Nachdem nun der bekannte Nematophyt
Prototaxites
als riesiger Pilz gilt [1] und der wenig bekannte
kleine Nematophyt
Nematophyton
taiti [2] aus dem Rhynie Chert in Prototaxitestaiti
[3] umbenannt wurde, besteht die Verunsicherung, ob vielleicht
auch andere Nematophyten Pilze sind. Das wird sicherlich eines
Tages geklärt, soll aber hier nicht betrachtet werden, zu
Gunsten relevanter Details. Deshalb mag es zweckmäßig sein, das eigene
Exemplar eines fossilen Nematophytenähnlich Nematophyton taiti
[2], beschrieben in Rhynie
Chert News 46
(and [4]), erneut zu betrachten. Das
Gewirr aus krummen Röhren in der mittleren Schicht in
Rhynie
Chert News 35
macht dieses Fossil leicht
als Nematophyt erkennbar.
Abb.1: Gewirr krummer Röhren verschiedenen Durchmessers in
der mittleren Schicht des Fossils. Bildbreite 2mm.
Anscheinend folgen die Röhren keiner Regel, auch nicht statistischer Unordnung.
Die Durchmesser variieren zwischen 10µm
und 25µm, aber meist im Bereich 17-20µm.
Aus der Abwesenheit mineralischer Körner ist zu schließen,
dass die Röhren organisches Gel erzeugten, wie es von anderen Nematophyten
bekannt ist, was den Zweck hat, die Röhren in einem
Gelklumpen einzuschließen und in trockener Umgebung ein
Vertrocknen zu verhindern.
Es ist nicht erkennbar, woher die Röhren kommen. Hier gibt
es keine auffälligen "Verzweigungsknoten"
wie bei Nematoplexus und
keine großen "Markflecken"
wie bei anderen Nematophyten, wo diese angeblich
die Röhren hervorbringen. Entstehen die Röhren vielleicht in den Knäueln
rechts in Abb.1 ?
Ein anderer Typ der Anhäufung von Röhren, wie in
Abb.2,
schafft ein neues Problem anstatt einer Erklärung. Es sind gebündelte
Röhren, hier meist als Querschnitte, woraus folgt, dass dieser
Nematophyt, oder der hier sichtbare Teil,
eine Vorzugsrichtung
haben muss, die nicht im Gewirr der krummen Röhren der
Innenschicht (Abb.1) bemerkbar ist.
(Außerdem
zeigt es sich, dass das Fundstück zufällig so in Scheiben geschnitten
wurde, dass die Röhrenbündel meist als Querschnitte erscheinen.)
Abb.2 (links): Flacher Nematophyt, Teil des Querschnitts: unten krumme
Röhren in bläulichem Gel, darüber heller mineralischer Schlamm, darüber
Zwischenschicht mit sehr schmalen Röhren und wenigen
Bündelquerschnitten breiter
dunkler Röhren, darüber Außenschicht mit Bündeln
gerader bleicher Röhren links oben. Bildbreite
1.5mm.
Es ist nicht erkennbar, woher die dunklen Bündel kommen und
was sie bedeuten. Die Zahl der Röhren in diesen Bünden variiert
zwischen 1 (nahe der Mitte von Abb.2) und
mehreren Dutzend (rechts in Abb.2). Die Durchmesser der
Röhren, 7-27µm,
sind ähnlich denen in der Innenschicht (Fig.1).
Anscheinend war der Gelklumpen vor dem Verkieseln in
schlammigem
Wasser gerissen, so dass mineralische Plättchen eingespült wurden und
später zusammen mit dem organischen Gel in den
Schichten darunter und darüber verkieselten.
Abb.3,4
(rechts): Nematophyt, unten krumme
Röhren, oben am Rand gerade schmale Röhren in blassen
Bündeln neben unklaren Strukturen, Zwischenschicht
dünner als in Abb.2. Bildbreite 1.5mm.
Die Bündel gerader schmaler Röhren an der
Oberfläche können fächerförmig ausgebildet sein, wie in Abb.5 und
Rhynie
Chert News 46.
Anders
als die krummen Röhren (Abb.1-4) haben die geraden Röhren in den
randständigen Bündeln (Abb.2-5) gut erkennbare Längen bis ca. 0.5mm,
und ihre Enden bilden zusammen
einen großen Teil der
Oberfläche des Nematophyten.
"Perlenketten",
wahrscheinlich Sporen, sind vereinzelt in den Bündeln gerader Röhren zu
sehen, anders als in [3], wo die Sporen zu Hunderten in breiteren
Schläuchen (Asci) vorliegen.
Abb.6 (rechts):
Ascosporen (?) unterschiedlicher
Größe in (meist defornierten) Ketten, unten ein Bündel leerer
(?) Röhren.
Bildbreite 0.75mm, Vergrößerung doppelt so groß wie in
Abb.1-5.
Obwohl verwirrend, bietet Abb.6 doch
die mögliche Deutung, dass in den geraden ausgerichteten Röhren
reihenweise
Sporen entstanden, die dann
sich aufblähten und verschoben, als die Röhren zerfielen.
Ein Bündel nach unten ausgerichteter Röhren ohne
erkennbare Sporen war offenbar an diesen Vorgängen unbeteiligt: Abb.6,
unten. Als eine weniger wahrscheinliche alternative Deutung
ist
in Betracht zu ziehen, dass die dunklen Klumpen keine Sporen sind,
sondern Algenzellen, die mit dem Nematophyten als Flechte in Symbiose
lebten [5].
Der umfangreiche Disput "Nematophyt oder Pilz (oder Flechte)" bezüglich
Prototaxites
wird ausführlich und leicht verständlich in [6] analysiert.
Ein Bild von Nematophyton
taiti in
[7] ist ungeeignet zum Vergeich mit dem hier
betrachteten Nematophyten und mit [3] wegen
falscher Größe (Faktor 2.4) und
Spiegelbild. Abgesehen von einigen Unterschieden zwischen diesem Fossil und jenem,
das von Nematophyton
taiti
[2] in Prototaxitestaiti
[3] umbenannt wurde, ist die Struktur so ähnlich,
dass auch dieses Fossil als Ascomycet
(Schlauchpilz) mit "Nematophyten-Aspekt" gedeutet werden kann.
Fundstück: Rh2/7 (2.1kg), erhalten von Shanks
in 2000.
H.-J.
Weiss
2020
[1] F.M. Hueber:
Rotted wood-alga-fungus: the history and life of Prototaxites Dawson
1859. Rev. Palaeobot. Palynol. 116 (2001), 123–158.
[2] R.
Kidston, W.H. Lang : On Old Red Sandstone
plants showing structure ...,
Part V, Trans. Roy. Soc. Edinburgh 52
(1921),
855-902.
[3] R.
Honegger, D. Edwards, L. Axe, Ch. Strullu-Derrien:
Fertile Prototaxites
taiti: a basal ascomycete with
inoperculate, polysporous asci lacking croziers.
Phil.Trans. Roy. Soc. B 373 (2017): 20170146.
[4] H.-J.
Weiss:
Enigmatic Organisms - Insights derived from new
finds, Poster presentation, EPPC Budapest 2010.
[5] G.J. Retallack, Ed Landing:
Affinities and architecture of Devonian trunks of Prototaxites loganii.
Mycologia,
106(6) (2014), 1143–1158.
[6] H. Steur: Prototaxites.
Google: steurh.home.xs4all.nl/engprot/
[7] www.abdn.ac.uk/rhynie