Es
ist faszinierend zu sehen, wie winzige Organismen in großer Zahl sich
zu
vergleichsweise riesigen Strukturen zusammenfinden, so als verfolgten
sie das höhere Ziel, nicht als bloße Einzeller zu agieren, sondern
auffällig zu wirken. Dabei können sie Formen bilden, die an kunstvolles
Design erinnern (Abb.1). Anscheinend laufen
drei Mikroben- "Bahnen"
links auf eine Stelle hin, wo noch ein keulenförmiges Objekt
gestanden hatte. Die Bildung der schwach gekrümmten Bahnen kann hier
nicht erklärt werden.
Die Bilder zeigen 6 Fundstücke des unter-devonischen Rhynie Chert.
Abb.1 (rechts): Struktur mit unbekanntem Zweck, entstanden
durch koordinierte Aktion unzähliger Einzeller.
Bildbreite 5.5mm. Abb.1-4
mit gleicher Vergrößerung.
Abb.2
(unten): Ähnlich Abb.1,
mit keulenförmigen Auswüchsen, anscheinend mit Bezug
zu dem
großen runden Klumpen mit mehrfacher Hülle. Bildbreite 6mm.
Abb.3:
Klumpen zwischen Mikrobenschichten.
Bildbreite 4.7mm.
Abb.4 (unten): geschlossene Hülle, mehrfach
geschichtet, mit hellem Klumpen (rechts), unten waagerechte
Mehrfachschicht mit kleinem schwarzem
Klumpen.
Bildbreite 5.5mm.
Hüllen mit einem oder mehreren Klumpen (Abb.3,4) wurden mehrfach
gesehen, aber ihre Entstehung ist noch rätselhaft. Es gibt keine
Anzeichen dafür, dass es plattgedrückte Ballons oder Schläuche sind.
Das gemeinsame
Merkmal in Abb.1-4, Klumpen im Inneren von mehrfachen Hüllen, deutet
auf die gleiche Art von Mikroben als Verursacher hin, die anscheinend
noch nicht beschrieben wurden.
Einige Mikroben aus dem Hornstein
von Rhynie lassen sich unterscheiden, ohne dass man die Einzelheiten
der Zellstruktur betrachten muss. Croftalania venusta
[1], zum Beispiel, ist leicht erkennbar, wenn sie in auffälligen
Pinseln wächst wie in Abb.5 und in Rhynie
Chert News 56, 72.
Abb.5 (links): Pinsel des fadenbildenden
Einzellers Croftalania
venusta
[1], auf einer zeitweilig vorhandenen Kieselgel-Oberfläche nach dem
Licht gewachsen. Bildbreite 1.7mm.
Abb.6 (rechts unten):
Schwarzer Belag an der Oberflläche von bläulichem
Kieselgel auf Aglaophyton. Bildbreite 8.6mm.
Mikrobenbeläge sieht man oft auf
Pflanzenteilen und auf
(zeitweiligen) Oberflächen von Kieselgel. Sie können gelb begonnen
haben und braun oder schwarz geworden sein.
Wie man aus Abb.6 erkennt, hatte das Kieselgel eine wohldefinierte
Oberfläche, als die Mikroben sich dort in einer 40µm dicken Schicht
ansiedelten, die im Querschnitt als schwarze Linie erscheint. Höhere
Vergrößerung zeigt winzige schwarze Punkte im schwarzen Rand. (Gleiches
Fundstück wie in Rhynie
Chert News 64.) Anscheinend
sind auch diese Einzeller noch nicht beschrieben worden.
Eine kugelförmige Kolonie von Einzellern,
wahrscheinlich Blaualgen, ist in Rhynie
Chert News 23
zu sehen, während diese von einem höchst bemerkenswerten Tier
überfallen wird: Es ist anscheinend das einzige jemals gesehene
devonische Rädertierchen. Diese extrem unwahrscheinliche
"Momentaufnahme" aus dem Leben im Devon, durch schnelle Verkieselung
des
Wassers verewigt, erscheint noch erstaunlicher, wenn man die
unglaublichen Zufälle betrachtet, die an deren Entdeckung beteiligt
waren: Die polierte
Fläche liegt zufällig so, dass sie das Rädertierchen gut sichtbar
werden lässt und die kugelförmige Kolonie genau halbiert. Es wird
empfohlen, in Sammlungsbeständen devonischer Hornsteine nach weiteren
dieser seltenen Exemplare zu suchen. Im Hornstein von Rhynie nicht
selten sind die größeren Gebilde aus Mikroben wie in Abb.1-6.
H.-J.
Weiss
2018
[1] M. Krings, H. Kerp, H. Hass, T.N.
Taylor, N.
Dotzler: A filamentous
cyanobacterium showing structured colonial growth from the Early
Devonian Rhynie chert.
Rev. Palaeobot. Palyn.
146(2007), 265-276.