Neue Funde von Nematoplexus im Hornstein von Rhynie
English version
Nematoplexus rhyniensis, Typus-Exemplar, Ausschnitt
Es gibt anscheinend nur ein Fossil im Rhynie Chert, das man sofort an seiner besonderen Struktur erkennen kann, auch wenn es nur in kleinen Teilen vorliegt:  Nematoplexus rhyniensis [1] besteht hauptsächlich aus einem Gewirr gewundener Röhren, das zunächst chaotisch aussieht, aber unerwartet mehrere  Ordnungprinzipien erkennen lässt (Fig.1). Wenn man die wenigen ungleichmäßig gekrümmten Röhren mit spiraliger Wandverstärkung ignoriert, kann man das Fundstück [1] so charakterisieren: 

(1)  Jede Röhre ist auffällig gleichmäßig gewunden 
(2)   ... und hat immer Rechtsgewinde.
(3)  Der Durchmesser des Gewindes ist 0.08 bis 0.12 mm. 
(4)  Die Ganghöhe ist ungefähr gleich dem Durchmesser.

Es ist verwunderlich, dass die charakteristischen Merkmale (1) bis (4) weder in die Definition der Art in [1] eingingen noch von Anderen bemerkt wurden.

Abb.1: Nematoplexus rhyniensis, Ausschnitt aus einem Bild in [2], wahrscheinlich vom Typusexemplar in [1].  Bildbreite 0.35mm.

großer Nematoplexus, neuer FundAbb.2 (links): Nematoplexus, eigener Fund Rh9/86, natürliche Bruchfläche mit gewundenen Filamenten im Chalzedon, ähnlich denen in Fig.1, aber mit anderer Größe. Bildbreite 0.7mm, also doppelt so breit wie Abb.1.

Es gibt einige andere Arten, die aus einem Filz von Röhren bestehen, wie die noch unbenannte in Rhynie Chert News 13 , aber keine von denen hat Gewinde (*). Sie werden Nematophyten genannt, was fädige Pflanzen bedeutet. Sie unterscheiden sich deutlich von den zahlreichen Typen heutiger fädiger Algen. Wahrscheinlich haben alle Arten ein Gel, das die Röhren zu einem größeren Gebilde verbindet und frei von Schmutz und Wassertieren hält.
Nematoplexus rhyniensis wurde von A.G. Lyon beschrieben, anhand unvollständig aufgesammelter Splitter eines zerschlagenen Fundstückes einer seltenen Variante des Rhynie-Hornsteins ohne die sonst reichlich vorhandenen Reste von Landpflanzen. (Fossilführender Hornstein sollte niemals angeschlagen werden !) Auch das hier vorgestellte Fundstück enthält keine Landpflanzen, aber die Grünalge Palaeonitella und den aquatischen Kleinkrebs Castracollis, der kürzlich mehrfach zusammen mit überfluteten Landpflanzen gefunden wurde. (Siehe Rhynie Chert News 24, 34, 43.)
Das vorliegende Exemplar von Nematoplexus (Abb.2-4) wurde an der glatten Oberfläche eines Bruchstücks der Hornsteinschicht, 0.28kg, entdeckt. Die typischen Spiralen und "Verzweigungsknoten", wie sie in [1] beschrieben werden, sind hier über einen 5mm großen Fleck verstreut, der wahrscheinlich nicht repräsentativ für das Ganze ist.
großer Nematoplexus, Rechtsgewinde großer Nematoplexus, Rechtsgewinde
Abb.3,4 (rechts): Details dieses Exemplars von Nematoplexus, gleiche Vergrößerung wie Abb.1.

Man beachte, dass die Röhre in Abb.3 rechts unten nicht unter der anderen hindurch geht, obwohl es so aussieht: Sie kommt aus der Oberfläche heraus und ist deshalb dort nicht zu sehen, wo sie über der anderen lag, bevor sie durch den Riss abgetrennt wurde, der diese Oberfläche erzeugt hat. Wenn man das beachtet, sieht man drei gewundene Röhren mit Rechtsgewinde. Vier solcher Röhren und einige undeutliche Stücke erkennt man bei sorgfältiger Betrachtung von Abb.4.
(Abb.2-4: Aufnahmen von C. Kamenz.)

Wie man in Abb. 2-4, sieht, hat auch dieses Exemplar Rechtsgewinde. Wenn man die perspektivische Verzerrung der Spiralen berücksichtigt, erscheint auch hier die Ganghöhe als ungefähr gleich dem Gewindedurchmesser. Ein auffälliger Unterschied zwischen dem vorliegenden Exemplar und dem Typusexemplar von Nematoplexus rhyniensis in [1] besteht nur in der Größe.

