Verwirrung um "Madenfarne"
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Nachdem die wenige Millimeter langen verkieselten Fiederblättchen aus den großen Wedeln eines Baumfarns, vor 1800 gefunden im Döhlener Becken (Rotliegend) bei Dresden, zunächst als Asseln oder Maden gedeutet worden waren, hatte man bald ihre pflanzliche Herkunft erkannt und der Pflanze den Namen Scolecopteris elegans gegeben [1], was "zierlicher Madenfarn" bedeutet. Damit war die Verwirrung im wesentlichen beendet, aber nicht ganz, denn inzwischen wurden weltweit mehr als zwei Dutzend Arten Madenfarn beschrieben [2], und zum Döhlener Becken gab es widersprüchliche Angaben. Ungeachtet offensichtlicher Unterschiede in der Struktur der Fiederblättchen wurden alle Funde im Döhlener Becken der gleichen Art zugeschrieben [3,4], aber mit Einschränkung: "...der Verdacht auf das Vorkommen weiterer Farne muss jedoch ständig überprüft werden." [3], S.74. Die Empfehlung, den Verdacht zu überprüfen, hatte sich schon damals erübrigt, weil das Vorkommen weiterer Madenfarn-Arten gewiss war: Die Blättchen mit langen dicken Stielen der Synangien in [5], Abb.8, waren schon in [6] zu sehen, aber dort nicht beachtet worden.
Ein Fundstück mit einem Madenfarn aus dem Döhlener Becken, angeblich ein typisches Beispiel für Sc. elegans [4], erweist sich bei genauer Betrachtung als eine andere Art, was im Beitrag
Madenfarn-Disput begründet wird. Der vorliegende Beitrag dient als Ergänzung.
maggot fern synangiasporangiasporangium
Abb.1-3: "Madenfarn"-
Synangien mit großen Stielen: nicht Sc. elegans,
wahrscheinlich Sturiella intermedia [2].
Bildhöhen:
1.5mm, 2mm.


Hier sind die dicken Stiele der Synangien deutlich sichtbar, die im Vergleich zu den extrem kurzen Stielen von Sc. elegans [5] sehr lang sind. Es ist leicht einsichtig, dass von den vielen in zufälliger Lage und Orientierung geschnittenen Synangien nur wenige den Stiel gut erkennen lassen. Ein deutliches Beispiel ist Abb.3, wo das rechte Synangium so zur Schnittfläche liegt, dass kein Stiel zu sehen ist. Unabhängig von den großen Stielen der Synangien als Beleg für die Andersartigkeit dieses Fossils werden hier ergänzende Details genannt.

maggot fern synangia
Abb.4: Synangien an der Oberfläche des gleichen Fundstücks wie Abb.1-3, Bildhöhe 2mm.


Die Querschnitte der Synangien an der unbearbeiteten Oberfläche (Abb.4) lassen erkennen, dass hier, ebenso wie bei Sc. elegans, die Zahl der Sporangien und die Symmetrie deren Anordnung keine charakteristischen Merkmale sind. (Das ist seit
E. Zenker [1] bekannt, trotzdem gelangte nutzloses Gerede über die Symmetrie der Synangien in die Madenfarn-Literatur.)
In Unkenntnis der zugehörigen Synangienstiele war eine Strichzeichnung zu Abb.4 mehrmals fälschlich als Sc. elegans vorgestellt worden: 2002 [7], 2011 [5], 2018 [8]. In diesem Fundstück wurden die Blättchen mit großen Synangienstielen erst 2019 bei sorgfältiger Untersuchung bemerkt. Nun müssen alle Blättchen samt Synangien in diesem Fundstück einer anderen Art zugeschrieben werden, im Gegensatz zur Behauptung von M. Barthel, dass diese "bedenkenlos zu Scolecopteris elegans gerechnet werden können" [4]. Das hat sich als grundlos erwiesen, und die 8 Bilder in [4], S.227, können nun zur Illustration eines anderen Farns dienen, wahrscheinlich Sturiella intermedia [2], auch bekannt als Scolecopteris intermedia [9], der wegen der Ähnlichkeit zum klassischen Sc. elegans, abgesehen von den Synangienstielen, ebenfalls Madenfarn genannt werden mag.
Der Gedanke liegt nahe, dass noch mehr Farnblättchen von der Typuslokalität, die man für Sc. elegans hielt, andere Arten repräsentieren.
Fundstück: Bu8/18, 1997 gefunden von Ulrich Wagner (Dresden) an der Typuslokalität von 
Sc. elegans.

H.-J. Weiss    2019    

[1]  E. Zenker: Scolecopteris elegans, ein neues fossiles Farrngewächs mit Fructification. Linnaea 11(1837), 509-12.

[2]  M.A. Millay: A review of permineralized Euramerican Carboniferous tree ferns. Rev. Palaeobot. Palyn. 95(1997), 191-209.
[3]  M. Barthel: Die Madensteine vom Windberg. in: U. Dernbach, W.D. Tidwell: Geheimnisse versteinerter Pflanzen. D'ORO 2002. S.65-77.
[4]  M. Barthel: Die Rotliegendflora der Döhlen-Formation. Geologica Saxonica 61 (2) 2015 (2016 erschienen), 105-238.    S.226
[5]  H.-J. Weiss: Synangien-Stiele von Scolecopteris – wirkliche und vorgetäuschte. www.chertnews.de, Permian Chert News 4.
[6]  M. Barthel: Pecopteris-Arten E.F. v. Schlotheims aus Typuslokalitäten in der DDR, Schriftenreihe geol. Wiss. Berlin 16(1980), 275-304.

[7]  H.-J. Weiss: Beobachtungen zur Variabilität der Synangien des Madenfarns. Veröff. Museum f. Naturkunde Chemnitz 25(2002), 57-62.
[8]  H.-J. Weiss: Sächsische Madensteine - ein reiches Forschungsfeld, nicht gut bestellt. Permian Chert News 19.
[9]  A. Lesnikowska, J. Galtier: A reconsideration of four genera of permineralized Marattiales ... Rev. Pal. Pal. 67(1991), 141-152.
Scolecopteris pinnule cross-section, Sardinia Permian Chert News 26
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