Die jüngste Entdeckung einer höheren Pflanze im Hornstein von
Rhynie liegt nicht weiter zurück als Mitte der 90er Jahre. Wie in [1]
beschrieben, wurde sie in Bruchstücken eines großen Blocks in der Nähe
von Windyfield gefunden und deshalb Ventarura genannt,
was "windiges Feld" bedeutet. (*)
Das
besondere Merkmal dieser Pflanze ist ein dunkler Ring in den
Querschnitten der aufrechten Sprosse, gebildet aus Zellen,
die offenbar widerstandsfähiger gegen Zerfall sind als andere Teile des
Gewebes (Abb.1). Verschiedene Deutungsmöglichkeiten werden in [1]
betrachtet. (****)
Abb.1: Ventarura,
Querschnitt (5mm) eines aufrechten Sprosses mit typischem Ring
bestehend aus gut erhaltenen Zellen.
Zusätzliche Information kam unerwartet von einem kleinen Fundstück
(0.2kg) von 1998, dessen fossiler Inhalt nicht als Ventarura erkannt
wurde, bevor die Arbeit [1] zugänglich war. (**) Auf
den Schnittflächen dieses Fundstücks gibt es außer Querschnitten wie in Abb.1 auch paarweise
angeordnete unterschiedlichen Typs, wie in Abb.2 und Abb.4. Die
zwei rundlichen Querschnitte in Abb.2 passen zu der in [1] erwähnten
30°-Gabelung,
die vermutlich im oberen, sporentragenden Bereich auftritt. Der andere
Typ repräsentiert wahrscheinlich die unteren oder sterilen Teile der
Pflanze. Obwohl die Gabelungen im wesentlichen symmetrisch zu sein
scheinen, gibt es Hinweise [2], dass das nicht immer so ist.
Abb.
2: Querschnitt einer Sproßgabel von Ventarura
mit bereits getrenntem dunklem Ring, aber noch zusammenhängendem
(schwach sichtbarem) äußerem Bereich, wie in Abb.4 angedeutet. (Man
beachte die waagerechten Achat-Bänder, die erkennen lassen, daß die
Pflanze nicht in Lebendstellung verkieselte, sondern flach liegend.)
Bildbreite 13mm.
Auf einer weiteren dünnen Scheibe, die von dem Fundstück
zuletzt
(2004) abgeschnitten wurde, ist eine winzige eingerollte Spitze
sichtbar, anscheinend das Ende eines nicht voll ausgewachsenen Sprosses
(Abb.3). Damit hat dieses kleine kürzlich geborgene Fundstück eine
versuchsweise Rekonstruktion von Ventarura
ermöglicht (Abb.4).
Abb.3 (links): Eingerollte Spitze von Ventarura. Die
dunklen Flecke sind möglicherweise Anlagen von Sporangien. Bildbreite
4.6mm. Foto: Hagen
Sahm.
Abb.4 (rechts): Versuch einer Rekonstruktion von Ventarura nach [1]
und eigenen Funden. (***)
Weitere eigene und die in [1]
beschriebenen Funde belegen, dass die Verzweigung
unten reichlicher und
ungleicher sein kann und dass neue Sprosse sich in älteren bilden können, wie bei Trichopherophyton.
Anmerkungen
* Der Hornstein, in welchem Ventarura zuerst
gefunden wurde, unterscheidet sich in Fundort und Stratigraphie von dem
zuvor bekannten Schichtstapel des Rhynie Chert und wurde
deshalb Windyfield Chert genannt [3].
** Dieses Stück Hornstein wurde in einiger Entfernung von
Windyfield
gefunden. Deshalb kann es entweder verlagerter Windyfield Chert sein
oder es kann als erster Nachweis für Ventarura
in anderen Schichten des Rhynie Chert dienen.
Vorgestellt zum
3. Hornsteintreffen,
Chemnitz, 2004.
*** Nach [1] und einigen eigenen Funden ist das Rhizom mehrfach verzweigt. **** Inzwischen haben sich Argumente gegen die Deutung als Verstärkungselement angesammelt. Siehe Rhynie
Chert News 60, 66, 82 .
Fundstück: 0.2kg, 1998 gefunden von Sieglinde Weiss. Die eingerollte Spitze in
Abb.3 ist die einzige jemals gefundene (2016).
H.-J.
Weiss
2005, ergänzt
und leicht geändert bis 2016
[1]
C.L. Powell, D.
Edwards, N.H. Trewin:
A new vascular plant from the
Lower Devonian Windyfield chert, Rhynie, NE Scotland.
Trans. Roy. Soc. Edinburgh, Earth Sci.
90(2000 for 1999), 331-349.
[2] www.abdn.ac.uk/rhynie
[3]
N.H. Trewin, C.M. Rice: Stratigraphy and Sedimentology of
the Devonian Rhynie chert locality.
Scottish J. Geol.
28(1992) , 37-47.