  Fundstück  Breite der Röhren [µm] Breite des Gewindes [µm]
  [1,2]  (Original)
  [3] 
  Rh9/86.1,2 
 
Rh9/86.2
  Rh6/73.2
  Rh15/79.1,2

  Rh15/79.3
  Rh15/79.3
  Rh15/79.4
  Rh6/102
  Rh5/3.2A

(7)-8-9-(10)    

    ?          
                      10  -  15        
6                      
                    ~ 15
           10 - 13
                 13
4                          
7            
          11
9 ?    

80 - 120        

80 - 120          
                  140 - 200 
  70                      

       ~140
               100    -     200      
  130
30                      
      
75                  
                  160-200
90           
         

Zwischen den oft zahlreichen gleichmäßig gewundenen Röhren, oder zerstreut im Fundstück, kann es unregelmäßig gekrümmte mit ringförmiger Wandverstärkung geben. Diese wurden hier nicht betrachtet.
Mit den gegenwärtig spärlichen fossilen Belegen für Nematoplexus erscheint es nicht berechtigt, die größere Variante als neue Art zu betrachten. Das wird zu überdenken sein, sobald mehr Fundstücke mit anderen Einzelheiten verfügbar werden.
Der Fund Rh9/86 war zuerst bei [4] vorgestellt worden. Neuere Beobachtungen am gleichen Fundstück gibt es unter
Rhynie Chert News 51, 106. Siehe auch Rhynie Chert News 71.

*  Die Behauptung in [2], "Nematophyten bestehen anscheinend im allgemeinen aus Netzwerken verflochtener spiralig gewundener röhrenförmiger Zellen", ist eindeutig falsch. Alle anderen bisher im Rhynie Chert gefundenen Nematophyten haben keine spiralig gewundenen Zellen: Siehe Rhynie Chert News 1, 13, 30, 35, 36, 38, 40, 46, 98, 99.  Auch andere Nematophyten haben anscheinend keine spiralig gewundenen Zellen, weshalb Nematoplexus wahrscheinlich die einzige Art mit dieser Besonderheit ist.

Ergänzung 2016: Inzwischen wurde
Nematoplexus in weiteren Fundstücken entdeckt. Die Tabelle wurde entsprechend ergänzt. Beachtenswert ist die Variabilität, besonders im Fundstück Rh15/79. Schwach gekrümmte Röhren wurden zwischen den schraubenförmigen entdeckt: Siehe Rhynie Chert News  51, 71,  102.  Sie wurden nicht in die Tabelle aufgenommen.
Anmerkung 2017: Es wurden weitere Ergänzungen eingefügt und die Überschrift wurde angepasst. (Alte Überschrift: Noch ein rätselhafter Nematoplexus aus dem Hornstein von Rhynie.)  
Anmerkung 2018: Der Hinweis in [5], Nematoplexus sei möglicherweise die verkieselte Form von Nematothallus, ist nicht richtig. Das einzigartige und typische Merkmal von Nematoplexus, die schraubig gewundenen Röhren, sind in [5] gar nicht erwähnt. Der angebliche Verzweigungsknoten in [5], Fig.6.10, lässt keine Ähnlichkeit mit den Knoten in eigenen Fundstücken erkennen, siehe Rhynie Chert News 126. Die Röhren von Nematoplexus sind in [5], Fig.6.9, viel zu breit angegeben.
Anmerkung 2020: Die kleinste Röhre in der Tabelle ist wahrscheinlich ein Irrtum, siehe 102, dort Abb.3.

H.-J. Weiss    2009, 2013, 2016, 2017, 2018


[1]  A.G. Lyon: On the fragmentary remains of an organism referable to the nematophytales, from the Rhynie chert, Nematoplexus rhyniensis. 
      Trans. Roy. Soc. Edinburgh 65(1961-62), 79-87, 2 tables
[2]  www.abdn.ac.uk/rhynie/nemato.htm 
[3]  S.R. Fayers, N.H. Trewin: A review of the palaeoinvironments and bi ota of the Windyfield chert.
      Trans. Roy. Soc. Edinburgh Earth Sci. 94(2004 for 2003), 325-39.
[4] H. Steur: www.xs4all.nl/~steurh/
[5]  T.N. Taylor, E.L.Taylor, M. Krings: Paleobotany, Elsevier 2009,  p.183.
29

Übersicht
Hornstein-Nachrichten
Rhynie Chert News
deutsch
Nematophytes
deutsch
Rhynie chert
deutsch