Perm-Holz: nicht verkohlt, nicht angefressen
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Diese Überschrift bezieht sich auf ein Stück Hornstein aus dem Döhlener Becken (Unter-Perm), das Zweifel an Einzelheiten der etablierten Paläobotanik erzeugt hat: Stücke schwarzen Holzes in weißem Chalzedon waren nach oberflächlicher Betrachtung als verkieselte Holzkohle gedeutet worden (Abb.1). Paläobotaniker waren der Meinung,
nicht Holz, sondern nur die spröd brechende Holzkohle könne so kleine Bruchstücke erzeugen, wie sie hier zu sehen sind.
Falsche Argumente, die scheinbar vernünftig sind, können bleibenden Schaden anrichten und müssen deshalb zurückgewiesen werden. Das wurde mit eingehender Diskussion in [1] getan.

holes in wood
Abb.1: Perm-Holz, verkieselt zusammen mit dem Wasser, wo es im erweichten Zustand deformiert und zerbrochen wurde. Bildbreite 11mm.

Das von der angeblichen Holzkohle erzeugte Misstrauen ließ auch an den angeblichen Fraßgalerien und Koprolithen zweifeln, die man den Hornmilben, unbekannten Tieren oder Insekten zugeschrieben hatte. Dazu gibt es zahlreiche Publikationen. Eine Auswahl davon wurde kritisch diskutiert und wiederholt für falsch erklärt [3,4], bis die Koprolithen- Euphorie abflaute.  
Kürzlich haben Käfer-Bohrgänge in Holz [2] das Interesse an Löchern und Koprolithen im Kieselholz erneut angeregt. Die angeblichen Koprolithen der (nicht gesehenen) Käfer sehen aus wie Holzkrümel mit sehr unterschiedlichen Formen und Größen, ähnlich wie in [1].
Der andauernde Disput über verkieselte Holzschäden gebietet es, das in [1] beschriebene Fundstück hier noch einmal genauer anzusehen. Auffällig in Abb.1 sind die groben Löcher im Holz, angeordnet in einer Reihe, zufällig oder nicht, und vergleichbar mit der erstaunlich gleichmäßigen Reihe der Käfer-Bohrgänge in [2].

Abb.2 (unten):
Rätselhafte Löcher in Perm-Holz mit großen und winzigen Bruchstücken,
        Ausschnitt aus Abb.1, Bildbreite 2.8mm. Gleiche Vergrößerung in Abb.2-5.
fossil wood with holes
Abb.2 schließt die Deutung als fossile Holzkohle aus. Im Widerspruch zum oben erwähnten Argument ist festzustellen, dass brechende Holzkohle niemals ganze Zellen wie in Abb.2,4
freisetzen würde. Auch die runde Kontur des großen Bruchstücks in Abb.1 spricht gegen Holzkohle. Durch langes Liegen im Wasser hatte das Holz seine Festigkeit verloren, so dass es unter Belastung sich leicht verformen und einzelne Zellen abspalten konnte.
Permian wood with holes
Permian wood with holesDie Deutung als Holzkohle konnte leicht widerlegt werden, aber eine Erklärung der Löcher ist problematisch.
Wenige Löcher bieten Hinweise bezüglich einer möglichen Deutung.

Abb.3 (Mitte): Perm-Holz mit weißem Fleck im Gewebe, Zellen nicht durch Chalzedon verbunden.


calcite

Abb.4 (oben rechts): Kleine Holzfragmente, eines mit Loch und umgeben von Hohlformen aufgelöster Calcitkristalle 
im Chalzedon.

Abb.5: Calcitkristall, außerhalb und innerhalb des Holzes gewachsen, ohne die Gewebestruktur zu beeinflussen.

