Querschnitte früher Landpflanzen im Hornstein von Rhynie, meist Aglaophyton,
erscheinen oft als auffällige Ringe mit gut erhaltener Zellstruktur,
während der größte Teil des Gewebes deutlich geschädigt oder gar nicht
mehr vorhanden ist (Abb.1). Diese Erscheinung ist komplizierter als in
[1,2] angenommen. Sie
wird hier beschrieben und analysiert, wie schon in Rhynie
Chert News 60,
66,
mit der Absicht, anhand dieser und weiterer fossiler Strukturen eine
Erklärung zu finden.
Abb.1: Querschnitt von Aglaophyton,
4mm, "Strohhalm"-Aspekt mit geschädigtem Cortex-Gewebe.
Der
"hohle Halm" ist hier nicht ganz hohl und deshalb informativ. Hier ist
wieder das auffällig unterschiedliche Aussehen von Ring und Rest des
Gewebes verwunderlich. Wie in vorigen Beiträgen begründet, ist die
Dicke des Rings nicht durch eine Eindringtiefe des SiO2
bestimmt, während die Pflanze im Wasser lag. Meist ist die äußerste
Schicht, die Epidermis, schlechter oder gar nicht erhalten geblieben
(Abb.2). Reste von Phloem neben dem Xylem in Abb.1 passen nicht zu der
Vorstellung [1,2] einer Diffusion von SiO2
bis in geringe Tiefe, während alles übrige weiche Gewebe zerfällt.
Abb.2:
Teil der Wand von Aglaophyton in
Abb.1, Epidermis links schlecht erhalten. Bildbreite 1.4mm.
Abb.3,4 (unten): Aglaophyton,
schräger Schnitt: Xylem mit Phloem (unten),
Cortex größtenteils zersetzt außer einem untypisch erhaltenen kleinen
Teil als flache Rinne, Epidermis zersetzt.
Bildbreite 2mm, 1mm.
Offenbar ist jene Vorstellung auch nicht verträglich mit
Anordnungen wie in Abb.3,4, wo der kleine Anteil fäulnisresistenten
Gewebes, gewöhnlich geformt als Rohr und auf Querschnitten als
Ring, hier als Rinne mit U-förmigem Querschnitt
erscheint. Das unerwartet plötzliche Ende bleibt hier, ebenso wie die
Ringe als Ganzes, unerklärt.
Rinnenförmige Gebilde sind in
Aglaophyton
selten, aber in Ventarura häufig.
Es bleibt zu klären, ob das ähnliche Erscheinungsbild zufällig ist oder
auf einen tieferen Zusammenhang deutet.
Abb.5 (unten): Aglaophyton,
schräger Schnitt: Epidermis und
Cortex zersetzt außer einem rinnenförmigen Streifen. Bildbreite 5mm
Ein anderer untypischer Aglaophyton-"Strohhalm"
(Abb.5) zeigt auch einen plötzlichen Übergang
von Zellen mit scheinbar starken Wänden zu keinen Zellen, ähnlich wie
in Abb.3,4.
Die
zahlreichen Chlamydosporen deuten darauf hin, dass das Cortexgewebe
durch einen Pilz zersetzt wurde. Das kann man auch für Abb.3 annehmen,
wo Pilzhyphen als dünne Linien schwach sichtbar sind. Querschnitte von
Pilzhyphen sieht man in Abb.1 als winzige dunkle Punkte.
Wie schon erwähnt, sind ringförmige und U-förmige
Querschnitte gut erhaltenen Gewebes häufige Merkmale der oberen Teile
von Ventarura.
Dort befinden sie sich fast immer mitten im ehemaligen Cortexgewebe,
mit deutlichem Abstand von der zersetzten Epidermis.
Sie unterscheiden sich damit deutlich von den hohlen Halmen
bei Aglaophyton,
die immer an die Epidermis grenzen.
