Fossile pilz-induzierte Kugeln an Algen 
English version

surreal pictureZwei vorherige Beiträge zu
pilz-induzierten Kugeln in einem Stück Chert haben unerwartete Beobachtungen geliefert. (Siehe Rhynie Chert News 116, 119.)  Im Hornstein von Rhynie sind Kugeln mit Größen zwischen ca. 10µm und 1mm meist Pilzen zuzuordnen. Ihre unterschiedlichen Bezeichnungen als Vesikel, Chlamydosporen, Sporangien, Zoosporangien, Oogonien, u.a. zeugen davon, dass deren Bedeutung nicht immer klar ist. Die größten könnten Algenzellen sein, enorm aufgebläht durch Befall mit Chytriden [1]. Unklarheiten solcher Art machen die Deutung der hier vorgestellten Bilder besonders interessant. 

Abb.1: Schnittfläche eines kleinen Stücks Rhynie Chert mit Kugeln bis 0.62mm, manche in seltsamer Anordnung, anscheinend mit Bezug zu einer Armleuchter-Alge. Bildbrete 4.3mm. Alle Bilder: gleiche Vergrößerung, gleiches Fundstück wie in
Rhynie Chert News 116.

Der glänzende "Säbel" über den "Aliens" rechts im Bild scheint ein hohler Algenzweig zu sein, gefüllt mit reflektierenden Quarzkristallen. Der untere Teil des linken "Alien" erinnert an einen alten Armleuchter-Quirl ohne Zweige. Mangels anderer Erklärung kann man Kopf und Bauch des Alien als aufgeblähte Algenteile deuten. Ähnliches mag für das andere Gebilde rechts davon gelten: ein Armleuchter-Zweig, umgewandelt in eine noch seltsamere Reihe von Globulen.
Zweifel an solcher Deutung kommen von der Tatsache, dass kein Stück Zweig aus den Kugeln oben herausragt und dass keine andere Kugel in diesem Bild eine Beziehung zu einer Alge erkennen lässt. Das gilt auch für die Kugeln, einzeln oder in Paaren, in den vorigen Beiträgen.
Die Annahme eines kausalen Zusammenhangs zwischen diesen Kugeln und einer Armleuchter-Alge kommt aus einer frühen Arbeit zum
Rhynie Chert [2]: Kugeln dieser Größe waren zwischen den Zweigen einer Alge gefunden worden, die den Namen Palaeonitella bekam. Einige der Kugeln waren mit der Alge oder mit einer anderen Kugel verbunden. Die Deutung der Autoren [2], die Kugeln seinen möglicherweise Brutknospen für vegetative Vermehrung, war falsch.
PalaeonitellaDie Entstehung solcher Kugeln wurde von
Taylor et al. [3] überzeugend erklärt als Algenzellen, aufgebläht unter der Einwirkung zweier Pilze, Milleromyces und Krispiromyces, ausführlich beschrieben in [1,3,4,5]. Ein instruktives Beispiel von Palaeonitella mit zwei aufgeblähten Stammstücken (= Zellen) wird in jeder dieser Veröffentlichungen gezeigt, was zu der Vorstellung verleitet, das sei die übliche Anordnung der Kugeln. Deshalb dienen die zahlreichen Kugeln in Rhynie Chert News 116, 119 als nützlicher Hinweis darauf, dass Kugeln der Größen 0.3mm ... 0.6mm gewöhnlich nicht in Verbindung mit einer Alge angetroffen werden. Trotzdem ist nicht auszuschließen, dass solche Kugeln aus jeweils einer Algenzelle entstanden waren, wobei sie eine resistente Wand bildeten, während die übrigen Teile der Alge meist vor dem Verkieseln verschwanden. 
 
Abb.2: Seltene Sicht auf mehrere Generationen von
Palaeonitella, unterschiedlich verkieselt: klar oder mit Quarzkörnern gefüllt, weiß oder gefärbt durch Minerale; Kugeln 0.3mm und 0.6mm ohne sichtbare Verbindung zur Alge; Gasblase, später durch Diffusion mit kieselhaltigem Wasser gefüllt und zu weißem Chalzedon geworden. Bildbreite 3.2mm.

Die Anwesenheit von Palaeonitella in diesem Fundstück mit vielen Kugeln wird durch Abb.2 belegt. Das Bild zeigt eine ungewöhnliche Kombination mehrerer nacheinander gewachsener und unterschiedlich verkieselter Sprosse dieser Grünalge. Zwei schmale Sprosse im Vordergrund liegen zufällig in der Schnittebene und sind deshalb auch mit schwachem Kontrast gut sichtbar. Die dreizinkige Gabel im Hintergrund ist wahrscheinlich hohl, mit glitzernden Quarzkristallen an der Innenwand.
Ein Argument gegen einen allgemeinen Zusammenhang zwischen
Kugeln und Algen in diesem Fundstück scheint mit Abb.3 vorzuliegen: Es ist kaum vorstellbar, dass Palaeonitella in eine abgestorbene Pflanze eindringt und dort eine große Kugel bildet.

sphere in RhyniaAbb.3 (rechts): Pilz-induzierte Kugeln, 0.5mm und 0.4mm, innerhalb und außerhalb Rhynia, anscheinend ohne Verbindung zu einer Alge. Bildbreite 2.5mm.
Trotz scheinbar widersprüchlicher fossiler Belege ist anzunehmen, dass viele der großen Kugeln im Hornstein von Rhynie Algenzellen waren, unter der Einwirkung von Schmarotzerpilzen (Chytriden) auf unbekannte Weise aufgebläht und haltbar gemacht.



H.-J. Weiss    2018

[1]  T.N.Taylor, M. Krings, E.L. Taylor: Fossil Fungi. Elsevier 2015, p.64.
[2]  R. Kidston, W.H. Lang: On Old Red Sandstone plants … Part V,    Trans. Roy. Soc. Edinburgh 52 (1921), 855-902.
[3] T.N. Taylor, H. Hass, W. Remy: Devonian Fungi: Interactions with ... Palaeonitella.  Mycologia 84 (1992), 901-910.
[4]  T.N. Taylor, J.M. Osborn: The importance of Fungi in shaping the paleoecosystem. Rev. Pal. Pal. 90 (1996), 249-262.
[5]  T.N. Taylor, E.L. Taylor: The Rhynie chert ecosystem: a model for understanding fungal interactions,
       in: Microbial Endophytes, eds.:  Ch.W. Bacon, J.F. White Jr., Marcel Dekker Inc., New York 2000.
Zwecks Korrektur widersprüchlicher Daten in [1,3,5] siehe hier oder Google: Fehler Paläobotanik.
120

Übersicht
Rhynie Chert News
deutsch
Pilze
Rhynie Chert