Die Fossilien aus dem Hornstein von Rhynie sind als Belege für ein
unter-devonisches Ökosystem durch Publikationen in Monografien und
Lehrbüchern weithin bekannt geworden. Weniger bekannt, doch um so
interessanter ist gelegentlich anzutreffendes ungewöhnliches
Aussehen. Die folgenden Beispiele ungewöhnlicher Strukturen befinden
sich zusammen auf einer einzigen Scheibe.
Botanisch betrachtet ist Abb.1 am einfachsten zu
verstehen: Von Aglaophyton
war nur die dünne wachsartige Kutikula auf der Epidermis mit
kreisförmigem Querschnitt erhalten geblieben. Sämtliche Gewebe waren
verschwunden, als der Achat im kieselhaltigen Wasser sich schichtweise
absetzte, so wie
gewöhnlich in ähnlichen Hohlräumen.
Abb.1: Achat, gebildet in Aglaophyton,
das hohl im Sumpfwasser lag. Bildbreite 3mm.
Abb.2 (rechts):
Aglaophyton
mit erhaltenem Gewebe außer Leitbündel, mit ungewöhnlichen
radialen Spalten.
Bildbreite 4mm. Gleiche Vergrößerung für alle
Bilder.
Von
einem hohlen Zentrum
ausgehende
radiale Spalten waren
bisher unbekannt. Sie unterscheiden sich deutlich von
den auffälligen Spalten infolge Pilzbefall [1].
Abb.3 (unten links): Aglaophyton
mit seltenem
Schadenstyp oben und einer waagerechten Schicht unten, entstanden aus
dunklen Ausscheidungen in einem frühen Stadium der
Verkieselung. Bildbreite
4mm.
Abb.4 (unten rechts):
Stapel waagerechter Schichten, nacheinander aus
unbekanntem Grund mit unterschiedlichem Aussehen abgeschieden. Bildbreite
3mm.
Die waagerechten Schichten kamen anscheinend durch Ausfällung
winziger Teilchen zustande, die eine flüssige Suspension
bildeten, bevor alles sich zu Chalzedon verfestigte.
Der
dicke schwarze Rand am Loch in Abb.3 bleibt hier unerklärt. Störungen
in der gelben Schicht in Abb.4 deuten auf Pilzhyphen hin, die mit
bläulichem Kieselgel ummantelt waren, als die gelbe Suspension sich
absetzte.
Abb.5 (unten): Aglaophyton,
schräger Querschnitt mit
Geweberesten (bläulich), mit Pilzhyphen innen und Mikrobengebilden
außen. Bildbreite 4.2mm.
Die Hyphen in Abb.5 waren im wassergefüllten Hohlraum gewachsen und
umgaben sich mit blassem Kieselgel. Bemerkenswert sind die
welligen Hyphen
zwischen den geraden. Die
welligen Hyphen sind wahrscheinlich der Mycoparasit Trichoderma.
Die an der Oberfläche gewachsenen unregelmäßigen oder spitzen
Formen sind jenen ähnlich, die von der Blaualge Croftalania bekannt
sind. Die Kombination von
welligen Hyphen und Croftalaniaist hier
erstmalig zu sehen.
Abb.6 (links):
Aglaophyton,
umwickelt mit dünnen Mikrobenschichten.
Bildbreite 4mm.
Stapel dünner Mikrobenschichten
[2]
sind in den permischen Hornsteinen aus dem Döhlener Becken
(Sachsen) weniger selten als im Rhynie chert.
[3].
Umwickelte Pflanzen wie in Abb.6 waren wahrscheinlich noch niemals
gesehen worden. Die Verbindungen zwischen den dünnen Schichten in Abb.6
deuten an, dass die Bildung im Rhynie Chert anders erfolgte als im
Perm-Hornstein.
.
Abb.7 (rechts): Seltsame Struktur ähnlich einer
sich entfaltenden Knospe.
Bildbreite 5mm.
Das Fossil in Abb.7 könnte fraglos als Asteroxylon
gedeutet werden, wenn hier nicht Zweifel sich daraus ergäben, dass
keine der Schnittflächen dieses großen Fundstücks
die typischen Querschnitte der Leitbündels
zeigt, die gewöhnlich Asteroxylon auch
bei schlechter Erhaltung erkennen lassen.
Keiner der vielen Schnitte von Asteroxylon
in [4] ist ähnlich zu
Abb.7, was zu der Vermutung berechtigt, das Objekt in Abb.7 sei etwas
Besonderes. Es sieht nicht aus wie das
obere Ende einer größeren Pflanze,
sondern eher wie ein selbständiges Gewebeklümpchen mit einer breiten
Knospe, die beginnt, sich zu entfalten.
Alle Pflanzen in diesem Fundstück,
wie jene in den obigen Bildern, liegen flach längs der
Hornsteinschicht, anscheinend durch einen
Wasserschwall umgelegt, nur das Klümpchen ist so orientiert, dass es
nach oben wachsen kann. Die winzigen blattartigen Formen an der
Oberseite sind den großen "Blättern" des ausgewachsenen Asteroxylon
sehr
ähnlich, aber die
deutlich anderen seitlichen Auswüchse links sind problematisch.
In Anbetracht der Tatsache, dass der Gametophyt von
Asteroxylon
noch nicht gefunden wurde,
verdienen rätselhafte Gewebeklümpchen wie dieses besondere
Aufmerksamkeit.
Fundstück: Rh2/162.2, erhalten von B. Shanks, 2007.
H.-J.
Weiss 2020 [1] H.-J. Weiss:
Enigmatic voids in the tissue... Rhynie Chert News 117.
[2] H.-J. Weiss:
Eerie shapes... Permian Chert News 28.
[3] H.-J. Weiss:
Aspects of Devonian microbes. Rhynie Chert News 121.
[4] H. Kerp
et al.: Reproductive
organs and in situ spores of Asteroxylon
... Int. J. Plant Sci. 174
(2013) Nr.3, 293-308.