Nematophyten,
wörtlich "fädige Pflanzen", sind noch so wenig verstanden, dass sie in
[1] unter "Rätselhafte Organismen" eingeordnet werden.
Deshalb ist jede neu beobachtete Einzelheit möglicherweise
wichtig und mitteilenswert.
Die gewöhnlich als kohlige Kompressionen vorliegenden kleinen
Nematophyten lassen nur wenige Einzelheiten erkennen [2]. Bei
3D-Erhaltung in Hornstein gibt es mehr zu sehen. Aus den bisher
im Rhynie Chert
gefundenen wenigen Exemplaren sind schon einige Erkenntnisse abgeleitet
worden, siehe Rhynie
Chert News 1, 13, 29, 30, 35, 36, 38, 39. Weitere
werden hier vorgestellt.
Die Fäden erscheinen meist als leere Röhren oder Schläuche, wie in
Abb.1. Es stellt
sich die Frage, ob hier wirklich Schläuche
vorliegen oder nur schlauchförmige
Hohlräume, übrig geblieben nach dem Verkieseln und
nachdem der Organismus samt Schlauch zerfallen und verschwunden war.
Aus dem Aussehen der Schläuche
ist zu schließen, dass Reste des Wandmaterials
im Hornstein erhalten geblieben sind.
Abb.1: Nematophyt in Rhynie Chert,
unbeschriebene Art. Bildbreite 1.75mm.
Ein Knick lässt auf die
mechanischen Eigenschaften des Wandmaterials der
Schläuche schließen.
Unabhängig davon, ob in Abb.1 Wandmaterial erhalten geblieben ist oder
nicht, kann man auf mechanische Eigenschaften der Schläuche oder Röhren
vor der Verkieselung schließen. Ein Schlauch bekam einen Knick (links
oben), als er durch
Kontakt mit anderen gebogen wurde. Folglich muss er aus einem Material
mit merklicher Biegsamkeit und Festigkeit bestanden haben. Wäre er
viel spröder oder weniger fest gewesen, so wäre er zerbrochen oder
zerrissen. Der Knick zeigt auch, dass es ein Schlauch
war und nicht etwa ein spaghetti-artiger Faden ohne Wand.
Abb.2,3:
Nematophyt in Rhynie Chert, unbeschriebene Art. Schläuche
ausgerichtet, Querschnitte bis 70µm, kleinere im Inneren infolge
Schrumpfens.
Die kleineren Querschnitte in einigen der "normalen" in
Abb.2,3 sind problematisch. Sie können
geschrumpfte Schläuche
sein, wobei das Kieselgel den alten Durchmesser des Schlauches
konserviert hat. (Solches ist von fossilen Pflanzen bekannt,
siehe Rhynie
Chert News 31.)
Manche Einzelheit, wie die Lücke im Ring in Abb.3, ist jedoch noch
unverstanden.
Es kommt auch eine andere Möglichkeit in Betracht: Die kleineren
Querschnitte sind vielleicht keine geschrumpften Schläuche,
sondern Zellplasma,
das samt Hülle geschrumpft ist und sich dabei von der Wand gelöst hat.
Es bleibt die Frage, warum das Schrumpfen auf einige Schläuche in einem
Teil des Fundstücks beschränkt ist. Eine denkbare Antwort betrifft auch
Abb.4: Aus unbekannten Gründen war die Verkieselung ungleichmäßig
schnell, so dass verschiedene Stadien des Zerfallsprozesses erhalten
geblieben sind.
Anscheinend war die Verkieselung stellenweise so langsam, dass das
organische Gel, das die Schläuche
in einem Klumpen zusammen hielt
(siehe Rhynie
Chert
News 30),
sich zersetzte, bevor es sich in Kieselgel umwandeln konnte. Vermutlich
ist die rechte obere Hälfte von Abb.4 mit geschrumpften,
gebleichten, verstreuten Schläuchen so zu verstehen.
Abb.4 (rechts): Nematophyt in Rhynie Chert, gleiches
Exemplar wie Abb.2,3. Schläuche
bis 70µm und große
"Verzweigungsknoten" ("branch knots"); Übergang zwischen gut
erhaltenen dunklen und geschrumpften,
gebleichten, verstreuten Schläuchen.
Die zwei auffälligen Klumpen, und vielleicht ein dritter links
oben, sind ein typisches Merkmal der Nematophyten, bekannt als "branch
knots". Sie bestehen aus einem Gewirr viel kleinerer Schläuche
und haben anscheinend auch eine Beziehung
zu den großen Schläuchen. Ihre Bedeutung ist ebenso wie der ganze
Organismus noch rätselhaft. (Anmerkung
2016: Bei genauerer Betrachtung sieht man in den großen Klumpen in diesem Fundstück kein
Gewirr von Schäuchen. Damit unterscheiden sie sich von den
"Verzweigungsknoten" anderer Nematophyten. Siehe Rhynie Chert News 92,) Was man im Inneren einiger Schläuche
in Abb.5 sieht, ist wahrscheinlich
der zu einem dünnen Faden geschrumpfte Inhalt. Vielleicht waren
diese Schläuche
vor dem Verkieseln schon abgestorben, und die "lebenden" Schläuche
wurden so verkieselt, dass sie nun leer aussehen.
Abb.5:
Nematophyt
in Rhynie Chert, gleiches
Exemplar wie Abb.1. Man beachte den dunklen Faden
in manchen Schläuchen. Bildbreite 0.5mm.
Ähnliche geschrumpfte Fäden in Schläuchen gibt es in Pachytheca
vom Lac de la Gileppe [3]. In Pachytheca
von Rhynie sind solche Fäden nicht gesehen worden. (Rhynie
Chert News 1, 36).
Bemerkenswert in Abb.5 ist auch eine der selten sichtbaren
Verzweigungen. (2016: keine Verzweigung ?)
H.-J.
Weiss 2011
[1]
T.N. Taylor, E.L. Taylor, M. Krings:
Paleobotany,
Elsevier 2009.
[2] P. K. Strother:
Clarification of the genus Nematothallus,
J. Paleont. 67 (1993),
1090-94.
[3] P.
Gerienne: Les Pachytheca
de la Gileppe ...
Ann. Soc.
Geol. Belgique 113(1990), 267-285.