Fossile Pilze sind selten und ein so ungewöhnliches Thema auch für
Paläobotaniker, dass Fossiliensammler zu der Ansicht verleitet werden
könnten, es sei nutzlos, danach zu suchen. Das rätselhafte Fossil Prototaxites
aus
Silur und Devon, das dick wie ein Baumstamm sein kann, ist kürzlich als
riesiger Pilz gedeutet worden (oder als zusammengerollter
Lebermoos-Teppich), ist aber wahrscheinlicher ein Nematophyt,
wie früher vermutet. Abgesehen von diesem problematischen
Fossil gibt es nicht viel, was wie paläozoische Pilze aussieht, mit
einer bemerkenswerten Ausnahme: Pilze findet man in großer Menge im
Hornstein von Rhynie (Rhynie Chert), der für
gute Erhaltung eines sumpfigen Lebensraumes aus dem Unter-Devon bekannt
ist. Mittels Mikroskop erkennt man, was sie in den lebenden und
abgestorbenen Pflanzen bewirkten. Die zarten Hyphen sind leichter zu
entdecken, wenn sie einen Hohlraum durchqueren,
verstärkt durch eine Hülle aus Chalzedon und Quarzkristallen (Abb.1).
Abb.1: Schräger Schnitt durch einen hohlen Halm von
Aglaophyton
mit dunkel sichtbarer Zellstruktur der Wand und ummantelten
Hyphen im Hohlraum, Bildbreite 4mm.
Die Hyphen des aquatischen Pilzes waren im wassergefüllten
Hohlraum gewachsen. Später lagerte sich eine dicke Hülle aus Chalzedon
und Quarzkristallen darauf ab. Man beachte den Faden, der in voller
Länge in der lichtdurchlässigen Hülle sichtbar ist, und andere Fäden
als winzige dunkle Punkte auf Querschnitten.
Zufällig gibt es
auf der gleichen Schnittfläche des kleinen
Fundstücks von 120g weitere Belege für die
Anwesenheit von Pilzen in weniger als 3cm
Abstand.
Die dickwandigen kugeligen Gebilde in Abb.2 unten links, ca. 0.35mm,
sind in zerfallenden Pflanzenteilen im Rhynie Chert häufig und werden
meist Chamydosporen genannt.
Ein anderer Pilz, dessen Chlamydosporen mit
0.05mm vergleichsweise klein sind, ist
auf der unsymmetrischen
Schnittfläche in der
Mitte von Abb.2 zu sehen. Es ist ein
schräger Schnitt von Aglaophyton
nahe einer Gabelung, möglicherweise mit
zusätzlicher Unsymmetrie
durch Deformation.
Ohne Beziehung zum Pilz ist der auffällige Riss, gebildet in einem
solchen Zustand der Verkieselung, wo die Reaktion auf Dehnung nicht
mehr vom Pflanzengewebe dominiert war, sondern von den
mechanischen Eigenschaften des Kieselgels. Später füllte sich der Riss
mit einer gelben Ablagerung.
Ein ganz anderes Phänomen
sieht man im Querschnitt in Abb.2 rechts. Abgesehen vom Leitbündel ist
das Gewebe in
einer speziellen Weise degradiert: Kleine Hohlräume sind so gleichmäßig
verteilt, dass sie nicht wie das zufällige Ergebnis
von Fäulnis aussehen. Sie erinnern an rosettenartig angeordnete Hohlräume
in anderen Fundstücken,
eine Wachstumsanomalie, die wahrscheinlich durch einen Pilz gesteuert
wird. In Abb.3 zeigt
sich die Anwesenheit eines Pilzes im Gewebe durch
eine Chlamydospore in leicht geschrumpften
Zustand, die in
eine Masche zu passen scheint. Es ist unklar, ob dieser Pilz
für die Maschenstruktur verantwortlich ist oder nicht.
Abb.2 (links): Aglaophyton-Schnitte
mit mindestens vier verschiedenen Auswirkungen von Pilzen.
Bildbreite 8.6mm.
Abb.3: Ausschnitt aus Abb.2, Grenze zwischennebeneinander
liegenden Aglaophyton -Sprossen,
die unterschiedlich von Pilzen beeinflusst sind.
Bildbreite 1.4mm.
Der Pilz, der seine Anwesenheit durch eine lockere Reihe
dunkel
gefüllter Zellen zeigt, einige davon kollabiert, links von der
senkrechten
Grenze in Abb.3, ist mittels [1] leicht als der symbiotische Pilz Glomites
rhyniensis
zu erkennen, der sich in der lebenden Pflanze ausbreitet.
Die
dunklen Füllungen bestehen aus sogenannten Arbuskeln, dichten Klumpen
sehr dünner verzweigter Hyphen, die Symbiose realisieren. Die kugeligen
Objekte links, mit 45-55µm Durchmesser,
entsprechen
anscheinend jenen, die in [1] als Sporen bezeichnet werden, deren
Funktion unklar ist. Jene Sporen sind "länglich bis kugelig mit
50-80µm Durchmesser" und unterscheiden sich
damit etwas von den hier beschriebenen Kugeln.
Die
Deutung der Hohlräume in Abb.2,3 (rechts im Bild) als fehlgesteuertes
Wachstum ist gleichbedeutend mit der Annahme, ein weiterer Pilz sei in
der lebenden Pflanze vorhanden. Diese Annahme wird, wie oben erwähnt,
durch
rosettenartige Anordnungen in anderen Fundstücken unterstützt (Abb.4).
Eine
Deutung ähnlicher Hohlräume als Folge des Schrumpfens geschädigten
Gewebes [2] ist auszuschließen, weil diese von gesundem Gewebe umgeben
sein können. Andere fossile Belege für die wahrscheinliche Anwesenheit
von Pilzen in lebenden Pflanzen werden in Rhynie
Chert News 54
vorgestellt.
Abb.4: Rosettenartig angeordnete Hohlräume in
Aglaophyton,
die auf fehlgesteuertes Wachstum
bei Pilzbefall hindeuten. Breite des Querschnitts 3mm.
Fossile Pilze aus dem Paläozoikum verdienen
Aufmerksamkeit, denn sie waren hilfreich bei der
Besiedelung des Festlandes durch Pflanzen [3]: ein komplizierter und
faszinierender Prozess, der anscheinend bisher nur teilweise erforscht
ist [4,5].
(Einige Größenangaben in [4] und anderen
Publikationen zu devonischen Pilzen sind untereinander widersprüchlich
und folglich fehlerhaft. Siehe Kapitel Fehler
und Irrtümer.)
Fundstücke: Rh5/9 (0.12kg), gefunden 2002; Part 1:
Figs.1-3. Rh9/73 (0.33kg), gefunden 2004; Part 2:
Fig.4.
H.-J.
Weiss
2014
2020
[1] T.N.
Taylor et al.: Fossil arbuscular mycorrhizae from the
Early Devonian,
Mycologia 87(1995), 560-73.
[2] www.abdn.ac.uk/rhynie
[3] T.N.
Taylor, J.M. Osborn: The importance of
fungi in shaping the paleoecosystem.
Rev. Palaeobot. Palyn.
90(1996), 249-262.
[4] H.
Hass, T.N.
Taylor, W. Remy: Fungi from the
Lower Devonian Rhynie chert.
Amer. J. Botany 81(1994),
29-37.
[5] T.N. Taylor,
E.L.Taylor, M. Krings: Paleobotany, Elsevier 2009.