Der unter-devonische Rhynie-Hornstein ist nicht nur für
gut erhaltene frühe Landpflanzen bekannt, sondern auch wegen der häufig
erhaltenen Pilze [1]. Hier werden einige Beispiele ausgewählt, um die
Aufmerksamkeit auf die vielfältigen von Pilzen verursachten Phänomene
zu lenken. Einige davon sind Glomites
rhyniensis
zuzuordnen, der in der Fachliteratur mehrmals behandelt wurde [1,2].
Ein Beispiel für diesen Pilz ist in Abb.1 zu sehen, wo Zellen
mit dunkler Füllung ("Arbuskeln") in lockerer Anordnung zwei nahezu
kreisförmige Linien bilden. Die Bildung von Arbuskeln bei mehreren
rezenten Arten von Glomus
ist ein verbreitetes Phänomen, bekannt als
"Arbuscular Mycorrhiza", relevant für Vegetation und Landwirtschaft.
Abb.1: "Bankräuber-Maske": Querschnitt von Aglaophyton (former
Rhynia major)
nahe einer Gabelung, mit mehreren Auswirkungen
von Pilzbefall.
Offensichtlich liegt die Schnittebene (Abb.1) über der Gabelung des
Leitbündels, aber unter der Gabelung des Sprosses, so dass hier zwei
getrennte Leitbündel vorhanden sind, aber nicht zwei getrennte Sprosse.
Die
Zellen mit dunkler Füllung sieht man häufig auf kreisförmigen
Querschnitten, wo sie als Ring mit kleinem Abstand von der
Epidermis erscheinen. Hier tendieren sie dazu, zwei Kreise zu
bilden, so als würden sie sich auf die weiter oben im Spross erfolgte
Gabelung vorbereiten.
Daraus ergibt sich die Frage, wie der Pilz die Zellen auswählt, in
denen er sich einnistet. Offensichtlich wählt der Pilz nicht einfach
einen bestimmten Abstand vom Rand, wie es anhand kreisförmiger
Querschnitte zu vermuten wäre. Folglich gibt es hier ein Problem,
dessen Lösug zu einem besseren Verständnis dieses Symbiose-Typs
beitragen könnte.
Die
auffälligste Besonderheit in Abb.1, die großen Hohlräume unter den
(deformierten) Leitbündeln, werden hier als Wachtumsanomalie gedeutet,
verursacht durch einen Pilz. Dafür gibt es hier keinen Beweis, aber
Vergleiche mit anderen ungewöhnlichen Hohlräumen und diesbezüglichen
Diskussionen stützen diese Deutung. (Siehe Rhynie
Chert News 4,
21,
54.)
Hohlräume infolge Zesetzung des Gewebes wären sehr wahrscheinlich nicht
symmetrisch angeordnet.
Die
Beobachtungen legen die Deutung nahe, dass Pilze die lebende Pflanze
beeinflusst haben. Als weiterer Hinweis auf einen Pilz ist in der
rechten Hälfte eine "Chlamydospore" zu sehen, ein häufiges aber wenig
verstandenes Gebilde. Mehr Chlamydosporen gibt es in Abb.3-5. Diese
sind ähnlich aber doch anders als Palaeomyces Gordoni
[3].
Abb.2,3,4: "Kaulquappen-Rennen" in Aglaophyton:
Chlamydosporen eines Pilzes, ungewöhnliches Aussehen mit "Schwänzen".
Man beachte auch die Reihe kleiner dunkler Punkte infoge der
Anwesenheit von Glomites
und wenige sehr dünne längs ausgerichtete Hyphen in Abb.2,4.
Der "Körper" des Pilzes besteht aus einem System hier kaum
sichtbarer Hyphen, aber die Chlamydosporen
oder Ruhesporen sehen aus wie dickwandige Kugeln, oft mit anhängenden
Resten von Objekten gleicher Größe
(Abb.4,5). Letzteres ist im Hornstein von
Rhynie seltener.
Anscheinend waren die Chlamydosporen
oft mit einer dünnen Hyphe verbunden, was auf zufälligen Schnittflächen
selten sichtbar ist. (Siehe hier).