Als Ausgangspunkt einer Erklärung der Löcher bietet sich der weiße Fleck in Abb.3 an: Die Zellen mit weißer Füllung sind nicht eng aneinander gebunden wie die Holzzellen, sondern nahezu freistehend. (Sie könnten von Paläobotanikern, die Koprolithen suchen, für solche gehalten werden.) Hier ist noch zu erklären,  wie die zellengroßen losen Klumpen inmitten des homogenen festen Kieselholzes entstehen konnten. Zur Erklärung kann Abb.4 beitragen, wo man eines der rätselhaften Löcher in einem kleinen Stück Holz sieht, das von Hohlräumen im Chalzedon umgeben ist, die wie Ka
lkspatkristalle (Calzit) geformt sind. Hohlräume, übrig geblieben von aufgelösten Kalkspatkristallen, gibt es auch in Abb.1.   
Diese Beobachtungen berechtigen zu der Vermutung, auch an der Entstehung der Löcher könnte Kalkspat beteiligt gewesen sein. Eine dritte Beobachtung scheint das zu bestätigen: Zufällig wurde ein kleiner Kalkspatkristall so geschnitten, dass er teilweise innerhalb und außerhalb des Holzes auf einer Schnittfläche zu sehen ist: Abb.5.
Die Beobachtungen ermöglichen eine vorläufige Erklärung auf der Grundlage mehrerer Schritte:

(1) Während der Bildung
von Hornstein aus Kieselgel können Calcitkristalle wachsen.
(2) Calcit kann durch das Holzgewebe wachsen, ohne es zu deformieren, wie in Abb.5, und wahrscheinlich dessen Verkieselung verhindern.
(3) Die betroffenen Holzzellen füllen sich mit Calcit, aber die Zellwände bleiben wenig oder nicht mineralisiert,
        so dass die Füllungen als zellengroße Klumpen erscheinen, wie in Abb.3.
                 
(4) Calcitkristalle können sich auflösen und kantige Hohlräume im Chalzedon hinterlassen, wie in Abb.4.
(5) Calcit im Holz, wie in Abb.3,5, kann beim Auflösen möglicherweise eine zerbrechliche Struktur aus Zellwänden hinterlassen.
        Wenn diese kollabiert, bleiben große Löcher wie in Abb.1-4.


Diese mögliche Deutung der auffälligen Löcher in Abb.1-4 eignet sich für kritische Betrachtungen zu Holzschäden durch Tiere. Zweifel bezüglich der Käfer-Bohrgänge in [2] sind naheliegend, weil angebliche Fraßgalerien und Koprolithen niemals gesehener Tiere in mehreren Publikationen der Autoren  Feng und Rößler Fehldeutungen sind [3,4]. Die angeblichen Koprolithen sind meist in Holzzellen gewachsene Klumpen aus Pilzhyphen.
Der vorliegende Beitrag weist nebenbei auf eine andere Möglichkeit zur Entstehung zellengroßer Klumpen hin, die zur Fehldeutung als Koprolithen verleiten:
Es ist die Abscheidung von Kalkspat während der Verkieselung, wobei der Kalkspat die Zellen füllen kann, die dann einen mehr oder weniger losen Haufen bilden, 
wie in Abb.3.
Die beobachtete Form der Löcher in Abb.1-4 würde bedeuten, dass der abgeschiedene und später aufgelöste Kalkspat, der die Verkieselung verhinderte, ähnlich angeordnet war. Wie es dazu kommen konnte, bleibt hier ein ungeklärter Punkt in der Gedankenkette.

Ungeachtet mancher Unklarheit sollte eine alternative Deutung der Fraßgänge in [2] als ein rein mineralisches Phänomen ähnlich der Lochbildung im hier beschriebenen Fundstück in Betracht gezogen werden. 

1992 gefunden am Golfplatz Wilmsdorf, Possendorf bei Dresden;  aufbewahrt in der eigenen Sammlung als W/55, Teile 3,4.

H.-J. Weiss      2020

[1] Fossil Wood News 9 Rotliegend-Hölzer fehlgedeutet als fossile Holzkohle
[2] Z. Feng, ..., R. Rößler: Beetle borings in wood with host response in early Permian conifers from Germany. Paläontol. Z. (July 2019)
[3] Fossil Wood News 16 : Scheue Krabbeltiere im Kieselholz ?  – Aufräumen nach abflauendem Wahn 

[4] Fossil Wood News 29 : Falscher fossiler Fraßschaden
quartz crystal with wood inside
Fossil Wood News  38
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