Eine ungewöhnliche Variante des Rhynie Chert
English version

cavity in chalcedony with quartz fillNach zahlreichen eigenen Funden, nach Sammlungsmaterial und Abbildungen von Rhynie-Hornstein zu urteilen, sind die weitaus meisten Stücke mehr oder weniger dunkel und kontrastarm und offenbaren den reichen fossilen Inhalt, soweit vorhanden, nur unter dem Mikroskop, vorzugsweise im Durchlicht [1,2]. Solche mit deutlich anderem Aussehen sind selten, wie das hier vorgestellte mit hellgelb gefüllten Hohlräumen im Chalzedon (Abb.1).

Abb.1: Rhynie Chert, ehemaliger Hohlraum im Chalzedon mit dunkler Randschicht, gefüllt mit körnigem Quarz, mehr oder weniger gelb gefärbt. Bildbreite 1cm.


Zur möglichen Entstehung ist Folgendes denkbar: Überflutete Pflanzenreste und andere Substrate im SiO2-reichen Wasser haben die Ablagerung von Kieselgel ausgelöst, mit chaotisch geformter Oberfläche. Die Ablagerung endete, als das meiste gelöste SiO2 aufgebraucht war. Dann wuchs eine Schicht Mikrobenschleim auf dem Kieselgel. Diese wurde später verkieselt, wobei
oft dunkle Punkte sichtbar wurden (Abb.2-4).
cavity in chalcedony with quartz fill
cavity lininglining
 Abb.2-4: Ähnlich wie Abb.1, mit dunkler oder bleicher Randschicht, mit winzigen schwarzen Punkten (2µm), sichtbar am Rande der grauen Fläche im "Auge".
Abb.4: Bildgröße 0.4mm.
 
Offenbar ist das dunkle Aussehen keine wesentliche Eigenschaft der ca. 40µm dicken Randschicht, sondern eine zusätzliche Erscheinung. Eine schwarze Färbung eines mehr oder weniger großen Anteils der Punkte lässt die Schicht blass braun bis schwarz erscheinen. Einzelne schwarze Punkte sieht man oft wenige µm über der Schicht, woraus wahrscheinlich zu schließen ist, dass ihre Lage vor dem Verkieseln durch organisches Gel fixiert war.
Möglicherweise besteht ein Zusammenhang mit ähnlichen Schichten und Ablagerungen, die nur auffallen, wenn sie dunkel gefärbt sind, wie man es oft bei  Aglaophyton and Ventarura sehen kann.
Nachdem die anfangs vorhandene Kieselsäure für die Bildung von Gel fast ganz aufgebraucht war und das Gel, die Schichten und die verkieselten Pflanzen auf dem Wege der Umwandlung in Chalzedon so fest geworden waren, dass Risse hindurch laufen konnten, so als sei alles spröde, kam langsam weitere Kieselsäure durch Diffusion hinzu und lagerte sich als gelblich aussehende Quarzkristalle ab und füllte dabei sowohl die Hohlräume als auch die Risse (Abb.5).

crack and cavity with same fill
Abb.5 (links): Breiter Riss durch Kieselgel und durch einen Hohlraum mit dunkler Randschicht. Man beachte, dass die Rissflächen keine Randschicht haben. Die waagerechte Linie in der kleinen Höhle rechts oben gibt die Orientierung während der Verkieselung an. Bildbreite 5mm.
4 types of former cavities in chert
Die früheren Hohlräume mit ungewöhnlichem Aussehen wegen dunker Randschicht und gelber Füllung in Abb.1-7,10 unterscheiden sich deutlich von den häufigeren früheren Hohlräumen, die meist auf Gasblasen zurück zu führen sind, die zwischen Pflanzenresten oder Mikrobenschichten in kieselhaltigem Wasser stecken geblieben waren
(Abb.6,8,10). Offenbar blieben die Blasen leer, während alles ringsum zu Kieselgel wurde. Später entwich das Gas durch Diffusion und die Blase füllte sich mit Wasser.
Gewöhnlich gediehen Pilzfäden in den wassergefüllten Höhlen, jetzt mit bläulichem Überzug aus Chalzedon (und Quarz, Abb.8), später oft ganz in Chalzedon eingeschlossen, wie in Abb.10.


