Rotliegend-Hölzer fehlgedeutet als fossile Holzkohle
Was auf den ersten Blick wie fossile Holzkohle
aussieht, ist oft keine solche. Zuweilen haben Paläobotaniker sich eine
Meinung gebildet, ohne genau genug hinzusehen, wie bei den hier
abgebildeten auffälligen Bruchstücken schwarzen Holzes in weißem oder
rotem Chalzedon.
Abb.1: Holzfragmente in weißem Chalzedon, Wilmsdorf, Döhlener Becken, Unter-Perm.
Abb.2: gleiches Fundstück, Scher-Risse mit
Zellreihen im weichen Zustand teils
aufgerollt (siehe idealisierte Skizze) und gequetscht.
Der Anblick hatte zu der Idee verleitet, spröde
Holzkohle
sei in kantige Stücke und
staubige
Reste zerbrochen (M. Barthel, persönliche Mitteilung 1993). Zweifel ergaben sich aus der Beobachtung, dass manche
Risse in den kantigen Bruchstücken so aussehen, als seien sie im
weichen Holz gebildet worden. Verdächtig sind auch Reihen von Zellen,
die verbogen wurden, aber nicht brachen. Gleiches gilt für die komplexe
Verformung in der oberen Hälfte von Abb.2: Zwei Risse (oben und links),
deren Ebenen um 10 Zellreihen auseinander liegen, waren entlang der
Reihen gelaufen, getrieben von Scherspannung (Mode II -Risse
in der Sprache der Bruchmechanik), bis ihre überlagerten
Spannungsfelder eine andere Möglichkeit boten: Verbinden der
Rissspitzen mittels eines Streifens deformierten (aber nicht
gebrochenen) Holzes. Es ist hier bemerkenswert, dass diese Deformation
durch eine Kombination von Abgleiten und Aufwickeln von
Zellreihen realisiert wurde.
Abb.3: gleiches Fundstück, Spalt
überbrückt mit gebogenen, aber nicht gebrochenen Zellreihen.
Die winzigen Reste von Zellwänden an den Rändern der Spalten in Abb.3
lassen erkennen, dass das Aufreißen in den Markstrahlen begann. Eine
Reihe gerissener Markstrahlen sieht aus und
verhält sich mechanisch so wie ein großer Riss, von gebogenen
Zellreihen überbrückt.
Es ist kaum vorstellbar,
dass fragile Strukturen wie das Scherband zwischen zwei Rissen (Abb.2)
oder die
gebogenen Zellreihen im Spalt (Abb.3) einen Waldbrand überstehen
konnten, ohne zu
brechen.
Da die Rollen und gebogenen Zellreihen fast niemals
zerbrochen gefunden werden, kann
es als sicher gelten, dass hier nicht Holzkohle vorliegt,
sondern einfach Holz, langsam zerrissen,
nachdem es seine Festigkeit durch langes Liegen in Wasser und weichem
Kieselgel weitgehend verloren hatte. Solche Argumente haben bewirkt,
dass das gleiche Fundstück, abgebildet in [1], Abb.9, und in [7],
Abb.199, nicht als Holzkohle gedeutet wird. (Anders als der Titel [7]
suggeriert, ist dieses Kieselholz nicht Bestandteil der
Döhlen-Formation.)
Fossile
Holzkohle ist eine beliebte Deutung einiger Paläobotaniker für schwarz
und brüchig aussehendes fossiles Holz, besonders
wenn es in rotem Chalzedon vorliegt (Abb.4), auch in scheinbar
rätselhaften Anordnungen wie in Abb.5.
Abb.4:
Stammquerschnitt (Perm), angeblich in Holzkohle umgewandelt, ohne vor
dem Verkieseln zu zerfallen. Winnweiler, Rheinland-Pfalz. Ausschnitt
aus [2], Bild 449, Bildbreite 14cm.
Abb.5 (rechts): Stammlängsschnitt (Perm), Winnweiler, Rheinland-Pfalz.
Ausschnitt aus [3], Abb.6, dort als fossile Holzkohle gedeutet, aber
als problematisch erkannt. Bildhöhe 1.3cm.
Offenbar hielten es die Autoren [2,4] für möglich,
dass ein Stamm von selbst und als Ganzes zu Holzkohle wird, aber jeder
Köhler weiß, dass ohne aufwendige Prozesssteuerung nur Asche entsteht.
Die Autoren [3] sahen die Probleme mit Abb.5 und versuchten,
diese mit
der Annahme zu umgehen, Kieselgel habe die Holzkohle in Blöcke zerteilt
und diese auseinander geschoben. Es gibt jedoch anscheinend keine
anderen Beispiele für Zerteilen durch Kieselgel.
