Beobachtungen an Hornsteinen und an Kieselhölzern können zum
Verständnis des mehrstufigen Verkieselungsprozesses beitragen. Vieles
weist darauf hin, dass die Verkieselung nicht überall gleichzeitig
erfolgte: Manche Bereiche waren zu Kieselgel geworden, als andere
daneben noch flüssig waren. Das
erkennt man an breiten Rissen im ehemaligen Gel, die plötzlich an der
ehemaligen Grenze zwischen Gel und Flüssigkeit enden. Andere Belege für
die Koexistenz von Gel und Wasser in frühen Stadien der Verkieselung
sieht man gelegentlich bei geschrumpften Pflanzen, deren ursprüngliche
Kontur im Gel erhalten geblieben war. Beispiele dafür werden hier
gegeben.
Abb.1: Querschnitte
zylindrischer Hohlformen im Hornstein von Rhynie,
entstanden durch Bildung von Kieselgel im Wasser, das die Sprosse der
frühen Landpflanze Rhynia
überflutet
hatte; danach Rhynia ohne
Gel im Wasser degradiert und geschrumpft, später alles verkieselt.
Bildbreite 3.5mm.
Die Erscheinungen in Abb.1 werden in Rhynie
Chert News 31 ausführlich
erläutert und deshalb hier nur mit zwei Sätzen erklärt:
Übersättigte Kieselsäurelösung kann
schnell zu Kieselgel werden, aber die Kutikula als
Diffusionsbarriere auf der Epidermis kann die Verkieselung überfluteter
Pflanzen [1] sehr verzögern. Weil das meiste anfangs gelöste SiO2
im umgebenden Gel gebunden ist, kann es lange dauern, bis das
verbliebene gelöste
SiO2 durch die Poren in der Kutikula der
zerfallenden und schrumpfenden Pflanze in solcher Menge eindiffundiert
ist, dass es in der Pflanze zu Gel wird und damit das Schrumpfen
endet.
Der Nachschub von SiO2 kann so langsam sein,
dass die zerfallende Pflanze
verschwindet und nur ein Hohlraum im Gel übrig bleibt, der zunächst mit
Wasser gefüllt ist (Abb.2).
Abb.2: Querschnitt eines ehemaligen Hohlraumes, 2.3mm, entstanden durch
Zersetzung eines zylindrischen
Pflanzensprosses,
zunächst mit Wasser gefüllt, darin Hyphen eines wasserbewohnenden Pilzes,
alles mehrfach mit Kieselgel beschichtet und zu Chalzedon verkieselt,
dann grobe klare Quarzkristalle im restlichen Hohlraum gewachsen.
Es gibt noch einen anderen merkwürdigen Verkieselungseffekt in
wassergefüllten Hohlräumen. Wenn schrumpfendes Pflanzengewebe sich von
der zylindrischen Hohlform ablöst, diffundieren Wasser und SiO2
in die entstehenden Hohlräume ein. Wenn die Lösung nicht so stark
übersättigt ist, dass Gel entsteht,
können SiO2-Cluster
entstehen, die so groß sind, dass die Wärmebewegung sie nicht
gleichmäßig in der Flüssigkeit verteilt halten kann. Die Cluster setzen
sich ab und bilden eine schwere Suspension mit waagerechter Grenzfläche
zur übrigen Flüssigkeit. Das kann mit oder ohne geschrumpfte Pflanze im
Hohlraum geschehen.
Der Endzustand,
mit geschrumpfter Pflanze, Suspension und Wasser, alles zu festem
Chalzedon geworden, ist in Abb.3 zu sehen. Anders als in Abb.1 ist hier
der geschrumpfte Spross noch zylindrisch, und entsprechend geformt ist
der Spalt. Dieser enthielt Wasser und Suspension, die beide zu Gel und
dann zu milchigem und dunklem Chalzedon wurden. Die Störung links oben
ist ein Bruch mit Verschiebung bezüglich der Schnittfläche.
Abb.3 (rechts): Schräger Querschnitt von Rhynia
(?) mit gut erhaltenem Gewebe, gleichmäßig geschrumpft und
abgelöst von der Wand des 2mm breiten zylindrischen Hohlraums im
Kieselgel, mit Symbiosepilz in dunklen Zellen. Man
beachte die abgesetzte dunkle Suspension mit zwei Grenzflächen in
gleicher Ebene, dunkel wahrscheinlich durch organische Reste.
