verschiedener Fundstücke
illustriert.
Abb.2,3: Aglaophyton,
hohler Halm 4mm, bestehend aus gut erhaltenen Cortex-Zellen
und
schlecht erhaltener Epidermis: so nicht selten. Bildbreite 1.7mm.
Abb.4: Aglaophyton,
Ring aus gut erhaltenen Cortex-Zellen,
ausdünnend, Epidermis nicht erhalten geblieben.
Sehr schmale oder unterbrochene gut erhaltene Ringe lassen den starken
Kontrast des
Gewebes oder einzelner Zellen und Zellwände noch rätselhafter
erscheinen. Die Erscheinung wird nicht weniger rätselhaft, wenn man die
gut erhaltenen Cortex-Ringe von Ventarura
in die Betrachtung einbezieht. Anscheinend unterscheiden sie sich kaum
von den Ringen in Aglaophyton,
abgesehen davon, dass sie meist nicht nahe der Epidermis liegen.
Abb.5: Querschnitt von Ventarura
mit Cortex-Ring, nach rechts unten ausdünnend.
Die Oberfläche von Ventarura
ist zumeist verschrumpelt wegen des geschrumpften Cortex-Anteils, der
zwischen Ring und Epidermis liegt. (Die Epidermis von Ventarura ist
nur einmal gefunden worden, siehe
Rhynie
Chert News 61).
Der
Ring kann 5 or mehr Zellen dick sein, und mit den dunklen und scheinbar
dicken Zellwänden suggeriert er Festigkeit. Deshalb wurde er als
Sklerenchym gedeutet [2], obwohl er wahrscheinlich nur aus
Cortex-Gewebe
besteht, das aus unbekanntem Grund erhalten blieb.
Manche Befunde verleiten weniger leicht dazu,
unzersetztes Cortex-Gewebe für Sklerenchym
zu halten:
- Ringe, die zu einer Reihe einzelner unzersetzter Zellen
ausdünnen (Abb.5),
- Ringe ohne dunklen Belag auf den Zellwänden.
(Nach Rhynie
Chert News 58
sind die unzersetzt gebliebenen Zellwände nicht immer dunkel.)
Unabhängig von dem selektiven Schutz gegen Zersetzung und
dessen unbekanntem Zweck gibt es hier ein weiteres Problem: Welche Art
von Prozess kann die Schutzwirkung so über den Pflanzenquerschnitt
verteilen, dass auffällig deutlich erhalten gebliebene Zellwände einen
konzentrischen Ring bilden, der kontinuierlich oder lückenhaft sein
kann ? Die hier beschriebenen konzentrischen Ringe im Cortex-Gewebe
könnten entfernt analog zu den Ringen infolge Pilzbefall in Aglaophyton
and Rhynia
sein. (Siehe Rhynie
Chert News 32).
Dieser Gedanke könnte bei dem Versuch, eine Erklärung zu finden,
hilfreich sein oder auch nicht.
Abschließend kann gesagt werden, aus den fossilen Belegen
sei zu entnehmen, dass
- der "Strohhalm"-Aspekt mancher Exemplare von Aglaophyton
nicht durch ein besonderes Regime beim Eindringen der Kieselsäure
entstand,
- die Ähnlichkeit der unzersetzten
Cortex-Ringe in Aglaophyton
und Ventarura
auf die Beteiligung einer gemeinsamen Ursache hindeutet.
In den unzersetzten Cortex-Ringen auf
Querschnitten von Aglaophyton
und Ventarura
sind Probleme verborgen, von denen bemerkenswerte Lösungen zu erwarten
sind.
* Cortex
=
Gewebe zwischen Leitbündel und Epidermis, weitaus größter Teil des
Querschnitts.
Rhynie-Hornstein:
Rh12/91.3: Abb.1; Rh6/38.2: Abb.2,3; Rh15/35.2:
Abb.4; Rh2/143.2: Abb.5;
H.-J.
Weiss
2014
[1]
C.L. Powell, N.H. Trewin, D. Edwards: Palaeoecology and
plant succession in a borehole through the Rhynie cherts, ...
Geological Society, London,
Special Publications 180 (2000), 439-457.
[2] www.abdn.ac.uk/rhynie
[3] A. Channing:
Processes and
Environments of Vascular Plant Silicification: Thesis, Chapter
6, Cardiff University, 2001.
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