Der rätselhafte Organismus Nematoplexus war
anscheinend nur aus einem einzigen Stück Hornstein von Rhynie bekannt,
vor Jahrzehnten gesammelt [1]. Seit 2003 haben eigene Funde gezeigt,
dass Nematoplexus rätselhafter
ist als gedacht [2].
Die neuen Funde haben auch Zweifel bezüglich der
dunklen
Klumpen aufkommen lassen, die als "Verzweigungsknoten" gedeutet wurden.
Diese bringen die Röhren hervor (Abb.1) und
bestehen angeblich aus "sehr eng gewickelten ...
Röhren mit wiederholten und eng benachbarten Verzweigungen". Der letzte
Teil dieses Zitats bezieht sich auf [1] (Tafel
1, Abb.7,10) mit 2...8µm
breiten Röhren, folglich betrifft er nicht die
hier betrachteten 9...15µm breiten
Röhren. Der erste Teil des Zitats, "sehr eng gewickelt", ist ein
unbegründeter Zusatz, denn nichts dergleichen ist in [1] oder eigenen
Fundstücken zu sehen.
Abb.1: Nematoplexus
an der rohen Oberfläche eines Rhynie-Hornsteins, mit zwei dunklen
Klumpen ("Verzweigungsknoten")
zwischen schraubig gewundenen Röhren. Bildbreite 0.6mm.
Einzelne Bilder der
Klumpen, aufgenommen von Gerd Schmahl mit
höherer Auflösung, anderer Beleuchtung und Orientierung gibt es in
Abb.2,3.
Es ist schwer vorstellbar, dass die Röhren in Abb.2 zuvor "dicht
gewickelt" und "verzweigt" im Klumpen lagen.
Der winzige Klumpen in Abb.3 ist übersichtlicher als die größeren in
Abb.2 und an anderer
Stelle in diesem Fundstück. Man sieht zwei gewundene Röhren am Klumpen.
Die rechte wendet sich zum Betrachter hin und dann in die Tiefe,
wo sie dem Blick entschwindet, um wieder aufzutauchen und
nochmals
zu verschwinden. Das sind nahezu zwei Windungen mit Rechtsdrehung.
Wegen unebener Oberfläche des Fundstücks und anderer störender
Einflüsse kann das Bild der linken Röhre die Illusion eines
Linksgewindes erzeugen, aber ein Vergleich mit der anders orientierten
Abb.1 zeigt, dass auch hier ein Rechtsgewinde
vorliegt. Eine dritte Röhre in Abb.3 war abgebrochen und liegt nun als
Querschnitt an der Oberfläche des Fundstücks.
Wieder
sieht es so aus, als sei in dem kleinen "Verzweigungsknoten" viel zu
wenig Platz für Aufwickeln und Verzweigen, so dass die Röhren auf einem
direkteren Wege entstanden sein müssen. Dieser Weg bleibt dunkel, aber
andere Funde lassen vermuten, dass sie an oder nahe der Oberfläche des
Klumpens gebildet werden. (Siehe
Rhynie
Chert News 135.)
Jedenfalls sind die Klumpen oder Knoten nicht mit Knospen vergleichbar,
wo eng gefaltete Blätter warten, sich zu entfalten.
Unabhängig
davon ist die Annahme berechtigt, die Bildung der Röhren werde vom
Inneren der Klumpen verursacht oder vermittelt. In
Abb.1-3 sieht man am oder im Klumpen
undeutliche
rundliche Formen, die Schnitte schmaler Röhren
sein könnten, wie sie in [1] und Rhynie
Chert News 133
deutlicher sichtbar sind. Es bleibt hier unklar,
wie eine solche innere Struktur die Bildung der
spiraligen oder anderen dicken Röhren beeinfussen kann.
Abb.2 (links außen): Nematoplexus
-Klumpen mit 7...16µm dicken Röhren, an der Oberfläche des Fundstücks
abgebrochen, so dass keine ganzen Windungen der Spiralen zu sehen sind.
