Der beschönigende Ausdruck für Falschmeldungen, die absichtlich nicht
korrigiert werden, auch nicht nach Hinweis und Aufforderung, sollte im
Zusammenhang mit einer wissenschaftlichen Zeitschrift gegenstandslos
sein. Bedauerlicherweise und für "Normalbürger" unerwartet gehen
"Alternative Fakten" zuweilen in die wissenschaftliche Literatur ein,
wo sie oft lange Zeit bestehen bleiben und Verwirrung stiften.
Deshalb ist es ratsam, offensichtlichen Falschmeldungen sofort auf der
Grundlage wirklicher Fakten zu widersprechen.
Im Döhlener Becken
bei Dresden mit dem Talkessel von Freital hat der langjährige Bergbau
auf Kohle und Uran zahlreiche Abdruck-Fossilien aus dem Rotliegenden
geliefert [1]. Unabhängig vom Bergbau wurden in
den letzten 30 Jahren große Mengen fossilhaltiger Kieselgerölle
(Hornsteine) gesammelt, mit Fossilen, meist nur Pflanzen, in
räumlicher Erhaltung. Diese konnten bisher
nur teilweise ausgewertet werden. Eine
umfangreiche Publikation [2] umfasst, abweichend von deren Überschrift,
nicht nur die Pflanzenfossilien der Döhlen-Formation,
sondern auch einen Teil der erwähnten jüngeren
Hornsteine, wahrscheinlich aus der obersten Formation des Döhlener
Beckens.
Unter
den großen Mengen gab es einmalige Funde von besonderem
wissenschaftlichem Wert. Ein Beispiel ist das hier abgebildete
Bruchstück des Stammzentrums eines Baumfarns mit
sehr gut erhaltener
Gewebestruktur (Abb.1,2), einziger Fund mit dieser Qualität
im Döhlener Becken. (Abb.1 zeigt die Rückseite der in [2], Abb.130A,
abgebildeten flachen Scheibe und sieht deshalb nahezu wie deren
Spiegelbild aus. Die Scheibe wurde vor Jahren an M. Barthel
übergeben
und befindet sich nun im Museum für Naturkunde Berlin, Nr. PB 2013/30.
Zwei Endstücke liegen hier vor.)
Abb.1: Stammquerschnitt (Psaronius) mit
auffälligen Leitbündeln im Grundgewebe, Bruchstück.
Fund: W/19 (1991)?, Teil 2, Golfplatz Wilmsdorf, Possendorf, Döhlener
Becken. Bildbreite 5cm,
(angeblich 0.45cm in Geologica Saxonica [2], Abb.130A).
Abb2: Leitbündel-Querschnitt, Tracheiden mit wenig Grundgewebe
dazwischen.
Fund wie Abb.1, Teil W/19.3,
eigene Sammlung. Bildbreite 1.4mm,
(falsche Größen in [2], Abb.130B,C).
Die Leitbündel in Abb.1 sind ca. 2mm breit, aber in [2],
Abb.130B,C, sind sie angeblich 0.4mm und 0.2mm breit.
Die
offensichtlich falschen Größenangaben wurden, zusammen mit einigen
weiteren Fehlern, sofort nach Erscheinen von [2] dem Autor
mitgeteilt, worauf dieser nicht reagierte, auch nicht anlässlich der
Präsentation dieser Veröffentlichung am passenden Ort, Schloss Burgk
inmitten des Döhlener Beckens, im Mai 2016. Bei dieser Gelegenheit
erhielt der Chefredakteur von Geologica Saxonica, Prof. J.-M. Lange,
Kenntnis
von den Fehlern und äußerte sich ebenfalls nicht dazu.
Bei genauerer Betrachtung von [2] kamen
schnell weitere grobe Fehler zum Vorschein. Der Schnitt des Sporangiums
rechts in Abb.3 ist in [2], Abb.209, um einen Fakto 2.7 zu groß
angegeben. Außerdem sind die Angaben in [2] widersprüchlich: Die
angeblich 70µm großen
Sporen in jenem Bild, sind auf
S.228 mit 40µm angegeben,
aber im hier vorliegenden Original sind es 27µm.
Die Sporengröße ist ein nützliches Unterscheidungsmerkmal der
weltweit verbreiteten Arten des Baumfarns Scolecopteris aus
dem Rotliegenden, weshalb fehlerhafte Größenangaben nicht geduldet
werden können.