Abb.6 (rechts): Chert mit früheren Hohlräumen unterschiedlicher Entstehung, jetzt mit Chalzedon oder Quarz gefüllt. Man beachte den Längsschnitt einer vollständigen Trigonotarbide (links). Bildbreite 17mm.

Frühere Hohlräume unterschiedlicher Entstehung sind in Abb.6 erkennbar:
 -  Bereiche ohne Kieselgel, wassergefüllt, jetzt mit Quarz gefüllt, hier gelblich,
 -  Gasblasen im Sumpf (rechts unten), jetzt mit bläulichem Chalzedon gefüllt,
 -  Hülle eines großen terrestrischen spinnenartigen Tieres [2], jetzt mit blassem Achat gefüllt,
 -  Hohlraum in Aglaophyton (oben), jetzt mit Chalzedon gefüllt.
Ein anderer Hohlraum-Typ ist in Abb.7 abgebildet:
 -  mondsichel-förmige schmale Hohlräume infolge Schrumpfens von Sprossen im Kieselgel,
    jetzt mit Chalzedon und Quarz gefüllt.

Die Hohlräume des erstgenannten Typs haben zwei charakteristische Merkmale: deutliche Randschichten, keine Pilzfäden. Letzteres scheint anzudeuten, dass es entweder dort niemals Pilze gab, weil alles organische Material unerreichbar in Chalzedon eingeschlossen war, oder falls es Pilze gab, der Zustrom von Kieselsäure so schwach war, dass die Hyphen nicht von Kieselgel ummantelt wurden und folglich verschwanden, bevor sich die Höhle langsam mit Quarz füllte.

crescent-shaped gaps due to shrinkageAbb.7: Zwei Sprosse von Aglaophyton, verkieselt nach dem Ablösen vom umgebenden Kieselgel infolge Schrumpfens im weichen Zustand. Bildbreite 17mm.

Das Schrumpfen und Ablösen der Sprosse in Abb.7 deutet auf verzögerte Verkieselung im Innern, wahrscheinlich wegen der Kutikula an der Oberfläche, so dass das Gewebe weiter denaturierte und schrumpfte nachdem die Umgebung schon fest geworden war. Mehrere kleine Details auf den Querschnitten sind von Pilzen in der lebenden Pflanze verursacht.

cavity traversed by coated hyphaeAbb.8: Höhle mit ummantelten Hyphen, 0.2mm dick.


Die Hyphen aquatischer Pilze sind im Rhynie Chert häufig, besonders an Stellen, wo die Verkieselung so langsam war, dass freies Wasser für einige Zeit existierte. Gasblasen, die sich später mit Wasser füllten, waren geeignet für Pilzwachstum. Viel später konnten diese Höhlen entweder sich mit Chalzedon oder Quarz füllen wie in Abb.6 (unten), oder das Wasser konnte eher verschwinden, nachdem die einstmals dünnen schlaffen Hyphen ummantelt und zu Stäben geworden waren und die jetzt leere Höhle durchqueren, was einen eindrucksvollen Anblick bietet (Abb.8).

Die Anwesenheit von Pilzen in diesem unter-devonischen Lebensraum zeigt sich im Rhynie Chert auf verschiedene Weise. Zellen mit dunkler Füllung, locker angeordnet als konzentrischer Ring auf Querschnitten (Abb.7), sind ein charakteristisches Merkmal des symbiotischen Pilzes Glomites rhyniensis [3]. Ganz andere Pilzgebilde sind die rundlichen Kapseln ("Chlamydosporen"), von denen man einige auf dem Pflanzenquerschnitt in Abb.6 sieht. Manchmal hängt anscheinend der Rest einer zusammengefallenen älteren Kapsel daran. Selten ist ein verbindender Schlauch gut sichtbar (Abb.9). (Siehe Ergänzung und
Rhynie Chert News 55, Fig.5.) 

chlamydospore with attachmentAbb.9 (rechts): Chlamydospore in Aglaophyton mit anhängender Vesikel ähnlicher Größe, zusammen 0.9mm breit.
cavities of different origin with different fills
Abb.10 (links): Ehemalige Höhlen unterschiedlicher Entstehung, unvollständig gefüllt, unverstanden. Bildbreite 4.5mm.

