Gemäß
Bruchmechanik sind Rissspitzen in elastischen Festkörpern winzig,
bestimmt durch Bruchzähigkeit und Elastizität des
Materials, weshalb das unvermittelte Ende des breiten Risses in Abb.1
zunächst unverständlich ist. Bei genauerer Betrachtung bietet sich eine
Erklärung an: Als der Riss
durch das mehr oder weniger verhärtete
Kieselgel lief und dabei an die Grenzfläche zwischen Gel und Wasser in
der Höhle kam, schnappten die Flanken auseinander, womit die Rissspitze
verschwand und eine 75µm
breite Rissöffnung mit parallelen Flanken entstand. (Diese Breite ist
keine charakteristische Eigenschaft des Materials.)
Mittels Diffusion
eindringendes gelöstes SiO2 erzeugte eine Quarzschicht auf dem
Kieselgel, das die Wand des Hohlraums bildete. Das Gel der Rissflanken
hat einen auffallend dunklen
Belag angenommen. Offenbar hat dieser Belag eine besondere Beziehung
zur Oberfläche des Gels, denn er verläuft noch ein wenig um die Ecke am
Ende des Risses. Es bleibt die Frage, warum nicht die gesamte Oberfläche
des Gels diesen dunklen Belag hat.
Dunkle Beläge und Ablagerungen im Rhynie Chert sind oft
von Mikroben verursacht. Schwarze Fäden und Punkte solcher Art sind in
Abb.1 rechts in Gel
eingeschlossen zu sehen.
Außerdem gibt es in Abb.1 links
unten einen 15µm breiten Pilzfaden, der im Wasser gewachsen war, bevor
das Gel sich bildete.
Abb.1: Bildausschnitt eines zylindrischen Hohlraumes,
durch Verkieselung
des Sumpfwassers jetzt teilweise mit bläulichem Chalzedon gefüllt, mit
Riss und anschließender Auskleidung mit Quarz. Bildbreite 1.4mm.
Abb.2 (unten): Ehemals
hohler Aglaophyton-
Halm, liegend, halb gefüllt mit mineralischem Schlamm, obere Hälfte mit
einer dicken Auskleidung aus Chalzedon und Quarz ähnlich wie in Abb.1.
Bildbreite 5.5mm.
Die schwach gekrümmte dicke Lage bläulichen Kieselgels
(jetzt Chalzedon)
in Abb.1 links ist die Auskleidung eines zylindrischen Hohlraums,
Durchmesser 3.3mm, der im Kieselgel des verkieselten Sumpfwassers
(links außen, dunkel) geblieben war, nachdem ein Aglaophyton- Spross
sich zersetzt hatte.
Ein ähnlicher Hohlraum ist in Abb.2 zu sehen, hier in einem
hohlen Halm von Aglaophyton mit
noch vorhandener Wand, halb
gefüllt
mit mineralischem Schlamm, so dass die bläuliche Auskleidung hier auf
die obere Hälfte der früheren Höhle beschränkt ist. Ein von links
einlaufender Riss endete wieder an der inneren Oberfläche des Gels (jetzt
Chalzedon).
Dessen später gebildete Füllung aus kristallinem Quarz geht in die
letzte Schicht der Auskleidung der nun kleineren Höhle über. Offenbar
hat diese halbe Höhle einen Quarzbelag auf dem Chalzedon ähnlich
wie in Abb.1.
Was
zunächst einfach aussieht wie ein zerbrochenes Fossil ist genauerer
Betrachtung wert. Ein Riss kann nicht durch eine Höhle laufen, nur
außen herum. Gewöhnlich läuft er beiderseits herum, wobei zwei
Rissfronten entstehen, die von der ursprünglichen Ebene abweichen
können und deshalb hinter der Höhle sich meist nicht problemlos
vereinigen. Um weiter als ein einziger Riss zu laufen, müssen sie ihre
Ebenen angleichen, was z.B. mittels einer Stufe erfolgen kann, die im
weiteren Verlauf kleiner wird und verschwindet. Der Knick in Abb.2
rechts ist möglicherweise eine unübersichtliche Auswirkung dieses
3D-Problems.
Die Auskleidung in Abb.2 ist nicht alles
bläulicher Chalzedon, sondern teilweise grobkristalliner Quarz,
erkennbar an den weißen Lichtreflexen. Ein kleiner Teil der
Quarzschicht liegt links zufällig parallel zur
Bildebene, wo die groben Quarzkörner sich als holperige
Rissflanken bemerkbar machen.
Die letzte Schicht der Auskleidung vor der
Rissbildung besteht
aus Chalzedon, der teilweise durch Bildung µm-großer Quarzkristalle
weiß geworden war. Diese Schicht wurde, auch
vor der Rissbildung, von einer schwarzen
Ablagerung
bedeckt. Es sieht so aus, als seien im
Wasser der Höhle lebende Mikroben herabgeregnet.
Danach
kamen der Riss und die Abscheidung kristallinen Quarzes längs der
Höhlenwand und im Riss. Zuletzt abgeschiedener Quarz liegt als krumme
Platte vor, mit Zwischenraum zur darunter liegenden Quarzschicht, was
deren Bildung rätselhaft erscheinen lässt. Ein Teil der Höhle ist bis
jetzt leer
geblieben.
Die weißen Flecken innerhalb (Abb.1) und außerhalb (Abb.2)
der Höhle sind Sphärolithe.
Fundstück: Sammlung Steffen Koehler,
Meissen, gefunden vor Jahrzehnten von Brian Beveridge,
Gloucester,
auf der nun geschützten Fläche
nahe Windyfield, Rhynie, (früher im Besitz von A.G. Lyon);
hier dokumentiert unter Rh2/303, Teile 1,3.