Seltsame Sporangien in einem Stück Hornstein
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Das Seltsame an den hier gezeigten Sporangien wird offenbar, wenn man sich vergegenwärtigt, dass dieses Fundstück eines von vielen hundert ist, die an der Typuslokalität des fossilen Baumfarns Scolecopteris elegans [1] gefunden wurden, dessen Stamm als Psaronius bekannt ist. Hornsteine mit Farnblättchen, die grob betrachtet wie kleines Getier aussehen, waren "Madensteine" genannt worden [2]. Die meisten Pflanzenreste in den Madensteinen sind als Scolecopteris elegans zu deuten, was zu der vereinfachenden Annahme verleitete, in den zu Hornstein verkieselten Sümpfen seien keine anderen Farne gewachsen [3]. Deshalb verdient jede Einzelheit Aufmerksamkeit, die auf andere Farne in den Hornsteinen des Döhlener Beckens hinweist [4,5].

Zufällig bietet das hier betrachtete Fundstück mehr als einen Hinweis auf andere Farne:  grbig pinnulesoße dicke Blättchen mit zahlreichen Haaren an der Unterseite (Abb.1), andere mit großen Sporangien (Abb.2), Sporangien mit zwei auffälligen Haaren nahe der Spitze (Abb.3) und, als eine weitere Besonderheit in diesen Hornsteinen, kleine Sporangien (Abb.4), die anscheinend nicht zum "Madenfarn" passen.
Unabhängig davon bietet dieses Fundstück als weitere Besonderheit wenige millimetergroße Objekte, die den Keimpflanzen heutiger Farne sehr ähnlich sind und in einem späteren Beitrag vorgestellt werden. 

Abb.1: Zwei Querschnitte großer Farnblättchen ohne Sporangien, mit Haaren auf der Mittelader. Bildbreite 7mm.


Dieses Bild ist zunächst unübersichtlich, weil die äußere Kontur der Blättchen kaum zu sehen ist. Die Blättchen sind deutlich größer als jene von Scolecopteris elegans und repräsentieren wahrscheinlich eine andere Art. Außer der blassen Kontur tragen die Haare zur Verwirrung bei, die an der Unterseite auf der Mittelader sitzen (auch an den Seitenadern, hier nicht  sichtbar).
Haare an der Unterseite der Blättchen sind nicht selten, aber auf Bildern oder Zeichnungen selten dargestellt. Sie werden in [6] erwähnt und sind dort in Abb.4a an den kleinen Blättchen von Sc. elegans. zu sehen. (Falsche Größenangabe: nicht 5:1, sondern 10:1.) Haare sieht man in [7] zwischen Pilzfäden.
big sporangia10 hairs on sporangia peculiar synangium

Abb.4: Ungewöhnlich kleine Sporangien,
gleiche Skala wie Abb.1-3, größer in Fig.5.


Abb.3 (oben): Sporangien mit Haaren nahe der Spitze, am linken Sporangium abgeschnitten.

Abb.2:  Schräger Querschnitt eines großen Farnblättchens mit Sporangien. Bildbreite 3.2mm.

Die Blättchen und Sporangien in Abb.1-3 (alles gleiche Vergrößerung) sind deutlich größer als jene von Sc. elegans. Zufällig enthält dieses Fundstück auch deutlich kleinere Sporangien (Abb.4, gleiche Vergrößerung). Sie unterscheiden sich nicht nur in der Größe, sondern auch im Aussehen: Man vergleiche Abb.5 mit den Bildern in [5]. Auffällig ist die Anordnung von 7 oder 8 Sporangien mit Wänden bestehend aus einer Lage deutlich sichtbarer Zellen. Letzteres ist typisch für die große Gruppe der leptosporangiaten Farne. Diese umfasst die meisten der heutigen Farne und ist weit entfernt, im phylogenetischen Sinne, von den eusporangiaten Farnen einschließlich Scolecopteris. Fig.5 macht eine Deutung als Oligocarpia wahrscheinlich, die nach Zeiller, in [8], 3 bis 10 birnenförmige Sporangien in kreisförmigen Anordnungen hat. Oligocarpia lindsaeoides [9] aus Böhmen hat Sporangien ähnlicher Struktur und Größe wie in Abb.5, aber nur in Gruppen (Sori) zu 4 oder 5. Die aus dem Döhlener Becken als Abdruck bekannte Oligocarpia leptophylla [10] hat Sporangien ähnlicher Größe, aber ohne erkennbare Struktur, in größeren Gruppen bis zu 20 je Sorus. Das hier im Hornstein vorliegende Fossilfragment mit 7 und 8 auf der Schnittfläche sichtbaren Sporangien je Sorus kann anscheinend zwischen diese Arten eingeordnet werden. small sporangia in chert

Abb.5: Ungewöhnlich kleine Sporangien im Hornstein (3x vergrößert bezüglich Abb.1-4), ähnlich Oligocarpia. Bildbreite 2mm.

Schlussfolgerungen aus diesem Fundstück von der klassischen Fundstelle des "Madenfarns":
- Es liefert zusätzliche Belege für die Existenz von mehr als nur einer Scolecopteris-Art im Hornstein.
- Es beweist die gleichzeitige Existenz eusporangiater Farne (Scolecopteris) und eines leptosporangiaten Farns,
    wahrscheinlich Oligocarpia, im gleichen Lebensraum.


Dank gebührt dem Fossiliensammler Gert Müller (Dresden + Düren) für das Überlassen dieses Geröllsteins (8.1kg), der hier alle Bilder geliefert hat,  2003 gefunden an der "Madenstein"-Fundstelle an der Grenze zwischen den Ortsteilen Kleinnaundorf und Burgk, Freital; aufbewahrt in der eigenen Sammlung unter Bu7/140, Teil 2.  

H.-J. Weiss     2018

[1]  F.C. Zenker : Scolecopteris elegans, ein neues fossiles Farrngewächs mit Fructification.  Linnaea 11(1837), 509-12
[2]  M. Barthel, R. Rößler, H.-J. Weiss: Sächsische "Madensteine" - Irrtümer und Fortschritte. Geologica Saxonica 46/47(2001), 197-202.
[3]  M. Barthel: Die Madensteine vom Windberg,  in: U. Dernbach, W.D. Tidwell: Geheimnisse versteinerter Pflanzen. D'ORO 2002, 65-77.
[4]  H.-J. Weiss: Beobachtungen zur Variabilität der Synangien des Madenfarns. Veröff. Mus. f. Naturkunde Chemnitz 25(2002), 57-62.
[5]  www.chertnews.de, Permian Chert News 5: Auffällig im Hornstein - Synangien von Scolecopteris.
[6]  M. Barthel:  Gibt es einen Farn Scolecopteris arborescens ? Veröff. Naturk. Erfurt 24(2005), 5-11.
[7]  www.chertnews.de, Permian Chert News 17: Mikroben, Pilze, Madenfarn.
[8]  A.C. Seward: Fossil Plants II, Cambridge Univ. Press 1910, Fig.270B.
[9]  J. Psenicka, J. Bek: Oligocarpia lindsaeoides [9] ... from ... Central Bohemia,  Acta Mus. Nationalis Pragae, B, Historia Naturalis 57(2001), 57-68.
[10] M. Barthel: Die Rotliegend-Flora der Döhlen-Formation. Geologica Saxonica 61(2), 2015, 108-229.
  Scolecopteris pinnule cross-section, Sardinia Permian Chert News 20

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