Rätselhafte cm-große Klumpen im Hornstein von Rhynie
English version

Fundstücke des berühmten Rhynie Chert aus dem Unter-Devon 
enthalten meist vierkieselte Pflanzenteile, die einer der bekannten frühen Landpflanzen zweifellos zuzuordnen sind, oft mit Pilzhyphen dazwischen. Nur wenige Fundstücke enthalten deutlich erhaltene Algen, Flechten, Nematophyten, oder Blaualgen. Häufiger sind undeutliche Lagen und Wolken, wahrscheinlich von Mikroben unbekannter Zuordnung. Seltener sind Wolken mit mehr der weniger deutlichen Formen oder Umrissen wie die hier abgebildeten. Sie könnten einen Erklärungsversuch wert sein.

blobs in Rhynie chertAbb.1: Zwei Flächen eines Schnittes durch ein Stück Rhynie Chert, Bildbreite 6cm.
        (Abb.1-9 zeigen senkrechte Schnitte des gleichen Fundstücks.)

Wegen nahezu spiegelsymmetrischer Hälften bei einer Schnittbreite von ca. 2mm müssen die rundlichen Formen viel tiefer as 2mm sein. Sie müssen klumpenförmig sein, weil die 6 rundlichen Schnitte in Abb.1 auf den Rückseiten der 5mm-Scheiben nicht zu sehen sind. Es sind folglich keine Schnitte von Landpflanzen und deshalb besonders interessant. Aus ihrer Lage im unteren Bereich der Hornsteinschicht folgt, dass sie schon dort waren, bevor
Rhynia weiter oben wuchs oder abgelagert wurde.
enigmatic blobAbb.2 (links): Einer der  Klumpen in Abb.1 (linke Hälfte, 2. von links) mit verwirrender Struktur: grauer Chalzedon mit einer früheren Höhle im Innern und umgeben von "angeklebten" mineralischen Krümeln. Bildbreite 7mm.
black dotsblack dots
Abb.3,4: Vergrößerte Ausschnitte von Abb.2: Kugeln mit dunkler oder bleicher Wand, innen durchsichtig (oder weiß), unterschiedlich groß bis 35µm, unghleichmäßig verteilt längs eines Streifens bläulichen Chalzedons.

Abb.5,6 (unten): Randbereiche der Klumpen mit dunklen Kugeln und undeutlichen Bündeln dunkler Streifen. 


black dots + streaksblack dots and streaks





Es sieht so aus, als seien ausgerichtete Fäden oder Röhren an der Bildung der Klumpen beteiligt gewesen, die meist zerfallen und nicht sichtbar geblieben waren (Abb.5,6,7).

Als weitere seltsame Bestandteile gibt es hier schwarze Klumpen verschiedener Formen, Größen, und Anordnungen. Auffällig sind konkave Formen längs des Randes wie in Abb.8. Die Klumpen können entlang einer Grenze liegen oder scheinbar zufällig verteilt sein. Die kleinen dunklen Punkte in Abb.8 sind nicht vergleichbar mit den dunklen Kugeln in Abb.2-6. Anscheinend sind sie der Rest einer zerfallenen Struktur.
Die Textur in Abb.7 ist so undeutlich, dass es unklar bleibt, ob Röhren oder Fäden zu Grunde liegen. Jedenfalls hat die Struktur bewirkt, dass die mineralischen Körnchen außerhalb des Randes geblieben sind: Abb.2-8. (
Ein ähnliches Gebilde, mit randwärts orientierten Röhren, wird im Zusammenhang mit Nematophyten diskutiert.)
blob with faint texture





Abb.7 (links außen): Schwach sichtbare Struktur, zum Rand hin ausgerichtet. Bildbreite 3mm.

Abb.8: Teil eines Klumpens mit hellem Chalzedon und verschieden geformter dunkler Substanz. Bildbreite 6mm.

Abb.9 (unten): Klumpen mit schwarzen bandförmigen (?) Resten einer Struktur. Bildhöhe 2mm.

Diese Beobachtungen sind nicht leicht zu deuten.
In natürlicher Größe sieht man die Klumpen mit scheinbar deutlichem Umriss, aber die Vergrößerung zeigt unklar definierte Ränder, mehr oder weniger zerzaust. 
Die schwarzen Kugeln in Abb.2-6 erweisen sich als hohl, gefüllt mit klarem Chalzedon. An durchgeschnittenen Kugeln sieht man, dass die Wand nicht schwarz ist, sondern dunkel und durchsichtig. Das schwarze Aussehen vor dem Hintergrund des hellen Chalzedons entsteht nur dann, wenn das Licht an Vorder- und Rückseite der Kugel durch Absorption geschwächt wird.
Anscheinend sitzen auf den Kugeln winzige dunkle Punkte mit ca. 6µm Abstand. Die Kugeln unterscheiden sich zweifellos von den Chlamydosporen der Pilze, deren Hyphen in diesem Fundstück oberhalb der Klumpen in Abb.1 vorhanden sind.
Die kleinsten Kugeln sind oft nicht dunkel, sondern bleich. Wenige Kugeln in Abb.3,4 sind weiß, weil das Innere sich in feinkörnigen Quarz umgewandelt hat.

Verschiedene Deutungsversuche kommen hier in Betracht, auch gesellige Mikroben oder Algen, vorzugsweise am Rande einiger der Klumpen angeordnet, als seien sie Teil einer Symbiose. Es ist folglich denkbar, dass die kleinen Kugeln kein charakteristisches Merkmal der cm-großen Klumpen sind. Gleiches ist auch für die dunklen Einschlüsse in Abb.5-9 zu vermuten. Ohne hilfreiche Einzelheiten aus diesen Bildern kann man eine Deutung der Klumpen anhand des Aussehens in Abb.1 versuchen: Ungefähr kugelige oder halbkugelige cm-große Klumpen, am Grunde von Gewässern oder auf feuchtem Boden sitzend, sind von mehreren Familien der Blaualgen
bekannt. Ihre Form wird gewöhnlich durch organisches Gel stabilisiert. Die hier betrachteten Klumpen könnten in klarem Wasser oder an Land gewachsen und später mit trübem Wasser überflutet worden sein, wobei die Teilchen der Wassertrübe außen am Gel hängen blieben, wo sie später zusammen mit allem Anderen verkieselten. Einschlüsse können entweder von den Blaualgen überwachsen worden sein, oder sie können in den Klumpen hinein gewachsen und später zerfallen sein. Große Röhren in diesem Fundstück,  80...120µm breit und damit vergleichbar mit Palaeonitella, könnten zu Resten wie in Abb.9 zerdrückt worden sein.
Die versuchten Deutungen mussten hier unsicher bleiben, weil nicht bekannt ist, ob die
beobachteten Einzelheiten zusammengehörige Teile eines Ganzen sind oder nur zufällig zusammen im Bild erscheinen.

H.-J. Weiss
      2014, modified 2015
68
Übersicht
Rhynie Chert News
deutsch
Verkieselung
Rhynie Chert