Ein Nematophyt, der sich von den bisher bekannten unterscheidet, ist
nach wiederholter Untersuchung eines Fundstücks von 2005 unerwartet
entdeckt worden. Trotz des schlechten Erhaltungszustandes konnten
charakteristische Einzelheiten gefunden werden.
Abb.1: Nematophyt,
größtenteils zersetzt und mit Quarzkristallen und Hohlräumen gefüllt,
faserige Struktur nur an einigen Stellen am Rande erhalten geblieben.
Bildbreite 17mm.
Mit 10µm bis 27µm
breiten Röhren oder Schläuchen und mit einer Breite des ganzen
Organismus von kaum mehr als 2cm ist dieser Nematophyt dem
flachen
in Rhynie
Chert News 46
ähnlich, aber
ohne die deutlich strukturierte Außenschicht, die dort zu sehen ist. Im
vorliegenden Zustand ist dieser Nematophyt
von einer Hülle begrenzt, die sich vor dem Verkieseln
teilweise abgelöst hatte. Diese Hülle könnte aus getrocknetem
organischem Gel bestanden haben, wie es von dem besser erhaltenen
Fossil in Rhynie
Chert News 98
nahegelegt wird.
Anscheinend
wurde das organische Gel zwischen den Röhren durch Kieselgel ersetzt,
als die organische Substanz sich zersetzte und niedigen pH erzeugte,
wie es von zerfallenden Pflanzen bekannt ist.
Dieses Exemplar
gelangte in das Sumpfwasser und blieb dort als Ganzes. (Es ist hier
nicht als Ganzes zu sehen, weil ein kleiner Teil außerhalb des
Fundstücks lag, dessen Rand hier links im Bild sichtbar ist. 2cm-breite
Schnitte des ganzen Exemplars sieht man auf der Rückseite dieser
5mm-dicken Scheibe und auf der angrenzenden Fläche der 10mm-dicken
nächsten Scheibe, in der der Nematophyt endet.)
Der mit weißem Chalzedon gefüllte Riss passt scheinbar nicht zu den
Hohlräumen im teilweise zersetzten Nematophyten.
Er muss in einem mechanisch homogenen elastischen Material entstanden
sein, vermutlich im Kieselgel nach früher Verkieselung. (Das
organische Gel als Bindemittel zwischen den Röhren wäre wahrscheinlich
nicht so steif, dass ein solcher Riss entstehen
kann.) Biegebelastung erzeugte einen Riss, der vom oberen Rand
bis
zum unteren Rand lief, woraus ersichtlich ist, dass die umgebende
Substanz des Sumpfes noch flüssig war. Das SiO2-reiche
Wasser im Spalt wurde zu Kieselgel und später zu weißem Chalzedon. Es
bleibt unklar, warum dieser als weiße Füllung überauerte, während das
Kieselgel daneben entweder verschwand oder zu Quarz kristallisierte.
Hinlänglich gut erhaltene Strukturen gibt
es in Abb.1 nur rechts. Die folgenden Bilder, 1.4mm breit, zeigen
Einzelheiten von dort.
Abb.2,3:
Nematophyt-Röhren in nicht ganz zufälligen Anordnungen: Bündel
paralleler oder
divergierender Röhren, blasse Stellen im Gewirr.
Ähnlich wie bei anderen Nematophyten erscheint
die
Anordnung der Röhren als mehr oder weniger zufällig. Kleine Bereiche
mit Textur sind meist weniger auffällig als die parallelen Röhren in
Abb.2. Ein divergierendes Bündel ist undeutlich in Abb.3 rechts zu
sehen. Es gibt hier auch "Lichtungen im Dschungel", helle Stellen mit
unbekannter Bedeutung, wie in den unteren Hälften von Abb.2,3. Sie
können häufiger sein als 1/mm2.
(Die hellen
Lichtreflexe sind hier nicht relevant.) In Abb.3 rechts unten sieht man
einen kleinen Teil der dunklen Randschicht.
Abb.4: Nematophyt mit schmalen Röhren nahe der Randschicht rechts,
anschließend ein heller Fleck, der in den umgebenden "schmutzigen"
Sumpf hineinragt.
Zwei der hellen "Lichtungen" unterscheiden sich von den anderen durch
ihre längliche Form, sparsam verteilte dünne Röhren
(ca. 12µm) und die
auffällige Abwesenheit dicker Röhren. Wahrscheinlich sind sie keine
zufälligen Gebilde, aber ihr Zweck ist hier nicht zu erkennen.
In Abb.4 sieht man eine Häufung schmaler Röhren nahe der Randschicht
des Nematophyten mit einem (zufällig dort vorhandenen ?) hellen Fleck.
Abb.5: "Nest" mit kugeligen Gebilden an einer Stelle zersetzter und
verschwundener Röhren des Nematophyten,
Reste von Röhren links und unten.
Gebilde wie jene in Abb.5, einzeln oder gehäuft, sieht man über die
ganze Schnittfläche verstreut. Sie haben innen einen winzigen dunklen
Stab, der oft als dunkler Punkt an der Oberfläche erscheint. Ihre
Deformation bei gegenseitigem Kontakt lässt auf eine weiche
Beschaffenheit schließen. Sehr wahrscheinlich sind sie nicht Teil des
Nematophyten, aber wachsen bevorzugt in dessenInnerem.
Ein großer Teil des Nematophyten in Abb.1, falls nicht ganz
verschwunden, sieht so geschädigt aus wie in Abb.5.
Einige wenige dunkle Linien sind anscheinend geschrumpfter Inhalt der
Röhren.
Jeder
neue Fund eines Nematophyten, auch wenn schlecht erhalten, kann zu
besserem Verständnis dieser seltenen "rätselhaften Organismen" [1]
beitragen.
H.-J. Weiss
2016,
revised Dec.2016
[1] T.N. Taylor,
E.L.Taylor, M. Krings: Paleobotany, Elsevier 2009.