Der Nematophyt
Nematoplexus,
entdeckt von
A.G. Lyon
[1] in einem Hornstein von Rhynie und seither in schlechterer Qualität
nur sehr wenige weitere Male gefunden, hatte offenbar wohldefinierte
Strukturmerkmale, wie
in Rhynie
Chert News 29
beschrieben:
(1) Die Röhren bilden ein nahezu gleichmäßiges Gewinde,
(2) ... das immer rechtsdrehend ist,
(3) ... mit Durchmessern von 0.08 - 0.12 mm,
(4) ... die ungefähr gleich der Ganghöhe sind.
Ein Fundstück aus dem Jahre 2003 bestätigte das, mit Ausnahme
der Durchmesser der Röhren und Windungen:
(3) ... mit Durchmessern von 0.14 -
0.20 mm,
Bei genauerer Betrachtung der rohen
Oberfläche dieses Fundstücks zeigte sich noch ein 3mm breiter
Fleck mit den bekannten gewundenen Röhren und unerwartet einige so
schwach gekrümmte und gewundene Abschnitte von Röhren, dass es nicht
erkennbar ist, ob sie Fragmente großer Gewinde sind oder auf andere
Weise gewunden oder flach: Abb1
(links).
Abb.1:
Nematoplexus, gewundene Röhren und schwach
gekrümmte. Bildbreite
2.6mm.
Abb.2: Ausschnitt von Abb.1, 0.62mm breit.
Anscheinend sind sie nahezu gleichmäßig gekrümmt, aber wegen der
unebenen Oberfläche des Fundstücks und der begrenzten Sichtbarkeit ist
deren Krümmungsradius schwer zu bestimmen. Für eine der schwach
gekrümmten Röhren an einer Kante des Steins kann
durch Ansehen von verschiedenen Seiten eine Schmiegungsebene an das
Kurvenstück gefunden werden.
Man kann den Stein so drehen, dass die Schmiegungsebene
zur Bildebene des Fotos wird und der
Krümmungsradius leicht zu entnehmen ist, hier speziell
0.75mm. Dieser Wert würde sich nicht sehr vom halben Gewindedurchmesser
unterscheiden (wenn diese Röhre gewunden wäre, was aus dem vorliegenden
kurzen Stück nicht zu erkennen ist).
So zeigt es sich, dass Nematoplexus
mehr Rätselhaftes bietet: Außer den kleinen
regelmäßig gewundenen Röhren gibt es fast zehnmal größere gleichmäßig
gekrümmte Objekte aus Röhren gleichen Durchmessers von 10...15µm,
außerdem leicht gekrümmte dünnere Röhren von 7...8µm
(Abb.2, hier laufen
zwei
dünne Röhren mit schmalem Abstand parallel).
Dieser Beitrag hat Strukturen gezeigt, die Nematoplexus vor
anderen Nematophyten
auszeichnen. Das Folgende betrifft ein Merkmal,
das Nematoplexus
mit anderen Nematophyten gemeinsam hat: die sogenannten
Verzweigungsknoten [1]. Da anscheinend niemand weiß, wie die Nematophyten
einzuordnen sind, ist es nicht verwunderlich, dass niemand
weiß, welchen Zweck die Verzweigungsknoten
haben. Funde anderer verkieselter Nematophyten
deuten darauf hin, dass die Verzweigungsknoten
außer den hier deutlich sichtbaren Röhren auch ein Gewirr viel dünnerer
Röhren enthalten. (Siehe Anmerkung 2020.)
Abb.4 (rechts): "Einsamer" Verzweigungsknoten
von
Nematoplexus
mit ansitzenden kurzen Röhren, aber ohne gewundene Röhren in der
Umgebung. Gleiches Fundstück, Bildbreite 0.25mm.
Der ca. 0.12mm breite einsame Knoten in Abb.4 ist einem Knoten
ähnlich, der
in
[2] unter "another branch knot" abgebildet ist, aber doppelt
so dicke Röhren hat. Wegen der Ähnlichkeit der Bilder,
abgesehen vom Größenunterschied, ist anzunehmen, dass die einsamen
Knoten keine
zufälligen Gebilde sind, sondern einen anderen Knotentyp
oder ein anderes Entwicklungsstadium repräsentieren, ohne die
gewundenen Röhren in der Umgebung wie in
Abb.3.
Offenbar ist Nematoplexus als
Forschungsgegenstand komplizierter als gedacht, aus ganz verschiedenen
Gründen:
- Das Typusexemplar, in [1] beschrieben, war von
A.G. Lyon
in Unkenntnis des einmaligen Inhalts des Fundstückes mit einem Hammer
zerschlagen worden, und nicht alle Bruchstücke wurden geborgen.
(Fossilführender Hornstein sollte niemals angeschlagen werden.)
- Die Röhren sind sehr unterschiedlich groß:
- Die Krümmungsradien der glatten Röhren eines Exemplars
können sich um Faktoren ~10 unterscheiden: Abb.1. -
Die verfügbare Information ist rar. Größenangaben sind
widersprüchlich oder zweifelhaft: [3]
passt nicht
zu [1,2].
Nach Vergleich mit [2] müsste der Balken in [3], Abb.6.9, mit 18µm
statt 100µm beschriftet sein. Was in [3], Abb.6.10, als Verzweigungsknoten
beschrieben ist, unterscheidet sich sehr von allen Verzweigungsknoten
in [1,2] und hier, weshalb anzunehmen ist, dass in [3] irrtümlich ein
falsches Bild eingesetzt wurde. Diese Annahme ist berechtigt, weil es
in [3], Kapitel 8, weitere Irrtümer zu Fossilien aus dem Rhynie Chert
gibt.
Die Angabe 99µm als kleinste Größe der Knoten in [2] ist
wegen des undefinierbaren Randes der ausgefransten Knoten nicht
sinnvoll.
Das charakteristische Strukturmerkmal von Nematoplexus, die
spiralig gewundenen Röhren, wird in [2] als Merkmal aller Nematophyten
genannt: "Nematophytes appear to generally
comprise networks of intertwined spirally coiled tubular cells." Das
ist maximal falsch, denn kein anderer Nematophyt hat spiralig
gewundene Röhren.
Nach bisheriger Kenntnis ist Nematoplexus
sehr selten, aber weniger selten in mm-großen Flecken als in größeren
Exemplaren. Deshalb ist zu hoffen, dass bei sorgfältigem Ansehen der
Fundstücke in Sammlungen weitere Exemplare gefunden werden.
Alle Bilder zeigen die rohe Außenseite des
Fundstücks Rh9/86 (0.28kg),
gefunden 2003.
Anmerkung
2018: Die Größenangabe in Abb.3 wurde
korrigiert. Für weitere Information
zu Nematoplexus
siehe Rhynie
Chert News 122.
Anmerkung 2020: Für
weitere Information zu Nematophyten
siehe Rhynie
Chert News 156.
H.-J. Weiss 2013
2014,
2015, 2018, 2020
[1]
A.G. Lyon:
On the
fragmentary remains of an organism referable to the nematophytales,
from the Rhynie
chert, Nematoplexus rhyniensis.
Trans.
Roy. Soc. Edinburgh 65(1961-62), 79-87, 2 tables.
[2]
www.abdn.ac.uk/rhynie/nemato.htm
[3] T.N. Taylor,
E.L. Taylor, M. Krings: Paleobotany,
Elsevier 2009.