Aus der dunklen
Tiefe einer mit Öl
gefüllten Höhle in einem Stück Rhynie
Chert kamen langsam zwei winzige Luftblasen gekrochen und ordneten sich
so an, dass für den Betrachter die Illusion entsteht, ein intensiver
fragender Blick aus den scharfe Augen eines Aliens sei auf ihn
gerichtet: Abb.1. Sie lenken hier von den mit Quarzkristallen
ummantelten Hyphen im Vordergrund ab, wirken aber als
Verkleinerungslinsen und lassen damit mehrere
ummantelte Hyphen im Hintergrund
erkennen.
Abb.1: Pilzhyphen, mit Quarz ummantelt, in einer
Höhle im Rhynie Chert. Bildbreite 5mm.
Hyphen in kleinen Höhlen sind nicht selten, aber
unter der Ummantelung meist nicht sichtbar. Ein sehr
unwahrscheinlicher Zufall hat sich in Abb.2 realisiert: Der willkürlich
gewählte Schnitt durch das Fundstück traf zufällig eine Höhle mit
ummantelten Hyphen. Dort ging der Schnitt zufällig nahezu genau
parallel zu einer Hyphe in einem so kleinen Abstand, dass die Hyphe
durch den Quarz hindurch auf einer Länge von 4mm zu
sehen ist: Abb.2.
Abb.2: Pilzhyphe in einer Höhle im Rhynie Chert, als
sehr dünne waagerechte Linie im Quarz sichtbar. Bildbreite 4.5mm.
Die Hyphen wuchsen im Wasser nahezu schwerelos schwebend,
so dass sie einfach geradeaus
wachsen konnten. Das ist jedoch keinesfalls eine ausreichende Erklärung
für die beobachtete Geradlinigkeit. Mit beginnender Ummantelung durch
Chalzedon und Quarz wurden die Hyphen schwer, aber auch steif, so dass
sie gerade bleiben konnten, wenn die Steifigkeit genügend hoch war.
Andernfalls konnte die Hyphe wie ein schlaffes Seil durchhängen, wie in
Rhynie
Chert News 63zu sehen. Es
ist auch denkbar, dass Kieselgel die Hyphe während der
Ummantelung stabilisierte
und sich später auflöste. (Es gibt Beispiele für Höhlen,
die einmal mit Kieselgel gefüllt waren und jetzt leer sind.)
Im Rhynie Chert gibt es bekanntlich zahlreiche
Arten von Pilzen
[1] mit oder ohne Tendenz zu geraden Hyphen. Hier wird nicht
versucht, die geraden Hyphen einer Art zuzuordnen.
Die Hyphen mancher Pilze sind stark verzweigt
und vernetzt, ohne deutliche gerade Abschnitte. Die Hyphen
des kürzlich (2017) entdeckten devonischen Mycoparasiten
ähnlich der rezenten Trichoderma sind
unregelmäßig spiralig bis wellig
Die
Quarzkristalle auf den Hyphen in Abb.1,2 hatten sich langsam bei
geringer Übersättigung gebildet. Bei hoher Übersättigung kann der
gesamte wassergefüllte Raum zu Kieselgel und später zu Chalzedon
werden: Abb.3.
Abb.3: Gerade Pilzhyphen
in Chalzedon zwischen Pflanzenresten im ehemaligen Sumpf, der zu Rhynie
Chert verkieselte.
Bildbreite 2.8mm.
Dieser märchenhafte Anblick könnte den aufmerksamen Betrachter an
"bridge
over troubled water" erinnern.
Anscheinend besteht die "Brücke" bis zum
"Pfeiler" aus zwei sich
berührenden Hyphen.
Die einzelne Hyphe rechts vom "Pfeiler" ist ca. 12µm dick.
Wie
in Abb.2 bleibt auch hier die Geradlinigkeit unerklärt. Abb.3 ist noch
rätselhafter wegen des schwachen, aber deutlichen Knickes am "Pfeiler".
Die Illusion einer üppig bewachsenen Steilküste entsteht hier durch Mikroben,
die an ehemaligen Kieselgel-Oberflächen nicht selten waren und dort
wahrscheinlich eine Schleimschicht im Wasser bildeten, bevor alles zu
Rhynie Chert verkieselte.
Fundstücke: Rh14/17.5 und Rh14/18.4, 2007 erhalten
von Barron:
Abb.1 und Abb.2; Rh9/61.1
(0.13kg), 2004 gefunden: Abb.3;