Sächsische Madensteine - ein reiches Forschungsfeld, nicht gut bestellt

Die Forschungsgeschichte der Hornsteine mit eingeschlossenem Farnlaub, genannt „Madensteine“, wurde schon mehrmals beschrieben, z.B. in [1,2]. Der schönste und größte Madenstein, 
2001 von Wolfang Schwarz gefunden, ist als ganzseitiges Bild in [1] zu sehen.
Der letzte Satz der umfassenden Publikation [3] zu den Pflanzenfossilien des Döhlener Beckens enthält die Einschätzung „Viele Probleme der Madensteine ... bieten unseren Nachfahren ein reiches Forschungsfeld“. Es ist bedauerlich, dass die Arbeit auf dem „reichen Forschungsfeld“ nicht immer sorgfältig war, mit zahlreichen verwirrenden Fehlern in den Größenangaben bis zu Faktoren 2 in [1] und 11 in [3], (siehe Google: Fehler Paläobotanik, dort: Scolecopteris).
Bedenklich sind auch einige Besonderheiten des Textes [3], die vermuten lassen, der Autor habe sich einschränkenden Regeln unterworfen, die Fortschritte auf dem Forschungsfeld behindern.

Regel 1: Das schreiben, was Andere geschrieben haben:
„Unser Madenfarn ist, wie alle anderen Arten der Gattung Scolecopteris, durch 4 bis 5 spindelförmige Sporangien ... charakterisiert. Diese Sporangien sind ... meist radiärsymmetrisch zu Synangien verwachsen ... .“ [1], S. 73.
Hier wurden aus älterer Literatur vier Fehler übernommen: Unser Madenfarn hat nicht 4 bis 5 Sporangien, sondern 3 bis 6,
sehr selten mehr, nicht spindelförmig, sondern kantig, und meist nicht radiärsymmetrisch verwachsen (Abb.1,2). Es ist auch nicht wahr, dass alle anderen Arten die gleichen Eigenschaften haben wie "unser Madenfarn".
Madenfarn-SynangienMadenfarn-Synangien
Abb.1,2: Scolecopteris-Sporangien im Querschnitt: nicht "spindelförmig", sondern kantig, meist nicht radiärsymmetrisch zu Synangien angeordnet. Bild links außen 1.23mm breit, rechts
 2.2mm breit.
(Man sieht in Abb.2 nicht ein Fiederblättchen wie in [1], S.73, angegeben, sondern die Hälften von zweien, mit undeutlichen Rändern dazwischen.)
 


Regel 2: Abweichende Erkenntnisse nicht direkt, sondern vorsichtig und umständlich formulieren:
"Das reiche Fundmaterial ... zeigt aber, dass diese in vielen wissenschaftlichen Diagnosen
hervorgehobenen Merkmale viel variabler sind." [1], S. 73.

Regel 3: Schlussfolgerungen so formulieren, dass jeder zustimmen kann:    
"...der Verdacht auf das Vorkommen weiterer Farne muss jedoch ständig überprüft werden." [1], S.74.


Das „ständige Überprüfen des Verdachts“ ist zweifellos nützlich, aber nicht erwähnenswert. Eigene Funde mit deutlich abweichenden Merkmalen bestätigen nicht nur den Verdacht, sondern belegen das Vorkommen weiterer Farne, sehr wahrscheinlich Madenfarn-Arten, in den Madensteinen aus dem Döhlener Becken (Abb3,4).
hairy sporangiaMadenfarn-Blättchen, untypischMadenfarn-Blättchen, tyisch
Abb.3 (links außen): Sporenkapseln mit Haaren, im Döhlener Becken sehr selten. Bildhöhe 1.25mm.

Abb.4: Untypisches Fiederblättchen ohne Fransen am Rand, 1.7mm breit, mit freistehenden dickwandigen Kapseln, selten.

Abb.5: Fiederblättchen des Typus-Exemplars [4] von Scolecopteris elegans zum Vergleich,
            ca. 2mm breit, mit Fransen am Rand, häufig.

Regel 4: Möglichst so lassen, wie es war:
„Hier bestehen die Madensteine höchstwahrscheinlich nur aus einer einzigen Scolecopteris-Art." [1], S.75.
Wie schon erwähnt, wird im vorliegenden Beitrag mit eigenen Funden belegt,
dass in den Madensteinen des Döhlener Beckens nicht nur eine einzige Scolecopteris-Art zu finden ist.

Zwischen den Publikationen von 2002 [1] und 2015 [3] gab es auf dem Forschungsfeld der Madensteine kaum Aktivitäten, abgesehen von eigenen Beiträgen in www.chertnews.de [5,6]. Vielleicht haben diese zu folgender Erkenntnis des Autors beigetragen: „ ... innerhalb eines Madensteins können die Fiedern verschiedener Scolecopteris-Arten eingebettet sein (Abb.208).“ [3], S.226. (Der Verweis auf Abb.208 ist unverständlich, weil man dort nur eine Art sieht; außerdem falsche Größenangabe.)
Wie in [1] werden die Sporangien als spindelförmig charakterisiert, aber dann als „ ... im Querschnitt stark asymmetrisch“ ([3], S.228), was sich widerspricht.
Die in vielen Fundstücken vorhandenen 3-zähligen Synangien [6] werden in [1,3] nicht erwähnt.
Madenfern-Sporangien mit Sporen
Die in Abb.209 in Falschfarben dargestellten Sporen seien hier als Beispiel dafür genannt, dass viele falsche Größenangaben den Wert der umfangreichen Publikation [3] stark vermindern: Im Text auf S.228 ist die Größe der Sporen als ca. 40µm angegeben, in Abb.209 sind es ca. 70µm, und im hier vorliegenden Original sind es 27µm. Die Größe
voll entwickelter Sporen ist ein nützliches Artmerkmal und keinesfalls so variabel, dass die falschen Angaben für unerheblich erklärt werden könnten. Sporangien mit Sporen des gleichen Fundstücks sind auch in [7], Bild 191, mit falscher Größenangabe abgebildet. (Siehe Google: Scolecopteris Fehler Rößler).

