"Madensteine"  -  neu betrachtet
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Permische Hornsteine mit eingeschlossenen Farnblättchen, nach ihrer Entdeckung im 18. Jh im Döhlener Becken "Madensteine" genannt, hatten einstmals zur Entwicklung der Paläobotanik in Deutschland beigetragen. Deshalb sind diese Fossilien bis jetzt für Paläobotaniker interessant. Der Farn erhielt den Namen Scolecopteris elegans, dessen erster Teil "Madenfarn" bedeutet. Später weltweit entdeckte nahe verwandte Arten verkomplizieren die Sachlage.

In Anbetracht der hier vorliegenden Bilder ist der Versuch in [1] fragwürdig, alle "Madenfarn"-Blättchen im Döhlener Becken, der Typuslokalität von Sc. elegans, dieser einen Art zuzuordnen.
Längsschnitte der Sporenkapseln (Sporangien) einschließlich deren Spitze sind erwartungsgemäß selten, bieten aber eine günstige Darstellung der Form. Spitzen sind leichter im durchsichtigen Chalzedon erkennbar, auch wenn sie nicht genau in der Schnittebene liegen, wie in Abb.1.
Es ist erwähnenswert, aber nicht relevant, dass Hohlräume im zerfallenden Gewebe hier teilweise mit Hämatit ausgekleidet sind.
pale pinnules
Abb.1: Querschnitte von Scolecopteris- Blättchen in durchsichtigem Chalzedon mit längs geschnittenen Sporangien; Hornstein von der Typus-Lokalität von Sc. elegans. Bildbreite 4.4mm.

Die Sporangien des Madenfarns sind zu Gruppen verwachsen, Synangien genannt. Die Synangien in Abb.1 haben keinen langen Stiel, was nach Vergleich mit den Zeichnungen der Stiele in [2, Abb.3-5] eine Deutung als Sc. elegans nahelegt. (Die hellen Stellen an der Basis der Synangien rechts oben sind keine Stiele.)

big synangium stalkAbb.2 (rechts): Querschnitt eines Farnblättchens (Ausschnitt) mit längs geschnittenen Sporangien an einem großen gemeinsamen Stiel; gefunden an der Typus-Lokalität von Sc. elegans, aber andere Art.  Bildbreite 1mm.

Das Hornstein-Fundstück in Abb.2 hat seltsam verdrehte Gedankengänge ausgelöst: Die an der unbearbeiteten Oberfläche deutlich sichtbaren gut erhaltenen Blättchen haben den Autor [3] zu der Annahme verleitet, dieses Fundstück sei geeignet, als eines von drei angeblich typischen Exemplaren den originalen Madenfarn Sc. elegans zu repräsentieren. Infolge dieser Annahme hatte der Autor [3] offenbar keine großen Stiele erwartet und nicht danach gesucht und folglich keine bemerkt [3, Abb.210A-G].
Eigene Untersuchungen an diesem Fundstück, das auch in [1, Abb.6,7,8] abgebildet ist, brachten das Ergebnis, dass nicht Sc. elegans vorliegt, sondern wahrscheinlich nur Sturiella intermedia [5], auch Scolecopteris intermedia [7] genannt. Somit hat es sich ergeben, dass das gleiche Fundstück, das nach [3] die Meinung stützen sollte, es gebe nur eine einzige Art Madenfarn im Döhlener Becken, das Gegenteil belegt. Das ist nicht unerwartet in Anbetracht bereits bekannter Schnittbilder von Farnblättchen mit großen Stielen der Synangien in neueren Funden [2, Abb.6,7] und in einem alten Fund [2, Abb.8] von Etzold [6], ca.1890.

Entgegen guter wissenchaftlicher Praxis wurden abweichende Befunde in [1,3,6] ignoriert, anscheinend um die vereinfachte Darstellung glaubhaft erscheinen zu lassen, dass die Madenfarn-Fossilien des Döhlener Beckens "bedenkenlos zu Sc. elegans gerechnet werden können" [3, S.226], was sich als Irrtum erwiesen hat.
Der Versuch in [3], mittels dreier ausgewählter Fundstücke, eines davon ein unerkannter Fehlgriff, Scolecopteris elegans besser zu charakterisieren, ist deshalb wertlos und verwirrend. Die Verwirrung entsteht hier nicht nur durch unterschiedliche Arten, sondern auch durch fehlerhafte Größenangaben. Davon gibt es in [3] so viele, dass alle nutzlos sind, weil man nicht weiß, welche richtig sind. Der Autor M. Barthel und der Chefredakteur von Geologica Saxonica, J.-M. Lange, ignorierten Hinweise und verweigerten Korrekturen der Größenangaben mit der Ausrede, alles sei innerhalb der natürlichen Variationsbreite, was grob falsch ist.
Offenbar betrifft dieser kurze Beitrag nicht nur ein umstrittenes Fossil, sondern dient auch als Warnung vor jenen unverantwortlich arbeitenden Paläobotanikern, die sich weder durch alte Schriften noch durch neue Funde von ihren Irrtümern abbringen lassen.


Fundstücke: gesammelt während Tiefbauarbeiten an der alten Fundstelle der "Madensteine" beiderseits der Kohlenstraße an der Grenze zwischen Kleinnaundorf and Burgk, Freital, Döhlener Becken.
Bu7/89.3, 2000 gefunden;   Bu8/18, 1997 gefunden "Am Seilerschuppen" von Ulrich Wagner, Dresden.

H.-J. Weiss   2021


[1]  M. Barthel: Die Madensteine vom Windberg, Deutschland. in: U. Dernbach, W.D. Tidwell: Geheimnisse versteinerter Pflanzen, D'ORO Publ., 2002. S. 65-77.

[2]  H.-J. Weiss: Synangien-Stiele von Scolecopteris – vorgetäuschte und wirkliche. chertnews.de, Permian Chert News 4, (2011).
[3]  M. Barthel: Die Rotliegendflora der Döhlen-Formation. Geologica Saxonica 61 (2) (2015, erschienen 2016), 105-238.
[4]  H.-J. Weiss Verwirrung um "Madenfarne". chertnews.de, Permian Chert News 26, (2019).
[5]  M.A. Millay: A review of  permineralized Euramerican Carboniferous tree ferns. Rev. Pal. Pal. 95(1997), 191-209.
[6]  M. Barthel: Pecopteris-Arten E.F. v. Schlotheims aus Typuslokalitäten in der DDR, Schriftenreihe geol. Wiss. Berlin 16(1980), 275-304.

[7]  A. Lesnikowska, J. Galtier: A reconsideration of four genera of permineralized Marattiales ... Rev. Pal. Pal. 67(1991), 141-152.
Scolecopteris pinnule cross-section, Sardinia Permian Chert News 34
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