Auf entsprechende Hinweise reagierten Autor und
Chefredakteur mit einer Kombination aus verschämtem Schweigen und
unverschämter Arroganz. Um mühsame Korrekturen zu vermeiden, haben sie
ohne
Rücksicht auf die Folgen sich darauf geeinigt, "dass sich die
Differenzen innerhalb der natürlichen Variabilität der Pflanzenarten
und ihrer Fossilisation bewegen und somit für taxonomische und
paläobiologische Aussagen ohne Bedeutung sind." Diese
scheinklug formulierte Lüge ist schn ell als solche enttarnt: Ein Faktor
11 entspricht
dem Unterschied zwischen Haselnuss und Kokosnuss, und das ist niemals
"natürliche Variabilität" einer Art. Der 5cm breite Stamm in Abb.1 ist in [2] so dick wie ein Grashalm, was mit ein wenig Sorgfalt vermeidbar gewesen wäre.
Abb.3: Querschnitt eines Fiederblättchens aus einem großen Wedel des
Baumfarns Scolecopteris
aus dem
Rotliegenden, seltener Fund mit gefüllten Sporangien und einigen
ausgestreuten Sporen (links), mit deutlicher Kontur infolge eines
Risses längs der Oberseite des Blättchens, wo die wachsartige Kutikula
eine mechanische
Schwachstelle und damit einen leichten Rissweg bietet.
Fund: B/51 (1995), 5.3kg,
Bannewitz, Döhlener Becken, eigene
Sammlung: B/51.2 (Scheibe 14mm, geteilt). Bildbreite 2.15mm. (Siehe
auch: Sporen
des Madenfarns.)
Der
Leser kann mit Recht verlangen, dass Geologica Saxonica und jede andere
wissenschaftliche Zeitschrift nur Wahres bietet. Falsches ist nach
Bekanntwerden schleunigst zu korrigieren. Das könnte der normale Gang
der Dinge sein, ist es aber nicht. Der Leser von Geologica
Saxonica soll sich selbst
darum kümmern. Er soll den Wunsch nach Korrekturen dem Autor als
persönliches Anliegen unterbreiten, das dieser zur Kenntnis nehmen kann
oder nicht. Diese absurde Empfehlung wird von verschiedenen Stellen der
Wissenschaftshierarchie erteilt. Offenbar entwickelt niemand in dieser
Hierarchie das persönliche Anliegen, die Leser vor Falschmeldungen zu
bewahren.
Wiederholte Aufforderung zur Korrektur der
inzwischen erkannten ca. 30 groben Fehler und der noch zu findenden hat
nur bewirkt, dass alle Betroffenen sich mit Autor
und Chefredakteur solidarisieren, womit diese Ausgabe von Geologica
Saxonica jetzt noch eine reiche Fundgrube "Alternativer Fakten" ist.
Ein zwecks Abschreckung weiterer Kritik
verfasstes Schreiben [3] im Namen von 4 Professoren
(!), mit vielen Schimpfwörtern statt sachlicher
Argumente, ist
anscheinend ein Ausdruck von Hilflosigkeit angesichts der
Tatsache, dass hier die Realität nicht mit der Publikation verträglich
ist.
Eine
interne "ausführliche Prüfung" des Sachverhalts im Auftrag von Prof.
Mosbrugger ergab "keinen Anfangsverdacht für das Vorliegen
wissenschaftlichen Fehlverhaltens." (!) [4]. Offenbar werden
"Alternative Fakten" in Teilen der professionellen Paläobotanik
aus bequemer Interesselosigkeit geduldet, obwohl sie mit dem
sprichwörtlichen gesunden
Menschenverstand interessierter
Laien schnell widerlegt werden können.
Nachtrag Nov. 2017: Prof. J. Schneider, wissenschaftlicher Beirat von
Geologica Saxonica, vertritt die aufschlussreiche Ansicht, einem Autor
mit "Ruf"
könnten grobe Fehler und
Irrtümer "nichts, aber auch gar nichts anhaben" [5].
H.-J.
Weiss
2017
[1] W. Reichel, M. Schauer: Das Döhlener Becken bei Dresden.
Bergbau in Sachsen 12(2007).
[2] M. Barthel: Die Rotliegend-Flora der Döhlen-Formation.
Geologica Saxonica 61(2), 2015, 108-229.
[3] J.-M. Lange, M. Barthel, R. Rößler, u.a.: Stellungnahme
zur Kritik von Herrn Dr. Weiß am Heft 61(2) der Geologica Saxonica,
übermittelt von U. Linnemann, 6.4.2017.
[4] V. Mosbrugger, Senckenberg
Gesellschaft für Naturforschung: Private Mitteilung, 29.5.2017.
[5] J. Schneider: Schreiben an 10 Empfänger, 24.10.2017.