Fossile Schrumpfriss-Strukturen
Das Schrumpfen von kompaktem Material zeigt sich auf zweierlei Weise:
Im einfachsten Falle wird der schrumpfende Gegenstand kleiner, was der
eigentlichen Bedeutung des Wortes entspricht. Schwerer vorstellbar ist
das Schrumpfen ohne Verkleinerung bei
festgehaltener Oberfläche, wobei Zugspannung
entsteht. Reale Situationen liegen meist zwischen diesen Grenzfällen.
Wenn die Schrumpfspannung größer wird als die Festigkeit, kann das
Material reißen.
Gewöhnlich ist das Material anisotrop, wie Holz, und
die Spannung und Festigkeit sind es auch. Bedenkt man, dass Spannung
und Dehnung aus jeweils 6 Komponenten bestehen, und dass die
Elastizität, die Spannung und Dehnung verbindet, eine
Materialeigenschaft mit bis zu 21 Komponenten ist, und
dass es viel-parametrige nicht-elastische Materialeigenschaften
gibt, und dass Material und mechanische Belastung inhomogen
sein können, und dass Risse mittels lokaler
Spannungsfelder die Anwesenheit benachbarter Risse spüren, so ist es
nicht verwunderlich, wenn Risse sich in einer Weise anordnen,
die meist nicht leicht verständlich ist.
Eines
scheint sicher zu sein: Breite Risse entstanden in einem frühen Stadium
im weichen Zustand, aber die sehr schmalen entstanden nach weitgehender
Mineralisierung. (Schmale Risse können sich nachträglich an der
Oberfläche verbreitern,
wie in Fossil
Wood News 16
, Abb.4, erläutert.)
Gut
bekannt weil oft abgebildet sind die Rissnetze mit polygonalen
Maschen.
Die 3D-Struktur kann säulenartig sein, wie bei den auffälligen
mehr oder weniger gleichmäßigen Basaltsäulen, oder unregelmäßig
polyedrisch, wie in Abb.1, oder Übergangsformen bilden.
Abb.1 (rechts): Bruchstück einer großen mineralischen Konkretion
(Septarie), auch bekannt als "turtle stone", mit glatter Unterseite und
einem 3D-Netzwerk aus
breiten Rissen, die das geschrumpfte Sediment in unregelmäßige Polyeder
einteilen. Karbon-Kalkstein (?), Gullane, East Lothian, Schottland,
25cm breit.
Abb.2 (links): Schrumpfrisse in Kieseltorf mit unterschiedlicher
Ausrichtung bezüglich der Torfschichten: längs und quer zur
Schichtung links, aber unabhängig davon rechts.
Hornstein-Schnittfläche, Unter-Perm, Döhlener Becken.
Das Rissmuster kann Vorzugsrichtungen haben, entsprechend der
Anisotropie der Festigkeit. Die Risse links in Abb.2 haben
offensichtlich die leichten Wege längs der Torflagen gewählt. Querrisse
kamen danach. (Die gleiche Folge der
Rissbildung gibt es in angeblicher Holzkohle, dort Abb.5.) Rechts im
Bild war der Torf praktisch isotrop, entweder infolge fortgeschrittener
Zersetzung oder fortgeschrittener Verkieselung.
Schrumpfrisse in Holz, die nicht den leichten Weg längs der Faser
gingen (siehe Beispiel),
deuten auf Schrumpfspannung, die stärker
anisotrop war als die Festigkeit.
Frei
stehende Schrumpfrisse, ohne die geschrumpfte Substanz dazwischen, sind
in Abb.3 zu sehen. Anscheinend entstanden sie örtlich begrenzt in einem
frühen Stadium der Verkieselung von weitgehend zersetztem Holz, füllten
sich mit SiO2 und
blieben übrig, als das geschrumpfte Holz aus unbekanntem Grund
verschwand.
Abb.3: SiO2
-Füllungen von Schrumpfrissen in zersetztem
Holz, hier auf einer Kieselholz-Bruchfläche, Unter-Perm,
Döhlener Becken, Bildbreite
4cm.
In Anbetracht der Vielfalt der Schrumpfriss-Bildungen vor, während und
nach der Mineralisierung braucht man nicht zu versuchen, einige von
ihnen als fossile Holzkohle zu deuten, wie es
im Naturkunde-Museum Chemnitz getan wird [1]. Das Rissmuster
an der Oberfläche des Stammes in Abb.4 ist ähnlich dem in Abb.1, und
das Innere ist in einzelne Bruchstücke zerteilt ähnlich denen in
Abb.1,2,3. Außerdem ist es unerklärlich, wie ein ganzer Baumstamm sich
in eine hübsche Anordnung tausender einzelner Holzkohlestücke umwandeln
könnte (Abb.5), ohne in einen losen Haufen zu zerfallen oder in
Rauch und Asche
aufzugehen.
Abb.4,5: Angeblich verkieselte Holzkohle, nach [1], Bild 449,450,
links
Oberfläche, rechts Querschnitt eines fossilen Baumstamms.
Ähnliche Strukturen werden auch in [2] als Holzkohle
gedeutet.
Anscheinend versuchen die Befürworter der Holzkohle-Hypothese nicht,
diese mit Argumenten zu stützen. Sie erwähnen nur, dass der Anblick der
rot gefüllten Schrumpfrisse die Idee von brennendem Holz aufkommen
lässt.
Ergänzung 2013: Abb.6: Schrumpfrisse in entfestigtem Holz in Hornstein aus dem Döhlener
Becken, Bildbreite 5cm.
Das zusammengedrückte Holz im Kieseltorf in Abb.6 hat in einem frühen
Stadium der Verkieselung breite Schrumpfrisse gebildet, ähnlich denen
in Abb.4,5, was als weiteres Argument gegen die Deutung fossilen Holzes
mit breiten Rissen als fossile Holzkohle dienen kann.
Ergänzung 2015: Das beharrliche Ignorieren der Argumente gegen die naive Deutung als Holzkohle im Naturkunde-Museum Chemnitz haben
die Autoren [1,2] beachtliche 10 Jahre durchgehalten. Jetzt bieten sie
die alte Deutung als Schrumpfrisse im entfestigten Holz als neue
Erkenntnis an.
H.-J.
Weiss 2012,
ergänzt 2013, 2015
[1] R.
Rössler: Der versteinerte Wald von Chemnitz. Museum
für Naturkunde Chemnitz, 2001, 179.
[2] R.
Noll, V. Wilde : Koniferen
aus den „Uplands“ – Permische Kieselhölzer
aus der Mitte Deutschlands.
in: U. Dernbach, W.D. Tidwell :
Secrets
of Petrified Plants, D'ORO Publ., 2002, 88-103
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