Die
allgegenwärtige Diffusion, deren wesentlicher Beitrag zur Fossilbildung
leicht von jenen übersehen wird, die von zirkulierenden Lösungen
sprechen, ist in einem anderen Beitrag anschaulich erklärt
worden. Der vorliegende Beitrag soll auf verschiedene
Diffusionswirkungen in Hornstein aufmerksam machen. Risse
können die Diffusion auf gegensätzliche Weise beeinflussen:
Sie
bieten leichte Diffusionswege in Längsrichtung, aber behindern die
Diffusion quer dazu. Abb.1 zeigt als auffälliges Beispiel einen Riss
mit schmaler Öffnung, im Bild nur als dünne Linie sichtbar, aber mit
einem großen Einflussbereich.
Abb.1: Riss als dünne Linie, beiderseits mit
breitem Diffusionsbereich,
zufällig gequert von zwei unbeteiligten Rissen ohne Diffusionsbereich.
Bildbreite 4mm.
Anscheinend kam eine Substanz den Riss entlang,
wahrscheinlich durch Oberflächendiffusion entlang der Rissflächen,
und bewirkte, dass der Hämatit, der den Chalzedon rot gefärbt
hat, sich in den gelben Goethit umwandelte. Ein Teil des Goethits wurde
zu einer farblosen löslichen Eisenverbindung reduziert, die
wahrscheinlich durch Diffusion aus
dem Bereich des Risses verschwand.
Die Anordnung der drei nahezu
geraden Risse in Abb.1 ist aus mechanischer Sicht bemerkenswert. Jeder
Riss entstand unabhängig von den zwei anderen, folglich müssen sie zu
sehr verschiedenen Zeiten entstanden sein.
Der Riss von links oben
nach rechts unten muss der älteste sein. Seine Öffnung (20µm) ist
völlig
ausgeheilt, so dass er nicht als mechanische Inhomogenität
wirkt. Das muss schon so gewesen sei, als der waagerechte Riss von
links kam und den ersten unbeeinflusst kreuzte. Der waagerechte
Riss muss auch ausgeheilt gewesen sein, als der dritte Riss ihn
kreuzte. (Dieser ist noch offen, was ihn als dritten und letzten
ausweist.) Offenbar war die Diffusion im Gange, während der waagerechte
Riss offen war, also mit großem zeitlichem Abstand zu den zwei anderen
Rissen. Eine sehr kleine Deformation der gelben und entfärbten Teile
der Diffusionszone beweist, dass der erste Riss die Diffusion ein wenig
beeinflusste, obwohl er den Verlauf des zweiten Risses nicht
beeinflusste.
Abb.2: Risse als Diffusionsbarrieren in Hornstein mit körnigen
Ausscheidungen.
Aus der gleichmäßigen Verteilung der unbekannten Körnchen in einem
kleine Teil des Fundstücks (Abb.2) ist zu schließen, dass diese zuerst
entstanden. Dann kam der schräge Riss. Dieser heilte aus, bevor der
senkrechte Riss ihn unbeeinflusst kreuzte.
Es ist nicht leicht,
die Abfolge von Färbung und /oder Bleichung der Körnchen zu
rekonstruieren. Zumindest teilweise müssen solche Prozesse im Gange
gewesen sein, als der senkrechte Riss schon vorhanden und wie jetzt mit
kristallinem Quarz gefüllt war. Das folgt aus der Beobachtung, dass
dieser nicht als leichter Diffusionsweg wirkte. Folglich kann
man als einfachste
Version annehmen, die Diffusionsbarrieren als Ursache der
Farbunterschiede sind nicht die Risse selbst, sondern die Füllung der
ausgeheilten Risse. Es ist anscheinend hier nicht erkennbar, ob die
Diffusion einer Substanz durch den Chalzedon bis an einen ausgeheilten
Riss heran eine Färbung oder Bleichung bewirkt hat.
Hier zeigt
es sich wieder, dass es Grenzflächen im Chalzedon gibt, wie die auf
Querschnitten in Abb.1,2 als Linien
sichtbaren Flächen
der ausgeheilten Risse, die keine mechanische Auswirkung haben, aber
als
Diffusionsbarriere wirken. Die Erklärung scheint in der molekularen
Struktur verborgen zu sein.
Andere
kleine Bereiche des gleichen Fundstücks eignen sich für die Betrachtung
von Diffusionswirkungen ohne Komplikation durch Risse. Abb.3 zeigt
Ausscheidungen des gleichen Typs wie in Abb.2. Die höhere Vergrößerung
liefert keinen eindeutigen Hinweis auf eine Erklärung
Abb.3: Rätselhafte Klumpen, ca. 40µm, in milchig-weißem Chalzedon.
Bildbreite 1.2mm.
Mit dem Beleg für Bleichen in Abb.1 und vielleicht auch in Abb.2
kann man als eine Möglichkeit annehmen, dass die blassen Klumpen in
Abb.3 von rot zu farblos gebleicht wurden. Der auffällige weiße Punkt
in der Mitte einiger blasser Klumpen könnte für denkmögliche
Erklärungen bedeutsam sein:
(1) Ein langsam sich auflösendes
mineralisches Korn in Kieselgel könnte die Bildung des Klumpens
ausgelöst haben, der sich später mit Hämatit färbte.
(2) Blaualgen könnten aus unbekanntem Grund
bevorzugt um den weißen Punkt herum gewachsen sein und einen Klumpen
aus organischem Gel produziert haben,
außerdem Sauerstoff, der die Abscheidung von Hämatit auf dem Klumpen
bewirkte.
Für (2) spricht der dunkle Belag auf manchen
Klumpen, besonders auf den roten. Es ist möglicherweise die letzte Lage
der Blaualgen, die über die rote Ablagerung hinaus gewachsen waren, um
an das Licht zu gelangen, wie es von den Blaualgen in den gebänderten
Eisenerzen bekannt ist [1].
Die Bilder wurden an einem Hornstein-Geröll aufgenommen, gefunden an
der bekannten Fundstelle fossilhaltiger Gerölle bei
Kleinnaundorf (Kohlenstr.), Freital, Döhlener
Becken, Unter-Perm (Rotliegend).
Dieses Fundstück enthält deformierte Wedelstiele und Fiederblättchen
mit gegabelten Adern
und 4-zähligen Synangien des Baumfarns Scolecopteris,
außerdem Häutungsreste des Kleinkrebses Uronectes und Pilzhyphen.
Abschließend sei folgendes erwähnt: Scolecopteris,
der "Madenfarn", ist in diesen Hornsteinen
häufig zu finden, Häutungsreste von Uronectes
sind deutlich seltener, und Pilzhyphen sind
sehr selten.
Fundstück: gefunden von H. Ahlheim, bearbeitet und übergeben von H. Albrecht,
Dresden; aufbewahrt in der eigenen Sammlung unter Bu7/207 .
H.-J. Weiss
2015
[1] T.N. Taylor
et al.: Paleobotany. Elsevier 2009