Ausschnitt aus Abb.1, andere Orientierung.
Breite von Abb.2,3: 0.3mm.
Abb.3: Ungewöhnlich
kleiner Nematoplexus
-Klumpen mit zwei gewundenen Röhren, 9µm and 11µm, eine
andere von der Oberfläche des Fundstücks (Bruchfläche) geteilt,
sichtbar als kreisförmiger Querschnitt.
Ausschnitt aus Abb.1, andere Orientierung.
Eine weitere Besonderheit von Nematoplexus besteht
darin, dass nahe bei den krummen und gewundenen Röhren unerwartet
anscheinend gerade Röhren vorhanden sein können: Im Fundstück sind z.B.
Abb.1 und Abb.4 nur wenige cm voneinander entfernt. Die schraubenartig
gewundenen Röhren oder Spiralen entstehen an oder in Klumpen,
Verzweigungsknoten genannt, aber der Ursprung der schwach
gekrümmten Röhren war unbekannt, bis es sich zeigte, dass die dickere
Variante an einem Klumpen neuen Typs sitzt. (Siehe
Rhynie
Chert News 71,
135.)
Das lässt vermuten, dass die dünneren leicht gekrümmten
und die geraden Röhren an Klumpen oder Knoten noch
unbekannten Typs entstehen.
Die
naheliegende Vermutung, die unterschiedlich gekrümmten Röhren könnten
jeweils eine andere Art repräsentieren, wird hier nicht für wahr
gehalten, weil es unwahrscheinlich wäre, diese
verschiedenen Formen meist nahe beieinander anzutreffen.
Die auffällige Anordnung gerader Röhren,
parallel und gebündelt (Abb.4), verlangt
nach einer Erklärung, ebenso wie das Nebeneinander von dicken geraden
Röhren und schmaleren krummen Röhren. Die 5 parallelen Röhren in Abb.4
kommen aus der Tiefe schräg gegen die Oberfläche des Fundstücks und bilden
dort elliptische Endflächen. Eine Röhre von
14µm befindet sich mit Abstand hinter einer dickeren, der zweiten von
links, so dass deren elliptisches Ende
im Bild mit Abstand über dem Ende der dickeren Röhre liegt.
Eine 10µm-Röhre endet zufällig dort, wo eine 12µm-Röhre
darunter liegt, was eine rechtwinklige Verzweigung vortäuscht.
Abb.4: Nematoplexus
an der rohen Oberfläche des Fundstücks: 5 parallele
Röhren, 14...21µm,
3 schwach gekrümmte Röhren, 8 µm, 10µm, 12µm. Bildbreite 0.6mm, gleiche
Vergrößerung wie Abb.1.
Wieder hat es sich gezeigt, dass Einzelheiten von Nematoplexus auf
das Problem führen, wie diese sich zu einem konsistenten Bild dieses
Organismus zusammensetzen lassen. Das Problem wird noch verwirrender
durch die oft zusätzlich vorhandenen nicht-spiraligen Röhren mit
ringförmigen Wandverstärkungen ähnlich wie bei Nematothallus.
Vergleiche mit anderen Nematophyten
aus eigenen Funden im Rhynie
Chert waren wenig hilfreich.
Alle Bilder zeigen die rohe Oberfläche (alte Bruchfläche) eines
Fundstücks Rhynie Chert, Rh9/86 (0.28kg), 2003 gefunden.
H.-J. Weiss
2019
[1] A.G. Lyon:
On the
fragmentary remains of an organism referable to the nematophytales,
from the
Rhynie chert, Nematoplexus
rhyniensis. Trans. Roy. Soc. Edinburgh
65(1961-62), 79-87, 2 tables.
[2] T.N. Taylor,
E.L. Taylor, M. Krings: Paleobotany, Elsevier 2009.
[3]
www.abdn.ac.uk/rhynie/nemato.htm