Die Autoren [3] sahen weitere Probleme bei der Umwandlung dicker Stämme
zu Holzkohle. Sie zogen ein
"katastrophales Ereignis" in Erwägung, das die Stämme zu einem Haufen
stapelte, der wie
ein Meiler brannte. Sie sahen nicht die einfache Lösung: Die Probleme
verschwinden mit der
Annahme, es sei gar keine Holzkohle. Die Beobachtungen legen eine
andere Erklärung nahe:
Anscheinend durchlief die Holzsubstanz einen langsamen
Umwandlungsprozess, möglicherweise unter dem Einfluss von Mikroben, der
schwarze Färbung, Festigkeitsverlust, und Schrumpfen mit Rissbildung
zur Folge hatte. Entsprechend der Anisotropie der Festigkeit des Holzes
begann die Strukturierung in Abb.5 mit senkrechten durchgehenden
Rissen. Die Lücken zwischen den senkrechten Streifen oder Stäben aus
Holz füllten sich mit Kieselgel, das am Holz haftete und dessen
Festigkeit genügend hoch war, um zu verhindern, dass sich die Stäbe als
Ganzes zusammenziehen konnten. Folglich wuchs die Schrumpfspannung bis
der Stab riss. Mit fortgesetztem Schrumpfen rissen die Teile bis die
Stücke so klein waren, dass die Schrumpfspannung nicht mehr größer
werden konnte als die Festigkeit. Aus einfachen Überlegungen folgt,
dass breitere Stäbe längere Bruchstücke liefern, was auch wirklich in
Abb.5 zu sehen ist. Alle Risse und die Holzstücke füllten sich mit
Kieselgel, das durch weitere Aufnahme von SiO2
und Abgabe von Wasser zu Chalzedon wurde.
Ein ähnlicher Zerfall des Holzes in würfelige Stücke, ohne Kieselgel
weniger gleichmäßig, ist als Braunfäule bekannt.
Die Deutung als Holzkohle war mit den obigen Argumenten zurückgewiesen
worden [5], aber im Museum für Naturkunde Chemnitz hält man daran
fest, ohne Gegenargumente vorbringen zu können.
Abb.1-3: Fund W/55, eigene Sammlung, gefunden 1992 in
Wilmsdorf (Golfplatz), Ortsteil von Possendorf bei
Dresden. Fotos: M.
Barthel.
Ergänzung 2015:
Endlich begriffen !
Die Autoren [2-4] brauchten ungefähr 10 Jahre, um sich mit dem Gedanken
vertraut zu machen, dass ihre Deutung als Holzkohle falsch war, und sie
präsentieren das nun als neue Erkenntnis [6].
Dieser Sinneswandel wäre eher möglich gewesen, wenn sie meine seit 2005
wiederholt vorgebrachten Argumente [5] zur Kenntnis genommen hätten.
Das lässt hoffen, dass unermüdliche Kritik über lange Zeit auch in
anderen Fällen eine positive Wirkung zeigt, wo Autoren wie R.
Rössler und R.
Noll kritische Diskussionen scheuen.
Ergänzung 2017:
Der
Wunsch der Paläobotaniker, fossile Holzkohle zu finden, ist verständlich, denn
diese ist ein wahrscheinlicher Hinweis auf Waldbrände in der Vergangenheit,
deren Häufigkeit und Ausdehnung Rückschlüsse auf das damalige Klima zulassen.
Die bekannte Schwierigkeit, die oft nur kleinteilig vorhandene fossile
Holzkohle von schwarzem fossilem Holz zu unterscheiden, erfordert besondere
Sorgfalt bei der Auswertung anatomischer Einzelheiten der Zellstruktur,
möglichst mittels Elektronenmikroskop [8].
H.-J. Weiss
2011, 2015, 2017
[1] M. Barthel :
Pflanzenfossilen im rechten
Licht. Veröff. Mus. Naturkunde Chemnitz 19(1996), 49-62.
[2] R.
Rössler : Der versteinerte Wald von Chemnitz. Museum
f. Naturkunde Chemnitz, 2001, 179.
[3] R.
Noll, D. Uhl, S. Lausberg : Brandstrukturen an
Kieselhölzern der Donnersberg Formation.
Veröff. Mus. Naturkunde Chemnitz 26
(2003), 63-72.
[4] R.
Noll, V. Wilde : Conifers from the „Uplands“
– Petrified wood from Central Germany,
in: U. Dernbach, W.D. Tidwell :
Secrets
of Petrified Plants, D'ORO Publ., 2002, 88-103
[5] H.-J.
Weiss : Seltsame Strukturen in Siliziten, Vortrag, 4.
Hornstein-Treffen (2005), Museum f.
Naturkunde Chemnitz.
[6] R.
Rössler, R. Noll, D. Dietrich, V. Annacker, M. Merbitz :
Taphonomic features of fossilised wood ...
23rd Int. Workshop on Plant
Taphonomy,
Museum f. Naturkunde Berlin, 11/2014.
[7] M. Barthel : Die Rotliegendflora der Döhlen-Formation. Geologica Saxonica 61(2015), 105-238. (Vorsicht, falsche Größen !)
[8] A.Jasper, D.
Uhl et al.: Evidence of wildfires in the Late Permian …, Current
Science 110 No3 Feb.2016, 419-423.
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