Nicht selten führt das zufällige Zusammentreffen günstiger Umstände zu
einer unerwarteten Entdeckung.
Die
Story des größten Calamiten ist instruktiv bezüglich des Fossils und
der beteiligten Menschen. Die Schritte auf dem Wege zur
Veröffentlichung [1] hatte R.
Kretzschmar
auf seiner Website
beschrieben. Davon werden hier einige Abschnitte zitiert. (*)
Galtier's
Pitus im
sächsischen Rotliegenden ?
Im Jahre 2002 erschien U. Dernbachs
neueste Edition [2] mit einem Beitrag von J. Galtier
über einen großen fossilen Baum aus dem Karbon von Schottland. Die dort
abgebildete Gewebestruktur des Holzes hat eine gewisse Ähnlichkeit mit
der von kleinen Stücken Kieselholz, die kürzlich an der
Fossilfundstelle Kleinnaundorf /Burgk gefunden wurden, wie von H.-J.
Weiss
bemerkt wurde, der es "das Holz mit den größten Markstrahlen im
Döhlener Becken" nannte. Beim Vergleich mit den Bildern von Pitus
primaeva
im
erwähnten Buch wird die Ähnlichkeit offensichtlich. [Ende
des Zitats]
Kieselholz,
ähnlich
Pitus und Arthropitys,
Tangentialschnitt mit ungewöhnlich breiten sekundären Markstrahlen,
hier als Querschnitte sichtbar. Unter-Perm, Döhlener Becken, Sachsen.
Foto: Hagen Sahm,
Dresden.
Bildbreite 5mm (links) und 3.5mm (unten).
Zeichnung eines anderen Teils der gleichen
Schnittfläche.
Fundstück: 2000 an der
Typuslokalität von Scolecopteris
zwischen Kleinnaundorf and Burgk gefunden, aufbewahrt in der eigenen
Sammlung, Nr. Bu7/20.
Das
vorliegende Fundstück ist ein 9cm breites Bruchstück eines Gerölls,
dessen größter Teil vermutlich nicht aus dem Aushub des Baugebietes im
Döhlener Becken geborgen werden konnte. Die Richtungsdivergenz der
Markstrahlen auf dem vorhandenen kleinen Teil des Querschnitts scheint
auf einen Stammdurchmesser von 50cm hinzudeuten,
(oder etwas kleiner, wenn man eine leichte Deformation des Querschnitts
in eine elliptische Form in Betracht zieht). Die Zellen der
Markstrahlen sind etwa ebenso groß wie in [1].
[Zitat fortgesetzt:]
Ein kleines
Kieselholz-Bruchstück, gefunden vom Autor [R.
Kretzschmar]
im Aushub einer
Baustelle in Chemnitz-Hilbersdorf, Zeißstr. 14, zeigte
die gleichen Merkmale. Es wurde schnell klar, dass das Bruchstück sehr
wahrscheinlich zu dem Teil des großen Stammes gehört, das 2002 von
Fossiliensammlern in Zusammenarbeit mit dem Museum für Naturkunde
Chemnitz geborgen wurde. [Ende des Zitats]
Nach einer
Auswertung der Calamiten-Literatur kommt R.
Kretzschmar
zu folgender
Schlussfolgerung, mit einem später hinzugefügten Nachtrag:
[Zitat fortgesetzt:] Die oben genannten Funde
mit Ähnlichkeit zu Pitus-Holz
sind eine eingehende Untersuchung wert, denn sie unterscheiden sich
deutlich von den “normalen” Varianten des Dadoxylon-Typs. Das
könnte eine Gelegenheit bieten, die Natur des rätselhaften Pitus aufzuklären. Nachtrag Die
Sache hat eine unerwartete Wendung genommen: Als R. Rössler
und J.
Galtier
während des 14th Plant Taphonomy Meeting, 8./9. 11. 2003, das
Stammstück genau untersuchten, entdeckten sie Holzkeile mit den für
Calamiten und Schachtelhalme typischen Carinalkanälen und sogar ein
winziges zentrales Mark mit erhaltenen Zellen. Mit seinem Durchmesser
von ca. 50cm ist dieser Stamm der größte jemals gefundene gut erhaltene
Calamit. Er soll bald wissenschaftlich untersucht werden. Somit
hat der Verdacht infolge der besonderen Holzstruktur des Splitters, der
große Stamm sei etwas Besonderes, sich bestätigt, wenn auch anders als
erwartet. Es hat sich eine Erkenntnis ergeben, aber eine Frage bleibt:
Gehören die in Sachsen gefundenen großen Markstrahlen alle zum riesigen
Calamiten oder ist doch Pitus
darunter ? [Ende des Zitats]
Diese
Frage zum Holz mit breiten Markstrahlen wird vermutlich nicht so bald
beantwortet werden. Ein weiterer diesbezüglicher Beitrag soll später in
www.chertnews.de erscheinen.
Bilder zum großen Brocken in der Grube und als Querschnitt gibt es in
[3].
Der große Calamit ist nicht nur
interessant als solcher. Er offenbart auch einiges über das Verhältnis
der Menschen zueinander, die sich mit Paläobotanik beschäftigen:
In
der Veröffentlichung [1] nennt R. Rössler
die Namen zahlreicher
Personen, denen er für ihre Hilfe dankt, und schließt sogar die
örtliche Feuerwehr in den Dank ein. Er erwähnt nicht R.
Kretzschmar,
der die entscheidende Information lieferte, die zu der Entdeckung
führte. Wenn Kretzschmar
nicht den Aushub abgesucht hätte, nachdem der
Baumstamm aus der Grube entnommen war, wenn er nicht ein kleines Stück
gefunden und genau untersucht hätte und nicht vermutet hätte, dass es
zum großen Stamm gehört (was nicht trivial ist, wenn andere kleine
Stücke Kieselholz umher liegen), und wenn er es nicht mit
ungewöhnlichen Kieselhölzern aus der Literatur verglichen hätte, wäre
der große Calamit eingelagert worden, fehlgedeutet als "langweiliger" Dadoxylon-Stamm,
weil niemand einen so großen Calamiten erwartet hatte, und man hätte
ihn nicht Galtier
zur Beurteilung vorgelegt.
Die
Geschichte der Schritte zur Entdeckung, von der die obigen Zitate
entnommen sind, musste 2011 bei www.kieseltorf.de gelöscht werden (*), so als
sollte sie aus dem Gedächtnis verschwinden, um den Eindruck entstehen
zu lassen, Rössler
allein sei der Entdecker.
*
Die Zitate sind Rückübersetzungen aus einer kürzlich aufgefundenen
Version in Englisch. Die gelöschte deutsche Version ist nicht
zugänglich, weil Rössler
jeglichen Kontakt verhindert.
H.-J.
Weiss
2012
[1] R. Rössler,
R. Noll:
Sphenopsids of the Permian I: The largest
known anatomically preserved calamite, an exceptional find
from the petrified forest of Chemnitz,
Germany. Rev. Palaeobot. Palyn. 140(2006), 145-62.
[2] J. Galtier:
Pitus, a
giant tree from Early Carboniferous. in: U. Dernbach,
W.D. Tidwell:
Secrets of Petrified Plants, D'ORO 2002
[3]
R. Rössler: Veröff.
Museum für Naturkunde Chemnitz 26(2003),
(Bilder auf der Innenseite des Umschlags).