Fossile Nematophyten, wie alle Fossilien im Hornstein, durchliefen
Stadien der Einbettung und Durchdringung mit Kieselgel, mehr oder
weniger verstanden und hier nicht betrachtet. Dieser Beitrag betrifft
organisches Gel, von den Organismen als mehrfacher Schutz
produziert. Nach der Verkieselung ist das organische Gel nicht mehr
bemerkbar, aber die frühere Anwesenheit kann aus Details im Hornstein
erschlossen werden (Abb.1).
Abb.1: Rhynie Chert, hier rohe Außenseite des Fundstücks, alte Bruchfläche der Hornsteinschicht mit zwei unterschiedlichen Typen Hornstein: Nematophyt (obere
Bildhälfte), eher verkieselt als der Sumpf mit faulenden Pflanzenteilen
darunter. Bildbreiten 4.3mm.
Dieses Bild kann zunächst verwirrend und rätselhaft sein. Es
ist
eine natürliche Kombination zweier unabhängig voneinander verkieselter
Bereiche. Die obere Hälfte ist ein Nematophyt, bestehend aus
unregelmäßig verteilten und teilweise ausgerichteten Röhren in
bläulichem Chalzedon. Die nahezu waagerechte Linie im Bild deutet auf
eine glatte Bruchfläche, wie sie nicht beim Bruch von Filz oder
Faserverbundwerkstoffen entstehen würde.
Folglich war der
Nematphyt wie ein kompaktes Material gebrochen, weshalb er in einem
mehr oder weniger fortgeschrittenen Stadium der Verkieselung gewesen
sein muss. Das Bruchstück gelangte in das trübe Sumpfwasser mit
überschwemmten Landpflanzen. Weitere Verkieselung verwandelte
schließlich alles in festen Hornstein.
Abgesehen vom fossilen Inhalt
gibt es einen anderen offensichtlichen Unterschied zwischen den Hälften
des Bildes: Im Gegensatz zum trüben Sumpfwasser unten ist der Raum
zwischen den Röhren sauber. Die kleinen weißen Flecken sind keine
Einschlüsse, sondern rekristallisierter Chalzedon. Die Sauberkeit lässt
auf anfangs vorhandenes organisches Gel zwischen den Röhren schließen.
Gleiches sieht man in Abb.2. Hier geht der Riss quer zur
Textur. Wieder ist die Bruchfläche glatt, ohne hervorstehende Enden der
Röhren. Folglich muss der Nematophyt als Ganzes mechanisch homogen
gewesen sein, als er brach, mit weitgehend verkieselten Komponenten, so
dass die filzige Struktur sich nicht auf den Riss auswirkte. Es ist
nicht zu erkennen, warum das geschah, als der Sumpf noch flüssig war.
Es
ist bekannt, dass im Wasser liegende organische Reste schneller
verkieseln als das umgebende Wasser und dann bei Belastung brechen
können. Vielleicht fördert das organische Gel zwischen den
Röhren
die Bildung von Kieselgel.
Abb.2: Zwei
Typen Hornstein verbunden in einem
Fundstück: rechts Bruchstück eines zuvor verkieselten
Nematophyten, im später verkieselten flüssigen Sumpf
liegend. Schnittfläche des Fundstücks in Abb.1.
Neben den nützlichen Eigenschaften organischen Gels für das Leben
im Wassser, wie Zusammenhalt, Sauberkeit, und Schutz vor Angriffen, ist
es auch ein Hilfsmittel für Organismen, die durch Austrocknen gefährdet
sind, zum Überleben außerhalb des Wassers. Dieses Fundstück liefert ein
Argument dafür, dass
Nematophyten diese Überlebensstrategie
genutzt haben. Der Nematophyt hatte als Gewirr aus
Röhren
in einem Gelklumpen unbekannter Größe und Gestalt gelebt, im Wasser
oder auf feuchtem Grund, oder in einem periodisch überfluteten
Lebensraum. Während einer längeren Trockenperiode trocknete der
Klumpens oberflächlich und schrumpfte bis zu einer begrenzten Tiefe.
Die schlaffen Röhren kollabierten dabei und
sind nun als schmale Streifen in der betroffenen Schicht des Klumpens
zu sehen. Diese Schicht wirkte als Rinde, die
vor weiterem Austrocknen schützte. Darunter gibt es keine Anzeichen von
Trocknen.
Anscheinend
war die Wirkung dadurch begrenzt, dass entstehende Eigenspannungen die
Rinde ablösten. In Abb.3 hängt die Rinde rechts fest an der Unterlage,
ist aber nach links hin zunehmend abgelöst.
Schließlich muss der leicht beschädigte Klumpen überflutet und im
schlammigen Wasser zusammen mit Pflanzenteilen verkieselt worden sein,
was man auch aus Abb.3 erkennen kann.
Abb.3 (unten): Nematophyt als Gelklumpen mit einer
Schutzschicht gegen Austrocknen, entstanden durch oberflächennahes
Trocknen und Schrumpfen, hier im Querschnitt sichtbar an der rohen Außenseite des Fundstücks, alte Bruchfläche der Hornsteinschicht.
Unter zahlreichen eigenen Funden von Rhynie
Chert gibt es 9 mit Nematophyten,
darunter die bekannte kugelförmige Pachytheca
(1 Fund, 1 Exemplar) und Nematoplexus mit
spiraligen Röhren deutlich größer als im Original in 4 Fundstücken.
Weniger sicher ist die Deutung eines gut
erhaltenen Nematophyten als Nematophyton
taiti [1]. Nematophyten
aus 3 Fundstücken sehen so ungewöhnlich aus, dass
sie 3 neue Arten repräsentieren könnten. Offenbar sind sie sehr selten,
andernfalls wären sie in mehr als einem Stück Chert gefunden worden.
Alle hier erwähnten Nematophyten hatten
anscheinend Gel zwischen
den Röhren. Der Gelklumpen in Abb.3 mit einer getrockneten,
geschrumpften und wahrscheinlich verhärteten Schicht längs der
Oberfläche ist ein überzeugender Beleg dafür, dass Nematophyten
außerhalb des Wassers und im Trockenen überleben oder zeitweise
gedeihen konnten, wie in [2,3] vermutet.
Aus der vollständigen Verkieselung der hier beschriebenen Exemplare ist
zu schließen, dass sie von SiO2-reichem
Wasser überflutet wurden. Sie verkieselten eher als das Wasser, denn
sie brachen wie ein festes Material (das auch ein Gel gewesen sein
konnte) während das umgebende Wasser flüssig war und später
verkieselte, was aus Abb.1,2 zu schließen ist.
Fundstück:
Rh13/7 (0.25kg), 2005
gefunden von
Sieglinde
Weiss,beschrieben
inRhynie
Chert News 13. Teil 1: Abb.3; Teil 2: Abb.1,2;
H.-J.
Weiss
2016 2020
[1] R.
Kidston, W.H. Lang : On Old Red Sandstone
plants showing structure ...,
Part V, Trans. Roy. Soc. Edinburgh 52
(1921),
855-902.
[2] P.K.
Strother: Clarification of the genus Nematothallus
Lang,
J.Paleont. 67(1993), 1090-94.
[3] www.abdn.ac.uk/rhynie