Ein kürzlich gefundener
Nematophyt, ähnlich dem
vor etwa hundert Jahren
im Rhynie Chert gefundenen Nematophyton
taiti [1], zeigt Einzelheiten, die eine versuchsweise
Rekonstruktion ermöglichen. (Siehe auch Rhynie
Chert News 35.)
Da den Nematophyten noch kein Zweig auf dem Stammbaum des Lebens
zugewiesen wurde und sie deshalb unter
dem beunruhigenden Begriff "Rätselhafte Organismen" geführt werden [2],
ist jede neue Einzelheit interessant.
Wie schon erläutert, bestehen Nematophyten aus zwei oder mehr
Typen von Röhren oder Schläuchen, wahrscheinlich eingebettet
in organischem Gel, das sie zusammen hält und Verunreinigung
verhindert.
Das
vorliegende Exemplar zeigt drei Arten von "Gewebe" in weiterem
Sinne
(Abb.1): eine innere Lage mit großen Röhren (ca. 20µm) und
wahrscheinlich
mit viel kleineren dazwischen, die hier nicht zu sehen sind. Diese
innere Lage ist von einer Außenschicht mit undeutlich sichtbaren
kleineren
Röhren
(< 10µm ?) umgeben, die als vereinzelte dunkle Schnitte
erscheinen. In der Außenschicht
gibt es Nester von ausgerichteten Röhren, oft in mehr oder weniger
deutlicher fächer-artiger Anordnung zur Oberfläche hin divergierend
(Abb.1,2).
Bemerkenswert sind die Ketten dunkler Pünktchen, die
anscheinend in einigen der Röhren entstanden sind (Abb.1) und
an Ascosporen der Schlauchpilze erinnern.
Abb.1: Nematophyt aus dem Rhynie-Hornstein, halber senkrechter
Schnitt, unten innere Schicht mit großen Röhren, einhüllende Schicht
oben, mit einem Nest ausgerichteter Röhren, darin Reihen dunkler
Punkte. Bildbreite 1.1 mm.
Abb.2: Drei aneinander grenzende Nester fächer-artig angeordneter
Röhren in der Außenschicht
des hier vorgestellten Nematophyten.
Abb.3 (unten): Versuchsweise Rekonstruktion anhand
beobachteter Einzelheiten des kürzlich im Rhynie Chert gefundenen
Exemplars eines flachen Nematophyten.
Breite
ca. 3.5cm.
Diese Rekonstruktion beruht auf einem Exemplar, das nicht im
Ganzen
erhalten geblieben ist, sondern in mehreren Teilen eines
ca. 3.5cm breiten Fladens
im
Hornstein.
Die von anderen Nematophyten bekannten "Verzweigungsknoten",
sind hier unauffällig.
Unabhängig von der Rekonstruktion ist es erwähnenswert, dass die Röhren
der Nematophyten-Exemplare aus dem Rhynie Chert sehr unterschiedlich
groß sind. Der Durchmesser der ausgerichteten Röhren ist ca.10µm im
vorliegenden Exemplar, ca. 20µm in Pachytheca,
und 50-60µm im
Exemplar in Rhynie
Chert News 92.
Es bleibt zu hoffen, dass Beobachtungen wie die hier
vorgestellten allmählich zu einem besseren Verständnis der Nematophyten
beitragen werden, so dass sie gelegentlich die Bezeichnung "Rätselhafte
Organismen" ablegen können. Anmerkungen 2020: Die
flache Form ließ vermuten, es bestehe ein Zusammenhang mit
Nematothallus [4].
Diese Vermutung hat sich erübrigt. Kürzlich wurde im Hornstein ein
kleiner Klumpen mit Röhrenstruktur entdeckt, der
Nematothallus
nach [3] in 3D-Erhaltung sein könnte: Rhynie
Chert News 151.
Nachdem Nematophyton
taiti
[1] in Prototaxites
taiti [5] umbenannt wurde, muss auch das vorliegende
Exemplar bezüglich einer möglichen Deutung als Pilz neu bewertet werden. Weitere Funde unbekannter Nematophyten sind in Rhynie
Chert News 156 zusammengestellt.
Fundstück: Rh2/7 (2.1kg), erhalten von Shanks in
2000, Abb.1,2 von Teil 6.
H.-J.
Weiss
2011 2020
[1] R.
Kidston, W.H. Lang: On Old Red Sandstone plants showing
structure ..., Part V, Trans. Roy.
Soc. Edinburgh 52 (1921), 855-902.
[2] T.N. Taylor,
E.L.Taylor, M. Krings: Paleobotany, Elsevier 2009.
[3] P. K. Strother:
Clarification of the genus Nematothallus,
J. Paleont. 67 (1993),
1090-94.
[4] H.-J.
Weiss: Enigmatic Organisms - Insights
derived from new finds. Poster presentation, EPPC Budapest 2010.
[5] R.
Honegger, D.
Edwards, L. Axe, Ch. Strullu-Derrien: Fertile Prototaxites taiti:
a basal ascomycete with inoperculate, polysporous asci lacking croziers.
Phil. Trans. Roy.
Soc. B 373 (2017): 20170146.