Pilzfäden, in wassergefüllten Höhlen gewachsen, gibt es auch in Abb.10, aber weniger auffällig als in Abb.8.
Waagerechte Schichtstapel sind im Rhynie Chert nicht selten. Die Schichten links unten waren offenbar in einer wassergefüllten ehemaligen Gasblase abgelagert worden, nachdem dort wenige Pilzfäden gewachsen und mit klarem Kieselgel ummantelt worden waren, das jetzt als bläulicher Chalzedon vorliegt und wie Wurmgänge in der Ablagerung aussieht. Ein gerader Faden ist links unter dem körnigen Quarz schwach sichtbar. Auch die bläulichen Einschüsse in den dunklen Füllungen anderer früherer Höhlen links oben sind ummantelte Pilzfäden.
Die Höhle in Abb.10 rechts ist vom gleichen Typ wie die mit Quarz gefüllten Höhlen in Abb.1-7, ist aber nicht ganz gefüllt und war es niemals. Es gibt im Fundstück mehrere Höhlen mit Quarzkristallen, die nicht unten liegen, was unverstanden ist.
Andere Besonderheiten werden hier nur kurz erwähnt:
An den Beinen der seltenen großen
Trigonotarbide in Abb.6 befinden sich lange schlanke Borsten, ca. 2µm dick, hier nicht sichtbar.
Die Sporenkapsel von Aglaophyton in Abb.6 (oben rechts teilweise zu sehen), zeigt nicht das typische Merkmal, die Palisaden-Struktur der äußeren Kapselwand, vielleicht weil es ein unreifes Sporangium ist, mit allen Sporen noch zusammen in Tetraden, ein Zustand, der bei Aglaophyton seltener konserviert ist.
Dieses kleine Fundstück mit auffälligen gelb gefüllten und dunkel berandeten Höhlen bietet eine unerwartete Fülle von Einzelheiten, mehr oder weniger verstanden oder noch rätselhaft.
Fundstück: Rh7/10 (0.23kg), gefunden von Sieglinde Weiss nahe Milton of Noth, 2003. Die Bilder wurden im Auflicht aufgenommen.
 
Ergänzung 2014:
Was in Abb.9
Chlamydospore genannt wird, ist ausführlich in [4] als "acaulosporoid glomeromycotan spores" beschrieben worden, die "spore-saccule complexes" bilden. Nach dieser Beschreibung entstehen die Sporen seitlich am Schwanz einer Vesikel. Demzufolge sollte der visuelle Eindruck eines verbindenden Schlauches, der von Abb.9 und von Abb.5 in Rhynie Chert News 55 suggeriert wird, als Illusion infolge der Blickrichtung betrachtet werden. Die Frage, warum eine große Spore neben einer ebenso großen Vesikel an einer dünnen Hyphe entsteht, wird wahrscheinlich in der umfangreichen Literatur beantwortet, die in [4] zitiert ist.

H.-J. Weiss       2014,  2020


[1]  N.H. Trewin, C.M. Rice (eds.): The Rhynie hot-spring system: Geology, biota, and mineralisation.
       Trans. Roy. Soc. Edinburgh, Earth Sci. 94(2004 for 2003) Part4, 283-529.
[2] H. Kerp, H. Hass : De Onder-Devonische Rhynie Chert,
    Grondboor & Hamer 58(2004), 33-51.
[3]  T.N. Taylor et al.: Fossil arbuscular mycorrhizae from the Early Devonian,
     Mycologia 87(1995), 560-73.
[4]  N. Dotzler, Ch. Walker, M. Krings, H. Hass, H. Kerp, T.N. Taylor, R. Agerer:
      Acaulosporoid glomeromycotan spores with a germination shield from ... Rhynie chert.
      Mycol. Progress (2009) 8, 9-18.
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