Abb.6:  Sporangien des Madenfarns mit Sporen bis 27µm, rechts unten herausgefallene Sporen. Bildbreite 0.8mm. (Das Bild des gleichen Objekts in [7] zeigt den Zustand vor dem Schleifen und Polieren.)

Die in letzter Zeit auffällige Häufung falscher Größenangaben in der Paläobotanik gab den Anlass, die Publikation [3] daraufhin genauer anzusehen. Es zeigte sich, dass im Gegensatz zu den in [1,3,7] zu groß dargestellten Sporangien und Sporen andere Teile des Madenfarns um Faktoren 3 bis 11 zu klein angegeben wurden: [3], Abb.210 und 130. Nicht nur Farne sind von falschen Angaben betroffen, sondern auch Calamiten und Cordaiten. Vereinzelt sind widerspüchliche Inventarnummern oder Fundortangaben anzutreffen. Die Zahl aller Mängel geht in die Dutzende.
Die Publikation [3] ist nicht nur wegen der ungewöhnlich vielen Mängel auffällig, sondern auch wegen der Weigerung des Autors, diese zu korrigieren. Er erklärt diese für nicht relevant, mit der absurden Begründung, "dass sich die Differenzen innerhalb der natürlichen Variabilität der Pflanzenarten und ihrer Fossilisation bewegen und somit für taxonomische und paläobiologische Aussagen ohne Bedeutung sind". Das ist kunstvoll formuliert, aber nicht wahr: Ein Baumstamm ist niemals so dünn wie ein Grashalm, und ein Faktor 11 wäre der Unterschied zwischen Haselnuss und Kokosnuss, also niemals natürliche Variabilität einer Art [8].
Generationen von Paläontologen haben mittels sorfältiger Forschung erreicht, dass Schlussfolgerungen aus den fossilen Befunden als glaubwürdig gelten und damit als Belege für den inzwischen weitgehend etablierten Evolutionsgedanken dienen. Es muss vermieden werden, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft durch einige oberflächliche Publikationen mit Widersprüchen und groben Fehlern zu untergraben.

Funde: Hornstein von der Typuslokalität des Madenfarns Scolecopteris elegans beiderseits der Grenze zwischen Burgk und Kleinnaundorf,
Ortsteile von Freital, Unter-Perm (Rotliegendes), Döhlener Becken;  
    aufbewahrt in der eigenen Sammlung, wenn nicht anders vermerkt;   
Abb.1:  Bu10/7, Burgk, Kohlenstr. 24, 1998 erhalten von H. Nitzsche.
Abb.2:  Bu8/18,  Burgk, Am Seilerschuppen, 1997 gefunden und aufbewahrt von U. Wagner.  
Abb.3:  Bu7/140.2, Kleinnaundorf, Kohlenstr., 2003 erhalten von Gert Müller.
Abb.4:  Bu4/31.1, Burgk, Bernhardts Weg 25, 1996 gefunden auf dem Grundstück Lippert,

H.-J. Weiss
      2018 

[1]  M. Barthel: Die Madensteine vom Windberg, Deutschland.  in: U. Dernbach, W.D. Tidwell : Geheimnisse versteinerter Pflanzen. D'ORO Verlag Heppenheim 2002, S.65-77.
[2]  M. Barthel, R. Rößler, H.-J. Weiss: Sächsische "Madensteine" - Irrtümer und Fortschritte. Geologica Saxonica 46/47(2001), 197-202.

[3]  M. Barthel: Die Rotliegendflora der Döhlen-Formation. Geologica Saxonica 61 (2) 2015 (2016 erschienen), 105-238.
[4]  M. Barthel, W. Reichel, H.-J. Weiss: "Madensteine" in Sachsen.  Abhandl. Staatl. Mus. Mineral. Geol. Dresden 41(1995), 117-135, Tafel 1.
[5]  H.-J. Weiss: Synangien-Stiele von Scolecopteris – wirkliche und vorgetäuschte. www.chertnews.de, Permian Chert News 4.
[6]  H.-J. Weiss: Auffällig im Hornstein – Synangien von Scolecopteris.  www.chertnews.de, Permian Chert News 5.
[7]  R. Rößler: Der Versteinerte Wald von Chemnitz, 2001
[8]  H.-J. Weiss: Geologica Saxonica und "Alternative Fakten", www.chertnews.de.
Scolecopteris pinnule cross-section, Sardinia Permian Chert News 19

Übersicht
Permian Chert News
deutsch
Irrtümer
Fossiliferous chert
deutsch