Abb.4 (unten):
Querschnitt eines geschrumpften Sprosses von Horneophyton
(?) im zylindrischen
Hohlraum, der die originale Größe repräsentiert: Durchmesser
2.5mm. Man beachte die helle Suspension am Grunde mit Grenzflächen in ungleicher Höhe.
Was man hier als bläulichen Chalzedon sieht, war eine Sumpfgasblase,
die die überflutete Pflanze nach oben drückte. Als die Pflanze abgestorben war und schrumpfte,
drückte die Gasblase
nicht mehr, denn sie folgte nicht der Kontur der schrumpfenden Pflanze.
Folglich muss zwischen Überfluten und Schrumpfen einige Zeit vergangen
sein.
Die
Gasblase muss durch Ausdiffundieren des Gases und Eindiffundieren von
Wasser zu einer Wasserhöhle geworden sein, wo Mikroben gelebt haben,
denn längs des Randes hatte sich eine dicke
Schicht Mikrobenschleim
gebildet. Durch eindiffundierendes SiO2
wurde das Wasser zu Gel, so dass die Mikrobenschicht nicht weiter
wuchs. Die Gelbildung war kein einstufiger Prozess, was an den zwei
kleinen Hohlräumen (unten) erkennbar ist, die zwischen dem schon
vorhandenen Gel zunächst überdauerten. Dort bildeten sich SiO2
-Cluster, die sich als schwere Suspension mit waagerechter Oberfläche
absetzten, wie oben erläutert. Später wuchsen klare Quarzkristalle im
restlichen Wasser.
Ähnlich wie in Abb.3 ist auch hier interessant, was in dem
wassergefüllten Spalt geschah, der in der Hohlform der originalen
Pflanze, zylindrisch in Abb.4, und der noch nicht verkieselten
schrumpfenden Pflanze entstanden war. Silica-Cluster bildeten auch hier
eine schwere Suspension, die sich am Boden des Hohlraums absetzte. Anders
als in Abb.3 muss hier die zuunterst abgesetzte Suspension nicht mehr
flüssig gewesen sein, so dass es im Spalt
kein hydrostatisches Gleichgewicht mehr gab und
die nachfolgend abgesetzte Suspension
waagerechte Oberflächen auf ungleicher Höhe bildete.
Nachdem alle Suspension verfestigt war, schrumpfte
die Pflanze nur sehr wenig weiter, sichtbar an dem schmalen dunklen
Spalt neben der
verfestigten hellen Suspension im großen Spalt links. Das
Schrumpfen endet mit der Stabilisierung der Pflanze durch Gel.
Fortgesetztes Eindiffundieren von SiO2
verwandelte die geschrumpfte Pflanze samt Kieselgel in Chalzedon und
ließ
im übrigen Hohlraum grobkristallinen Quarz wachsen. Der
lichtdurchlässige grobkristalline
Quarz erscheint im Auflicht dunkel, wie in
Abb.2,4.
Einige Fragen müssen auch hier unbeantwortet bleiben. Der Gegensatz von
hellem Chalzedon oben in Abb.3 und unten in Abb.4 kann verwirrend sein.
Man kann sich auch wundern, warum grobkristalliner Quarz in manchen
Fällen entsteht (Abb.2,4), in anderen nicht (Abb.1,3).
Grobkristalliner Quarz im Hornstein repräsentiert anscheinend das
letzte Stadium der Verkieselung, wie in Abb.2,4, aber es gibt
gegenteilige Belege von Kieselholz: Millimetergroße Kristalle können
zuerst entstehen, Chalzedon später. Siehe
Fossil
Wood News 1.
Fundstücke:
Rhynie Chert, Unter-Devon. Abb.1: Rh7/21.1 (2003) 2.2kg
Abb.2: Rh12/154 (2007) 0.11kg
Abb.3: Rh2/71.2 (2001) 3.22kg
Abb.4:
Rh12/123.1 (2006) 0.27kg
H.-J. Weiss 2014,
deutsch und überarbeitet 2019
[1]
N.H. Trewin : The Rhynie cherts: an early Devonian
ecosystem preserved by hydrothermal activity.
Scott. J. Geol. 28(1992), 37-47.