Frühe Landpflanzen mit Lochfraß durch unbekannte Tiere
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Schäden an lebenden Pflanzen sind schon aus dem Unter-Devon bekannt. Einige Exemplare der frühen Landpflanzen im Hornstein von Rhynie, bekannt als Rhynie Chert, waren offenbar unbekannten Einwirkungen ausgesetzt. Auffällig sind die großen "Blütenmuster" auf manchen Querschnitten von  Aglaophyton (Abb.1). Sie sind gewiss kein Lochfraß, sondern eine Wachstumsanomalie, wahrscheinlich bewirkt durch einen nicht identifizierten Pilz im Pflanzengewebe. Lochfraß schafft Hohlräume anderen Typs, wie jener, der auch in Abb.1 zu sehen ist (oben rechts) und jene in Abb.2,3.

Abb.1 (links): Querschnitt von Aglaophyton mit "Blütenmuster" infolge fehlgeleiteten Wachstums, wahrscheinlich unter dem Einfluss eines Pilzes, und mit einem zusätzlichen Hohlraum im Gewebe. Bildbreite 4.4mm.
Aglaophyton with void patternAglaophyton with holeAglaophyton with hole_
Abb.2,3: Querschnitte von Aglaophyton mit Höhlen, ausgefressen von einem unbekannten Tier, das einen Zugang anlegte, fraß und dann sich zurückzog.
Bildbreiten Abb.2,3: 4.3mm, 2mm.



Zufällig verläuft die Schnittebene in Abb.2,3 durch den Zugang zu den Höhlen. Deren besondere Form lässt vermuten, dass ein längliches Tier halb hineinkroch, beim Fressen sich nach rechts und links wandte und anschließend
sich zurückzog. Wahrscheinlich hatte es seinen Fressplatz mehrmals besucht, denn es konnte kaum so viel Pflanzengewebe auf einmal gefressen haben.
Anscheinend gab es Pflanzenfresser, die anderes Futter begehrten. Sie nagten Löcher in die Sporenkapeln, um an die Sporen zu gelangen (Abb.4). Die Wahrscheinlichkeit ist gering, auf einer beliebigen Fläche des Fundstücks ein solches Loch anzutreffen, aber einige wenige Löcher wurden angetroffen, folglich können sie nicht sehr selten sein. (Die Existenz von Löchern in Sporangien von Aglaophyton wurde noch 2004 bezweifelt.)
Die Außenwand des Sporangiums, bestehend aus sogenannten Palisadenzellen zur Abwehr von Angreifern, wurde im vorliegenden Falle an einer Stelle beseitigt, um einen Zugang zu schaffen (Abb.4). Bei einem anderen Fundstück wurde eine Höhle in die Innenwand des Sporangiums gefressen, wo verstreute  Sporen-Tetraden hinein gelangt sind (Abb.5). Undeutliche Reste der zerfallenen Außenwand liegen am unteren Bildrand.
Aglaophyton sporangium with holeAglaophyton spores
Abb.4 (links): Aglaophyton-Sporangium mit Fraßloch durch äußere und innere Wand.
Bildbreite 3.4mm.

Abb.5: Aglaophyton-Sporangium, innere Wand mit Höhle und Sporen in Tetraden.
Bildbeite 2mm.

Abb.6 (unten): Aglaophyton- Sporangium mit Fraßloch in der "Palisadenwand" und breit abgefressener Innenwand .
Bildbreite 3mm.



Aglaophyton sporangium wall with hole
Der Fraßschaden entstand an der lebenden Pflanze, was aus Reparaturen der Schäden, auch  in ähnlichen Fällen, zu schließen ist. Das widerspricht der Feststellung in [1], S.47, es gebe hier keine Belege dafür, dass Tiere lebende Pflanzen anfressen.
Es bleibt die Aufgabe, die Pflanzenfresser zu identifizieren. Das wird schwierig, denn kein Tier wurde bei diesen Fundstücken angetroffen. Aus Abb.2 und Abb.6 kann der Durchmesser der Fraßlöcher als ca. 0.4mm entnommen werden. Die Tiere müssen fähig gewesen sein, sich durch diese Löcher zu zwängen.
Andere Anzeichen für die Anwesenheit und Abwehr ungesehener Sporenfresser gibt es bei Nothia mit ihren großen vermutlichen Giftröhren und bei Trichopherophyton mit seinen spitzen Borsten.
Die Fraßlöcher in der ungeschützten Sporangienwand und die Vorsorge gegen Angriffe mittels Borsten und Gift lassen an der Behauptung zweifeln, dass "die Belege für gezieltes Sporenfressen im Unter-Devon nicht überzeugend sind" [2]. Kugelige oder ellipsoidische Sporenklumpen, vielleicht aus losen Sporen zwecks Transport sorgfältig zusammengeklebt, scheinen ebenfalls für "gezieltes Sporenfressen" zu sprechen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass verborgen gebliebene Pflanzenfresser Zugänge und Höhlen in lebende Exemplare der frühen Landpflanze
Aglaophyton gefressen hatten.
Fundstücke:
RhX/1.2 (1.33kg): Abb.1.   Rh6/78.2 (0.1kg): gefunden 2003, Abb.2.   Rh15/84.1 (1.3kg): erhalten von Barron 2014, Abb.3.    Rh2/75.11: gefunden vor 2004, Abb.4.  
Rh2/98.1 (9.5kg): erhalten von Shanks 2003, Abb.5.    Rh6/38.2 (ca. 0.2kg): gefunden 2003, Abb.6.   Gewichtsangaben gelten für ungeteilte Fundstücke.


H.-J. Weiss       2021 
 
[1]  P.G. Gensel, D. Edwards (eds.): Plants Invade the Land. Chapter 3: W.A. Shear, P.A. Selden: Rustling in the Undergrowth. Columbia Univ. Press (2001).
[2]  K.S. Habgood, H. Hass, H. Kerp: Evidence for an early terrestrial food web: coprolites from the Early Devonian Rhynie chert.
        Proc. Roy. Soc. Edinburgh, Earth Sci. 94 (2004), 371-389.

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