In
diesem Zusammenhang ist es interessant, dass Trichopherophyton,
obwohl verwandt mit Ventarura, keinen
solchen Ring hat, außer in seltenen Fällen, und dann ist der Ring wie
bei Aglaophyton an der
Epidermis anliegend (Abb.6).
Abb.6 (links): Trichopherophyton,
mit einem rinnenförmige Streifen aus dunkelwandigen Zellen,
leicht schräger Schnitt mit den typischen spitzen Borsten (hier links
sichtbar), Bildbreite 2.8mm.
Auf dieser Schnittfläche von Trichopherophyton
erscheint das Cortexgewebe auf zweierlei sehr unterschiedliche Weise:
(1) blass und normal in der Umgebung des Leitbündels, (2) auffällig mit
scheinbar starken Zellwänden, kettenartig längs der Epidermis.
Aus
Beobachtungen kann geschlossen werden, dass der Teil des Cortexgewebes,
den man auf Querschnitten als auffälligen Ring sieht, schon von der
lebenden Pflanze mit Haltbarkeit ausgestattet wurde. Das zeigt sich
deutlich bei der Reparatur eines Schadens am Ring, was nur von der
lebenden Pflanze bewirkt werden konnte: Siehe Rhynie
Chert News 60,
Abb.4. Anscheinend war der kleine Anteil fäulnisresistenten Gewebes für
die lebende Pflanze wichtig.
Man
kann sich wundern, wie die Pflanze die Resistenz in einer
wohldefinierten Weise selektiv im Cortexgewebe verteilen konnte. Im
Falle von Aglaophyton
ist
der Gedanke naheliegend, das Gewebe nahe der Epidermis sei für
Resistenz irgendwie vorbestimmt, während der Rest des Cortex
zu
Zerfall neigt. Das ist denkbar, kann aber nicht alles sein, denn in
Abb.3-6 endet die Resistenz mehr oder weniger plötzlich. Besonders
rätselhaft ist das Ende des Streifens in Abb.3,4. Anscheinend wurde die
Verteilung der Resistenz dort von einem Prozess gesteuert, der sich von
Zelle zu Zelle längs des Umfangs ausbreitete.
Das gilt auch für Ventarura, wo der
resistente Ring sich nicht am Umfang ausrichten kann, weil der weit
entfernt ist.
In
den obigen Bildern ist das resistente Gewebe dunkel und deshalb gut
sichtbar. Es ist zu erwähnen, dass das dunkle Aussehen ein meist aber
nicht immer vorhandener sekundärer Effekt ist, was in
Rhynie
Chert News 60
kurz diskutiert wurde und deshalb hier nicht
betrachtet wird.
Folgende Erkenntnisse können formuliert werden:
Der resistente Anteil des Cortexgewebes, meist
ringförmig auf Querschnitten, meist aber nicht
immer dunkel gefärbt,
- ist nicht eine Folge der
Diffusion von SiO2
in Aglaophyton
wie angenommen in [1,2]
- ist kein Sklerenchym in Ventarura wie
angenommen in [3],
- war von der lebenden Pflanze durch Verteilung
einer Fäulnisresistenz im Cortexgewebe festgelegt
worden,
- stellt die Frage, wie die Fäulnisresistenz
im Cortexgewebe hoch-selektiv verteilt wurde.
H.-J.
Weiss
2016
[1] C.L.
Powell, N.H. Trewin, D. Edwards: Palaeoecology and plant
succession in a borehole
through the Rhynie cherts, ...
Geological Society, London,
Special Publications 180 (2000), 439-457.
[2] www.abdn.ac.uk/rhynie, Chapter Taphonomy.
[3] C.L.
Powell, D.
Edwards,
N.H. Trewin: A new vascular plant from the
Lower Devonian Windyfield chert, Rhynie, NE Scotland.
Trans. Roy. Soc. Edinburgh, Earth Sci.
90(2000 for 1999), 331-349.