Fossile Polygonmuster - verwirrend
und aufschlussreich
Diese Präsentation netzartiger Strukturen sehr unterschiedlicher
Entstehung soll als Warnung dienen, polygonale Maschen nicht
leichtfertig als Pflanzenzellen fehlzudeuten, wie es in der
Paläobotanik wiederholt geschehen ist. Nur eines der vorliegenden
Bilder zeigt Zellen, drei zeigen Rissmuster in Kieseltorf unabhängig
von der Schichtung des Torfes. Die übrigen drei stehen auf
unterschiedliche Weise in einem Zusammenhang mit Nematophyten
. Deshalb sind sie für die Lösung des Problems bedeutsam, auf welchem
Zweig des Stammbaums der Lebewesen diese rätselhaften Organismen
einzuordnen sind.
Abb.1: Epidermis mit Spaltöffnungen, gut sichtbar im Auflicht, das von
der schräg darunter liegenden Bruchfläche reflektiert wird.
Asteroxylon, Rhynie
Chert, Unter-Devon.
Abb.2: Nematophyt im Rhynie Chert, anscheinend aus parallelen Röhren
mit dicker Hülle aus Gel bestehend,
Bildbreite 0.7mm.
Abb.3: Rätselhafte "Nematothallus-Kutikula",
oft zusammen mit kohligen Nematophyten-Kompressionen gefunden,
Bildbreite
0.05mm.
Abb.4,5,7: Millimeterbreite Polyeder und polygonale Säulen in
Kieseltorf,
auf der Schnittfläche als Polygon-Netzwerk erscheinend,
Unter-Perm, Döhlener Becken, Deutschland.
Abb.6: "Cosmochlaina-Kutikula"
[1], hier als Rissmuster gedeutet.
Anscheinend ist das Fundstück in Abb.2 das
einzige bisher bekannte, das einen Weg weist zum Verständnis der Kutikulen aus
Silur /Unter-Devon, genannt Nematothallus
(Abb.3) und Cosmochlaina
(Abb.6), deren versuchte Deutungen als Epidermis einer Pflanze
vergeblich waren.
Obwohl die Rissmuster in Abb.3 und Abb.6 sehr
unterschiedlich sind,
gibt es Gründe für die Annahme, beide seien Abformungen von
Schrumpfrissen an der Oberfläche eines Klumpens aus organischem Gel,
das die Röhrenstruktur eines Nematophyten umhüllt.
Offenbar orientiert sich das Rissmuster in Abb.6, anders als das in
Abb.3, nicht an den Grenzen der Gel-Hüllen, die sich gegenseitig in
mehr oder weniger polygonale Säulen gedrückt haben wie in Abb.2,
sondern hat statt dessen eine ähnliche Struktur wie die polygonalen
Risse in Abb.4,5.
Die
unregelmäßigen Polyeder in Abb.4,5,7 können länglich sein, mit Länge zu
Durchmesser größer als 20, und können deshalb als analog zu den
bekannten großen Basaltsäulen [5] betrachtet werden.
Die hier gegebene Deutung von Abb.6 widerspricht einer kürzlich
propagierten Deutung als untere Epidermis eines hypothetischen
urtümlichen Lebermooses
[2] und damit auch der Hypothese von Graham
et al. [3], die Prototaxites
auf eine Lebermoos-Teppichrolle reduziert.
Exemplare: Abb.1,2,4,5: eigene Funde, Abb.1: Foto H. Sahm;
Abb.3: Foto H.
Kerp,
in [4].
Abb.7: gefunden und
fotografiert von Wolfgang
Schwarz.
H.-J.
Weiss
2012
ergänzt
2014
[1] D.
Edwards:
Dispersed cuticles of putative non-vascular plants from the Lower
Devonian of Britain,
Bot. J. Linnean Soc.
93(1986), 259-75.
[2]
L.E. Graham,
L.W. Wilcox, M.E. Cook, P.G. Gensel:
Resistant tissues of
modern marchantoid liverworts resemble enigmatic Early Paleozoic
microfossils.
Proc. Nat. Acad.
Sci., USA, 101(2004), 11025-29.
[3] L.E.
Graham,
M.E. Cook, D.T. Hanson, K.B. Pigg, J.M. Graham :
Structural, physiological, and stable
carbon isotope evidence that the enigmatic Paleozoic fossil Prototaxites formed
from rolled liverwort mats.
Am. J. Bot. 97(2010), 268-275.
[4] H.
Steur, W.v.d. Brugghen:
Grondboor & Hamer (1998), 28-35.
[5] M. Hofmann et al.: Why hexagonal basalt columns ? Phys. Rev. Lett. 115, 154301 (2015).