Croftalania venusta und andere Mikroben aus dem Devon
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Es ist eine bekannte doch oft übersehene Tatsache, dass manche Prokaryoten ungeachtet ihrer primitiven Organisation innerhalb der Zelle sich zu erstaunlich komplexen Strukturen verbinden können. Die hier vorgestellte fadenbildende Blaualge [1], ein selteneres Fossil aus dem Hornstein von Rhynie, bietet mit ihren mehr oder weniger deutlichen "Pinseln" eindrucksvolle Beispiele dafür. 
Waagerechte Schichten im gleichen Fundstück entstanden möglicherweise unter Beteiligung bisher unbeschriebener Mikroben.
Die Bilder sind als Ergänzung zu jenen in [1] aufzufassen. Außerdem sollen sie die Schönheit der verschiedenen Erscheinungsformen von
Croftalania venusta veranschaulichen.
Croftalalania venustaCroftalania venusta
Abb.1,2: Croftalania venusta als einzelne Pinsel ohne feste Unterlage.
 
Breite von Abb.1: 11mm.
             

 Croftalania venustaAbb.3 (rechts): Croftalania auf geschrumpftem Horneophyton.  Bildbreite 10mm.


Es ist nicht offensichtlich warum die Faserbündel oder Pinsel in Abb.1,2 auf einer unebenen Fläche sitzen, die auf der Schnittfläche als dunkle Linie erscheint. Wahrschenlich war es die Grenze zwischen
Wasser und einer schwach verfestigten oder gel-artigen Unterlage. Croftalania wächst auch auf festen Unterlagen, vorwiegend aufwärts zum Licht (Abb.3-6), hier meist auf teilweise zersetztem Horneophyton (leicht zu verwechseln mit Nothia). Dabei gibt es unverstandene Unterchiede im Aussehen, die man wie Frisuren charakterisieren kann: natürlich und flauschig (Abb.1,2) oder mittels einer klebrigen Substanz gestylt in fantastische und spitze Formen (Abb.3-6). 

Croftalania venustaCroftalania venustaAbb.4,5: Spitze Büschel von Croftalania mit scharfem Rand, wie Blätter oder Schuppen an einem Zapfen. Bildbreite 5.5mm, 4.3mm.


Da einige der Spitzen anscheinend aus zusammenlaufenden Fäden bestehen, liegt der Gedanke nahe, sie seien wie die Spitze eines nassen Pinsels durch Oberflächenspannung geformt worden. Jedoch ist zu bedenken, dass dazu der Lebensraum hätte zeitweilig trocken fallen müssen, was sehr wahrscheinlich die zarten Strukturen unumkehrbar geschädigt hätte.
Croftalania and Castracollis
Abb.6: Mantel aus Cyanobakterien (Croftalania) an Horneophyton, nicht am Häutungsrest von Castracollis. Bildbreite 4.5mm.


Ein anderes Merkmal verlangt eine Erklärung: Scharfe Ränder der Faserbündel (Figs.3-6) sind in diesem Fundstück häufiger als diffuse Ränder (Figs.1,2). Oft sehen die Ränder aus als seien sie glatt geschnitten, unabhängig von der Orientierung der Fäden. Sogar kleine ebene Flächen wie in Abb.6 oben rechts sind auf diese Weise entstanden.
Beachtenswert in diesem Bild ist auch der Schnitt eines Häutungsrestes von Castracollis. Aus der Tatsache, dass keiner der Häutungsreste in diesem Fundstück mit Blaualgen bewachsen ist, kann man schließen, dass der Kleinkrebs hier im Wasser gelebt und sich gehäutet hat, als  Croftalania sich nicht mehr ausbreitete. Folglich war zwischen dem Wachstum von Croftalania und der Verkieselung des überfluteten Lebensraumes einige Zeit vergangen, während der die Faserbündel auf unbekannte Weise geformt wurden, vielleicht durch Kleinkrebse wie Castracollis und Ebullitiocaris, die das organische Gel samt Fäden glatt abfraßen.
enigmatic microbial layers
Abb.7: Mikrobenschichten, anfangs waagerecht, dann zu einem Trog verformt, und Achat, ohne weitere Störung gebildet. Bildbreite 4.5mm.

Im gleichen Fundstück gibt es Stapel mit mehr als einem Dutzend waagerechter Schichten mit bis zu mehreren cm Länge, von denen einige in Abb.7 zu sehen sind. Sie erinnern an die durchgehenden Mikrobenschichten in vielen anderen Fundstücken von Rhynie. Im hier betrachteten Fundstück sind sie senkrecht zur Schicht von dünnen Fäden durchdrungen, möglicherweise Croftalania, wie in [1] diskutiert, wo auch eine mögliche Beteiligung anderer Mikroben erwähnt wird.


Oft hatten aufsteigende Gasblasen den Schichtstapel durchdrungen oder waren stecken geblieben. Die Schichten sind immer ohne erkennbare Ursache mehr oder weniger gestört, wie in Abb.7, wo 4 oder 5 Schichten enden als wären sie abgeschnitten, offenbar im Zusammenhang mit der Bildung des rätselhaften Troges und eines wassergefüllten Hohlraumes darüber, der später zu Achat wurde. Während sich der Achat in mehreren Lagen bildete, wurde nichts mehr deformiert, was aus der geraden Linie zu schließen ist.

Es ist anzumerken, dass die hier gezeigten Bilder fossiler Blaualgen aus einem Fundstück von 2001 mehr Fragen als Antworten liefern.
Croftalania ist eine der sehr wenigen Arten fossiler Cyanobakterien [2], die nicht auf Stromatolithen beschränkt sind. Die Verkieselung freien Wassers im devonischen Lebensraum von Rhynie hat es ermöglicht, dass die blattförmigen Ausbildungen von
Croftalania, die das Aussehen späterer Eukaryoten vorweg nehmen, lebensecht erhalten geblieben sind.   

H.-J. Weiss      2015         (erste Version in Englisch 2013)

[1] M. Krings, H. Kerp, H. Hass, T.N. Taylor, N. Dotzler:
      A filamentous cyanobacterium showing structured colonial growth from the Early Devonian Rhynie chert.
      Rev. Palaeobot. Palyn. 146(2007), 265-276.
[2]  T.N. Taylor, E.L. Taylor, M. Krings: Paleobotany, Elsevier 2009, 115-117.
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