In diesem Fundstück waren die Chlamydosporen scheinbar
über einen kurzen dicken
Schlauch mit einem rätselhaften Gebilde ähnlicher Form und Größe
verbunden (Abb.5), meist in verschiedenen Stadien des Zerfalls. (Siehe
Ergänzung und Rhynie
Chert News 64
Abb.9.) In einer ausführlichen frühen
Veröffentlichung über Pilze im Hornstein von Rhynie [3] ist diese
Besonderheit nicht behandelt.
Abb.5: "Brille":
Chlamydospore (rechts),
mit einem rätselhaften Gebilde
verbunden.
Detail von Abb.3, Breite 1mm.
Pilzhyphen wie die schwach sichtbaren
dünnen dunklen Linien in Abb.3,4 sind im Hornstein von Rhynie meist
häufig, aber in anderen Hornsteinen selten.
Ummantelt
mit einer oder mehreren Lagen von Chalzedon oder Quarz können sie
auffällige Netzwerke bilden, auch frei stehende in Hohlräumen. (Siehe
Rhynie
Chert News 64,
Abb.8.) In
Abb.6 ist die Hyphe als winziger brauner Punkt im "Auge" kaum zu sehen,
aber sie hat die zufällige Anordnung von Rissen und weißlicher
Ausfällung in eine Art Chimäre verwandelt. Es war ein seltsamer Zufall,
dass die Hyphe, ummantelt mit klarem Chalzedon und deshalb im Auflicht
dunkel als Auge erscheinend, die Neugier angeregt und die
Aufmerksamkeit auf dunkle Flecken weiter rechts (am Bildrand) gelenkt
hat: Das war
die Entdeckung des ältesten jemals gesehenen Rädertierchens.
(Siehe Rhynie
Chert News 23.)
So kann man sagen, das devonische Rädertierchen wäre
wahrscheinlich ohne die ummantelte Hyphe bis jetzt noch nicht entdeckt
worden und würde wahrscheinlich nicht bald entdeckt werden.
Abb.6: "Chimäre" im Hornstein von Rhynie, bestehend aus
Rissen, weißlicher
Ausfällung, und einer Pilzhyphe mit
klarem Chalcedon ummantelt, als
dunkles Auge erscheinend. Bildbreite 7mm.
Abschließend
ist festzustellen, dass der Rhynie-Hornstein auch wegen seiner
Konservierung von Pilzen ein ungewöhnliches Gestein ist. Das
lässt hoffen, weitere Einzelheiten zu finden, die sich zu einem
einsichtigen Bild der komplexen Beziehungen früher Landpflanzen und
Pilze zusammenfügen lassen, einschließlich Symbiose und Abbau
organischer Substanz.
Fundstücke: Abb.1-5: Rh6/17, 2002 gefunden. Abb.6: Rh12/83.2 (90g), 2006 gefunden von S. Weiss.
Ergänzung 2014:
Was in Abb.2-5 Chlamydosporen genannt wird, ist
ausführlich in
[4] als "acaulosporoid glomeromycotan spores" beschrieben worden, die
"spore-saccule
complexes" bilden. Nach dieser Beschreibung entstehen die Sporen
seitlich am Schwanz einer Vesikel. Demzufolge sollte der visuelle
Eindruck eines verbindenden Schlauches, der von Abb.5 und von Abb.9 in Rhynie
Chert News 64
suggeriert wird, als Illusion infolge der Blickrichtung betrachtet
werden. Die
Frage, warum eine große Spore neben einer ebenso großen
Vesikel an
einer dünnen Hyphe entsteht, wird wahrscheinlich in der umfangreichen
Literatur
beantwortet, die in [4] zitiert ist.
H.-J. Weiss
2013, ergänzt 2014
[1] T.N.
Taylor, J.M. Osborn: The imporance of
fungi in shaping the paleoecosystem.
Rev. Palaeobot. Palyn.
90(1996), 249-262.
[2] T.N. Taylor,
E.L.Taylor, M. Krings: Paleobotany, Elsevier 2009.
[3] R.
Kidston, W.H. Lang : On Old Red Sandstone
plants showing structure ... Part V. The Thallophyta ...
Trans. Roy. Soc. Edinburgh 52
(1921),
855-902.
[4] N.
Dotzler, Ch. Walker, M. Krings, H. Hass, H. Kerp, T.N.
Taylor, R. Agerer:
Acaulosporoid
glomeromycotan spores with a germination shield from ... Rhynie chert.
Mycol. Progress (2009) 8,
9-18.